Gendern – Debatte rund um einen geschlechterbewussten Sprachgebrauch
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POLITIK

Kritik: Geschlechter bei Gendererlass ausgeschlossen

Der Gendererlass der niederösterreichischen Landesregierung sorgt nach wie vor für Kritik. Ab August wird darin festgelegt, dass Frauen und Männer sprachlich gleichgestellt werden. Damit würden andere Geschlechtsformen, wie etwa Transsexuelle, ausgeschlossen.

Ab August soll in offiziellen Schreiben des Landes auf Gendergap, -sternchen, -doppelpunkt oder Binnen-I verzichtet werden. Der Erlass orientiert sich an den Regeln des Rats der deutschen Rechtschreibung, dieser empfiehlt den Verzicht aus Gründen der Verständlichkeit. Diese Empfehlung wird für niederösterreichische Beamte nun Pflicht – mehr dazu in „Umstrittener Gendererlass ab August“ (noe.ORF.at, 28.6.2023).

Die Verständlichkeit wäre jedoch auch anders gegeben, argumentiert Regine Bendel vom Institut für Gender und Diversität der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Sprache würde sich über die Jahrzehnte eben auch verändern und das könne man berücksichtigen: „Den Stern zu verwenden und mit Pause zu sprechen, wäre genauso gut. Wir würden es verstehen. Die Frage stellt sich nur: Möchte man es verstehen lernen.“

„Rückschritt in der Entwicklung“

Festgelegt wird, dass Frauen und Männer mit dem Gendererlass sprachlich gleichgestellt werden. Ziel sollte es allerdings sein, alle Formen von Geschlecht zu integrieren, nicht nur Frauen und Männer, so die Wissenschaftlerin. „Es geht darum, alle Menschen – egal mit welcher sexuellen Identität oder Geschlechteridentität – einzubinden in die Sprache. Wenn die Menschen in der Sprache nicht präsent sind, dann werden sie auch nicht wahrgenommen“, so die Expertin.

Sobald manche Gruppen von Menschen durch Sprache ausgeschlossen würden, seien sie sprachlich nicht vorhanden und würden somit „aus der Sprache wieder herausdefiniert“, so Bendel. Die Konsequenz könnte sein, dass sich manche Menschen tatsächlich diskriminiert fühlen. Das sei in ihren Augen „natürlich ein Rückschritt in der Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft“.