Marillen vor Ernte
ORF/Tobias Mayr
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Landwirtschaft

Wachauer Marillenernte vor Totalausfall

In der Wachau rechnen die Marillenbauern kurz vor der Ernte mit einem Ertragsausfall von 95 Prozent. Schuld waren die Frosttage im April. Im Weinviertel sollen immerhin 60 bis 65 Prozent wegfallen. Wirtschaftlich seien die Obstbauern aber abgesichert, heißt es.

Die Frostschäden Anfang April verursachten noch stärkere Schäden als ursprünglich befürchtet. Der Grund sei ein übermäßig hoher Fruchtfall im Juni, sagte Franz Reisinger, Obmann des Vereins Wachauer Marille. Dabei handle es sich um frostgeschädigte Marillen, die am Baum augenscheinlich gesund weiterreifen, spätestens im Juni aber doch abgeworfen werden, erklärte Reisinger.

In Reisingers Marillengarten in Aggstein (Bezirk Melk) tragen die Bäume nur vereinzelt Früchte, rund ein Kilogramm pro Baum. In einem normalen Jahr würden pro Baum 30 bis 40 Kilogramm reifen, sagte Reisinger.

Öfen waren erfolglos

Die Öfen und Windgebläse, mit denen die Bauern im April versucht hatten, die Blüten zu wärmen, hätten nur wenig gebracht, bilanzierte Reisinger heute – mehr dazu in Marillenbauern kämpfen mit Öfen gegen Frost (noe.ORF.at; 5.4.2023). Einige wenige Früchte habe er wohl retten können, meinte er. „Für den Einsatz, den wir geleistet haben, hat es sich aber nicht gerechnet.“ In die Karten spielte dem Obstbauern noch eher die Nähe zur Donau, die bei den Frosttagen im Frühling wärmer war als die Umgebung und so Wärme zu den Knospen brachte.

Wie die meisten Bauern in der Wachau kann Reisinger heuer keinen Fruchtverkauf anbieten. Die wenigen Marillen, die ihm bleiben, braucht er für die Verarbeitung zu Marillennektar. Der Ab-Hof-Verkauf von Marillen werde heuer komplett ausfallen, so der Vereinsobmann.

Marillengarten Aggstein Wachau
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Normalerweise hängen an diesen Bäumen jeweils 30 bis 40 Kilogramm Marillen, heuer ist es nur eines – wenn überhaupt

Weinviertel durch mehr Sortenvielfalt besser aufgestellt

Etwas besser sieht es in den Marillengärten im Weinviertel aus. Obstbauer Josef Rögner aus Eibesbrunn (Bezirk Mistelbach), zugleich Obstbauberater bei der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer, rechnet mit einem Ernteausfall von 60 bis 65 Prozent.

Laut Rögner liegt der relativ geringere Ausfall im Vergleich zur Wachau an der höheren Sortenvielfalt. In der Wachau seien 90 Prozent der Marillenbäume von der Sorte „Klosterneuburger Marille“. „Das ist die Mimose unter den Marillensorten“, so Rögner. Im Weinviertel dagegen gebe es zehn verschiedene Sorten, die zu verschiedenen Zeiten blühen. Daher seien nicht alle Sorten vom April-Frost betroffen gewesen.

Mit Ernteausfall muss man rechnen

Finanziell sei der Ernteausfall für die Obstbäuerinnen und -bauern bewältigbar, so der Obstbauberater. Die meisten Marillenbauern würden auch Wein und andere Früchte kultivieren und hätten damit ein zweites wirtschaftliches Standbein. Größere Betriebe hätten entsprechende Versicherungen, so Rögner: „Wenn ich Marillen pflanze, muss ich davon ausgehen, dass solche Jahre wie heuer passieren können.“

Auch Obstbauer Reisinger aus Aggstein sagte, er werde mit den verarbeiteten Produkten über die Runden kommen. Die importierten Marillen dürften heuer vor allem aus Rumänien, Bulgarien und Spanien kommen, schätzte Rögner. Denn die unmittelbaren Nachbarn, etwa Ungarn, hätten die gleichen Ernteausfälle zu beklagen wie Niederösterreich.