Die Seehäuser am Sonnenweiher
APA/VI-Engineers/Squarebytes
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Politik

Immogeschäfte: Rücktritt von Riedl gefordert

Der Gemeindebund-Präsident und Bürgermeister von Grafenwörth (Bezirk Tulln), Alfred Riedl, soll mit mehreren Grundstücksverkäufen in seiner Heimatgemeinde Geld verdient haben. Am Donnerstag kamen von mehreren Seiten Rücktrittsforderungen.

Mit einem Deal soll Riedl laut WZ mehr als 213.000 Euro Gewinn gemacht haben. Im Dezember 2019 kaufte die Realitas Grawoe GmbH demnach von einem Pensionisten eine 4.043 Quadratmeter große Parzelle am Mühlkamp zum Preis von 195.000 Euro. Im März 2021 zahlte Riedl – diesmal als Privatperson – dem Mann für das benachbarte 5.165 Quadratmeter große Grundstück 90.000 Euro.

Im Sommer 2021 verkauften Riedl und die Realitas beide Grundstücke dem Bericht zufolge an die Wohnungseigentümer Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m. b. H. (WET). Für das erste Areal bekamen sie 343.420 Euro, wobei 921 Quadratmeter nicht verkauft wurden, 110 Euro pro Quadratmeter. Für das zweite Grundstück erhielten sie 154.950 Euro. Dadurch habe Riedl insgesamt 213.370 Euro verdient.

Riedl ist Gründer der abwickelnden Firma

Riedl bestätigte die Käufe auf WZ-Anfrage. „Der Weiterverkauf erfolgte zu ortsüblichen Preisen“, wurde er zitiert. Zu den exakten Summen äußerte sich der Bürgermeister nicht. Laut Statistik Austria lag der Durchschnittspreis für einen Quadratmeter Baugrund in Grafenwörth im Jahr 2021 bei 68,60 Euro, 2022 dann bei 85,10 Euro. „Die Realitas Grawoe GmbH habe ich als Privatperson gegründet, um die Immobilien unserer Familie zu verwalten“, hielt Riedl fest. Bis 2022 war er Alleineigentümer und Geschäftsführer der Firma. Nun sind seine drei Töchter Mitgesellschafterinnen.

Gemeindebundpräsident Alfred Riedl
ORF
Riedl zufolge wurde die Firma gegründet, um Immobilien seiner Familie zu verwalten

Die WET will auf den Grundstücken in der Ortschaft St. Johann zwölf Reihenhäuser als sozialen Wohnraum bauen, teilte das Unternehmen auf APA-Anfrage mit. Die Planung sei bereits fortgeschritten, hieß es. „Umwidmungen sind seitens der Gemeinde nicht geplant“, erklärte Riedl. Übereinstimmend äußerte sich auch die WET. Im Grundbuch finde sich der Vermerk „Änderung in Vorbereitung“, berichtete die WZ. Keine Information gab es dazu, ob eine Teilung der Flächen geplant ist. Im Bauland-Agrargebiet dürfen laut nö. Raumordnungsgesetz maximal vier Wohneinheiten errichtet werden.

Bauträger spricht von „marktkonformen“ Preisen

Ein weiteres Grundstücksgeschäft erfolgte dem Bericht zufolge im Ortsteil Waasen. Im März 2020 veräußerte die Realitas Grawoe GmbH ein 3.738 Quadratmeter großes Grundstück für 373.800 Euro. Die Firma von Riedl hatte die Fläche im Herbst davor elf Personen für 300.000 Euro abgekauft. Zwölf Reihenhäuser wurden von der WET errichtet und inzwischen an die Bewohnerinnen und Bewohner übergeben. Beide Grundstücke seien „zu üblichen und marktkonformen Preisen erworben wurden“, teilte der Bauträger mit.

„Die Grundstücke in St. Johann wurden am Markt über Immobilienmakler angeboten“, teilte Riedl der APA mit. Bei den Flächen in Waasen sei man über ein Bieterverfahren im Rahmen einer Verlassenschaft zum Zug gekommen. „Der spätere Weiterverkauf an die Genossenschaft erfolgte nach der Anfrage der WET zu damals durchaus ortsüblichen Preisen“, betonte der Gemeindebund-Chef. „Bei allen genannten Grundstücken gab es schon zum Kaufzeitpunkt eine entsprechende Widmung, die eine ortsübliche Bebauung zulassen“, erklärte er.

Grüne orten Profitgier

Für das Projekt „Sonnenweiher“ mit mehr als 200 geplanten Häusern um einen etwa 36.000 Quadratmeter großen Foliensee soll Riedl laut Medienberichten mit dem Verkauf von davon betroffenen Grundstücken rund eine Million Euro verdient haben. Das Vorhaben soll auch durch eine im Gemeinderat beschlossene Verschiebung von Gemeindegrenzen ermöglicht worden sein. Die Vorgänge sorgten für Kritik. Die Bezirkshauptmannschaft Tulln hat ein aufsichtsbehördliches Prüfungsverfahren eingeleitet.

„Erneut ist ein Fall aufgetaucht, bei dem Alfred Riedl höchstpersönlich üppig von Grundstücksdeals in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth profitiert haben soll“, kommentierte Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer in einer schriftlichen Stellungnahme den Bericht: „Gemeindevertreter:innen sind gewählt, um für die Bürgerinnen und Bürger und die Zukunft unserer Kinder zu arbeiten. Und nicht, um unsere Äcker zum eigenen Vorteil in Beton und Geld zu verwandeln. Einmal mehr stellt sich die Frage, was Alfred Riedl wichtiger ist: Der eigene Profit oder die Anliegen der Bürger:innen.“

Causa bringt Forderungen nach Riedls Rücktritt

„Riedls Geschäfte in der eigenen Gemeinde, die er nicht privat, sondern jederzeit auch zum Wohle der Gemeindekasse und somit der Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger abwickeln hätte können, werfen kein gutes Licht auf die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich“, meinte Abg. Andreas Kollross, kommunalpolitischer Sprecher der SPÖ und Vorsitzender des Sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes (GVV). Kollross betonte: „So sind wir nicht“, und legte gleichzeitig dem Gemeindebund-Präsidenten nahe, über das Wochenende darüber nachzudenken, „ob er im Interesse aller Städte und Gemeinden diese Funktion auch noch weiterhin ausüben kann“. Ein „ramponierter“ Gemeindebund-Präsident als Chefverhandler sei „nicht der verlässlichste Partner für die so wichtigen Finanzausgleichsverhandlungen“.

Niederösterreichs NEOS-Landesparteivorsitzende Indra Collini sprach in einer Aussendung vom Donnerstag von einer „verheerenden Optik“. Der Gemeindebund-Präsident scheine bei Immobilienspekulationen „kein Amateur zu sein, sondern es zu verstehen, seine Position als Bürgermeister entsprechend auszunutzen. Dieses gewinnbringende Geschäftsmodell für Freunderl und Familie dürfte er schon länger verfolgen“, so Collini. Ihr zufolge werde es Zeit, „dass er die entsprechenden Konsequenzen zieht und seine Ämter zurücklegt“.

Auch Greenpeace forderte den Rücktritt Riedls als Präsident des Gemeindebundes. „Machtmissbrauch und Naturzerstörung gehen in Österreich Hand in Hand“, meinte Olivia Herzog, Biodiversitätsexpertin bei Greenpeace in Österreich. Als „Gipfel der Absurdität“ bezeichnete sie, dass Riedl als Gemeindebund-Chef bisher eine nationale Bodenstrategie blockiere.