Leiner-Filiale in Amstetten
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Letzter Tag für 23 kika/Leiner-Filialen

Am Samstag schließt die Hälfte der kika/Leiner-Geschäfte in Österreich. Anders als Anfang Juni angekündigt, sollen nun weniger als 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job verlieren, heißt es am Freitag. Das Unternehmen spricht derzeit von maximal 1.700.

349 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden erst am Freitag neu beim Arbeitsmarktservice (AMS) zur Kündigung vorangemeldet. Ein Unternehmenssprecher bestätigte eine entsprechende Gewerkschaftsaussendung. Die anvisierten Kündigungen betreffen diesmal die Bereiche Zentralverwaltung, Logistik und Lager. Am 23. Juni meldete die Möbelkette bereits 1.034 Filialmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zur Kündigung an.

Am Samstag schließen 23 von 40 kika/Leiner-Standorten endgültig. In Niederösterreich sind es die Leiner-Filiale in Amstetten und die kika-Geschäfte in Horn, Mistelbach und Stockerau (Bezirk Korneuburg). Bei einem ORF-Lokalaugenschein in Wien-Ottakring waren die Regale am Donnerstag schon größtenteils leergeräumt. In den von den Schließungen betroffenen Standorten läuft noch ein Abverkauf mit Preisreduktionen von bis zu 77 Prozent. Die Gebäude sollen verkauft werden, angeblich gibt es schon Interessenten aus dem Möbel- und Lebensmittelhandel.

40 Kika/Leiner-Filialen schließen

40 Filialen der Kia/Leiner-Gruppe schließen ab Samstag ihre Pforten. Rund 1.900 Menschen verlieren dann ihre Arbeit.

„Besonderer Verwalter“ soll Ursachen prüfen

Kurz nach dem Verkauf des operativen kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Investor Rene Benko an den Handelsmanager Hermann Wieser, meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Einrichtungshäuser-Immobilien kaufte die Grazer Supernova-Gruppe. Die Möbelkette befindet sich seit 13. Juni in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Insolvenzverwalter ist der St. Pöltener Rechtsanwalt Volker Leitner.

Weil nach der Insolvenz einige Fragen zur kika/Leiner-Geschäftstätigkeit unter Signa-Eigentümerschaft auftauchten, wurde der Wiener Anwalt und Insolvenzexperte Stephan Riel zum „besonderen Verwalter“ bestellt. Er soll sich um die Prüfung der Ursachen des Vermögensverfalles und um die Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen aus der Verletzung von Gläubigerschutzbestimmungen kümmern. Rechtzeitig vor der Sanierungsplantagsatzung am 25. September will Riel seinen Bericht an das Insolvenzgericht und den Gläubigerausschuss erstatten – mehr dazu in Kika/Leiner-Insolvenz wirft neue Fragen auf (noe.ORF.at; 23.6.2023).

Auch Republik könnte draufzahlen

Außerdem droht der Verlust vieler Millionen Euro an Steuergeldern, weil kika/Leiner Steuerstundungen in der CoV-Zeit gewährt wurden. Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, will die Steuerzahler-Ansprüche bestmöglich befriedigt sehen.

Im kika/Leiner-Sanierungsverfahren wird den Gläubigern eine Quote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren angeboten. Gläubiger können ihre Forderungen bei Gericht bis zum 8. August anmelden. Die erste Gläubigerversammlung ist für den 21. August angesetzt, die Abstimmung über den Sanierungsplan soll am 25. September stattfinden.

Personalabbau soll doch geringer ausfallen

Bisher gab es zwei große Kündigungen bei der Möbelkette: Am 23. Juni meldete kika/Leiner 1.034 Beschäftigte beim AMS-Frühwarnsystem zur Kündigung an und am 28. Juli noch einmal 349. Außerdem wurden 118 der 264 Mitarbeiter der nicht insolventen Gastro-Töchter in den Möbelhäusern gekündigt. Anfang Juni hieß es, dass rund 1.900 der 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job verlieren werden. „Es werden weniger als die 1.900 sein“, sagte kika/Leiner-Sprecher Michael Slamanig am Freitag. Laut dem Unternehmen sollen maximal 1.700 Jobs gestrichen werden. 200 haben im Juli laut Slamanig das Unternehmen freiwillig verlassen.

GPA-Vorsitzende Barbara Teiber forderte von Unternehmensseite deutlich mehr Anstrengungen beim versprochenen Härtefallfonds. „Es braucht Richtlinien, was als Härtefall gilt, wer anspruchsberechtigt ist und um welche Summen es geht“, so die Spitzengewerkschafterin am Freitag. Der Härtefallfonds sei beim Betriebsrat angesiedelt und es habe noch keine Anfragen gegeben, sagte der kika/Leiner-Sprecher. Der Härtefallfonds werde wohl auch Thema bei den Betriebsversammlungen kommenden Montag sein.

FPÖ will eigenen U-Ausschuss, SPÖ eine Jobgarantie

Ob ein Untersuchungsausschuss im Nationalrat zur Causa kika/Leiner eingerichtet wird, ist offen. „Die neuerlichen Massenkündigungen zeigen klar, dass ein U-Ausschuss zum schwarzen kika/Leiner-Skandal unumgänglich ist“, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker am Freitag. Der FPÖ-Politiker erneuerte seine Einladung an die SPÖ, gemeinsam für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu sorgen.

In einer aktuellen Aussendung erwähnt die SPÖ einen U-Ausschuss nicht, fordert aber neben einer Jobgarantie für kika/Leiner-Beschäftigte Verschärfungen im Insolvenz- und Steuerrecht sowie bei der Vergabe von Staatshilfen. „Die ÖVP steht auf der Seite von Benko und Co., wir stehen auf der Seite der Beschäftigten“, wird SPÖ-Chef Andreas Babler in einer Aussendung zitiert.