Tastatur mit Würfel mit Geschlechtersymbolen
Falko Müller/stock.adobe.com
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Politik

Umstrittener Gender-Erlass ab August

In Niederösterreich soll es keine Gender-Sternchen oder -Gaps in offiziellen Schreiben geben – de facto ist das laut ÖVP jetzt schon so, der geplante Erlass sei nur eine „Klarstellung“. Die FPÖ kündigte den Erlass, der auch das Binnen-I umfassen könnte, für August an.

Reinhard Teufel, Klubobmann der FPÖ Niederösterreich, hatte den Erlass gegen das Gendern im Landesdienst am Montag bei einer Pressekonferenz in St. Pölten auf das Tapet gebracht – mehr dazu in Bilanz: 95 Tage „freiheitliche Handschrift“ (noe.ORF.at; 26.6.2023). Betroffen sein sollen alle öffentlichen Dokumente, also Schriftstücke oder Bescheide und die Kommunikation des Landes. „Das ohnehin für viele schwer fassbare Amtsdeutsch“ sei „schon kompliziert genug“, begründete Teufel den Schritt. Eine klare Kommunikation mit den Bürgern sei für eine Behörde wichtig.

Der Erlass war auch Teil des schwarz-blauen Regierungsübereinkommens – mehr dazu in Die ÖVP-FPÖ-Pläne im 36-Seiten-Pakt (noe.ORF.at; 21.3.2023). Darin wird explizit von „Gender-Stern“, „Gender-Gap“ und „Doppelpunkt“ sowie „anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnung im Wortinneren“ gesprochen.

Für die FPÖ steht damit auch das Binnen-I zur Diskussion, hieß es auf Nachfrage von noe.ORF.at. Ein Sprecher der Freiheitlichen kündigte den Erlass zudem für 1. August an. Weitere Details gab es vorerst nicht.

ÖVP: „Kein Gender-Verbot“

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ortete am Mittwoch eine „künstliche Aufgeregtheit“. Es werde auch in Zukunft „kein Gender-Verbot“ geben. Schon jetzt gebe es einen bestehenden Leitfaden über geschlechtergerechtes Formulieren des Landes Niederösterreich – diesem folgend ist neben neutralen Formulierungen und Doppelformen derzeit auch das Binnen-I für offizielle Schreiben vorgesehen.

Auch weiterhin sollen Formulierungen wie „Schülerinnen und Schüler“ verwendet werden, so die Landeshauptfrau. Gender-Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt sind bisher nicht vorgesehen und werden auch künftig nicht in die Richtlinien aufgenommen, so Mikl-Leitner. Man halte sich an die Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung. In der Landesverwaltung müsse es ein verständliches Amtsdeutsch geben, hieß es.

Viel Kritik bereits im Vorfeld

Kritik an dem Vorhaben von Schwarz-Blau gab es nach der FPÖ-Ankündigung in sozialen Netzwerken und seitens der Bundes-SPÖ. Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner: „Statt Maßnahmen zum Wohle der Bevölkerung umzusetzen oder sich beispielsweise den zahlreichen noch immer existierenden Diskriminierungen zu widmen, verbieten Mikl-Leitner und (FPÖ-Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo, Anm.) Landbauer lieber geschlechtergerechte Sprache in Dokumenten des Landes.“ Geortet wurde eine „politische Bankrotterklärung“ von Schwarz-Blau.

Die IG Autorinnen Autoren hatte unterdessen „vorsorglich“ in einer Aussendung mitgeteilt, „dass das Land rechtlich keine Möglichkeit hat, einseitig in die individuellen Schreibweisen von Autor/inn/en einzugreifen“. Das Urheberrecht schütze nicht nur die Inhalte, sondern auch die Schreibweisen von Texten. Änderungen könnten nur in Absprache bzw. im Einvernehmen mit den Autorinnen und Autoren und nicht per Erlass vorgenommen werden. Das betreffe insbesondere Texte, die für offizielle Landesangelegenheiten geschrieben und in offiziellen Landespublikationen veröffentlicht werden, wie etwa Würdigungen von Preisträgerinnen und Preisträgern und genauso die Publikationen der landeseigenen Literaturedition Niederösterreich sowie die Präsentation der Publikationen der Edition.