Leiner-Filiale
APA/EVA MANHART
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wirtschaft

Kika/Leiner: Große Gläubigerforderungen fehlen noch

Am Dienstag um Mitternacht endet die Frist, bis zu der Gläubiger von kika/Leiner nach der Insolvenz des Unternehmens ihre Forderungen beim Landesgericht St. Pölten anmelden können. Die größten Forderungsbrocken fehlten bis zum Vormittag jedoch noch.

Die Liste an Gläubigern sei lang, sagt Birgit Eisenmagen, Sprecherin des zuständigen Landesgerichtes St. Pölten. Allen voran Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Lieferanten. Eine genaue Zahl gebe es aber ebenso noch nicht wie eine genaue Summe der Forderungen. Das werde erst nach Ablauf der Einreichfrist bilanziert, und die endet am Dienstag, 24.00 Uhr.

Bis Dienstagvormittag waren allerdings erst Forderungen von rund 320 Gläubigern in der Höhe von rund 14 Millionen Euro angemeldet. Dazu kamen rund 3.200 Forderungen von Dienstnehmern der Möbelhändler in Höhe von 8 Mio. Euro, hieß es vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) auf APA-Anfrage. Erwartet werden rund 132 Millionen Euro. Nachfristen dürften genutzt werden.

Finanz fehlt noch

Forderungen der Finanz und Beendigungsansprüche gekündigter Mitarbeiter waren beim zuständigen Landesgericht St. Pölten noch nicht eingebracht. „Damit fehlen die größten Anmeldungen noch“, sagte AKV-Fachfrau Cornelia Wesenauer. „Nach eigenen Berechnungen und Angaben der Insolvenzschuldnerin, wird es sich bei den am meisten betroffenen Gläubigern um die Finanz und die Dienstnehmer handeln. Diese Forderungsanmeldungen wurden jedoch noch nicht eingebracht.“

kika-Filiale in Stockerau, Außenansicht, Warteschlange
ORF
Ende Juli wurden in Niederösterreich drei kika- und eine Leiner-Filialen geschlossen

Auch wenn die Frist dann um Mitternacht abgelaufen ist, ist damit zu rechnen, dass diese Forderungsanmeldungen jedenfalls noch eingebracht werden und die „Verspätung“ mit den Beteiligten wie Gericht und Masseverwalter akkordiert wurde, so Wesenauer. Insbesondere bei den zahlreichen Forderungsanmeldungen für die Dienstnehmer nach Beendigung der Dienstverhältnisse ist dies aus zeitlichen Gründen durchaus nachvollziehbar.

AK mit großer Mühe

Forderungen für Dienstnehmer werden durch die Arbeiterkammer (AK) angemeldet. Die AK hat es laut Wesenauer bereits – unter großer Mühe und Aufwand – geschafft, dies für alle Dienstnehmer und deren laufende Löhne und Gehälter einzubringen. Was jedoch noch fehlt, sind Forderungsanmeldungen für jene Dienstnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch die zahlreichen Filialschließungen mit Ende Juli 2023 noch Beendigungsansprüche haben.

Bei den Beendigungsansprüchen geht es um Gelder, die jenen rund 1.500 Menschen zustehen, die ihre Arbeitsstellen verloren, nachdem die Signa-Holding des Investor Rene Benko die beiden Möbelhäuser gewinnbringend verkauft hatte und die neuen Eigentümer bald danach die Pleite verkündeten.

Kunden nicht betroffen

Nicht betroffen seien die Kundinnen und Kunden. Der neue Eigentümer des Unternehmens habe angekündigt, die nötigen Haftungen zu übernehmen und damit sowohl Gutscheine einzulösen als auch Anzahlungen zu akzeptieren und Aufträge abzuarbeiten, so Birgit Eisenmagen. Am 21. August kommt es im Landesgericht St. Pölten zur ersten Tagsatzung mit einer Gläubigerversammlung. Dabei werden alle offenen Forderungen, die bis Dienstag um Mitternacht eingelangt sind, auf den Tisch gelegt. Für 25. September ist die zweite Tagsatzung geplant, in der ein Sanierungsplan vorgelegt werden soll.

Der Insolvenzverwalter hat nunmehr bis zur Prüfungstagsatzung am 21. August Zeit eingebrachte Forderungsanmeldungen auf deren Richtigkeit zu überprüfen. „Bis gesagt werden kann, wie hoch die tatsächlichen Passiva von Leiner & kika sind, wird es daher noch dauern“, so Wesenauer.

Kampf um Steuergeld

Die Passiva waren vorläufig auf eine Höhe von 132 Millionen Euro geschätzt worden. Darin fanden sich auch 42 Millionen Euro an öffentlichen Abgaben und Beiträgen, die den Möbelhändlern in der Coronakrise gestundet worden waren, aber nicht zurückflossen. Es geht also auch für den Steuerzahler um viel Geld. Üblicherweise wird eine Quote von 20 Prozent geboten. Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, will die Steuerzahler-Ansprüche bestmöglich befriedigt sehen.

„Die Republik ist im Interesse der SteuerzahlerInnen bestrebt, die höchst mögliche Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen“, betonte Peschorn kürzlich grundsätzlich im APA-Gespräch. „Ob die mit dem Sanierungsplan angebotene 20-prozentige Quote angemessen ist, wird sich durch die Prüfungen des Insolvenzverwalters und des besonderen Verwalters herausstellen“, sagt er zur seitens Kika/Leiner angebotenen Quote binnen zweier Jahre. 80 Prozent der Forderungen würden bei Annahme flöten gehen.

23 Filialen geschlossen

23 von 40 kika/Leiner-Filialen schlossen am 29. Juli endgültig, darunter Leiner in Amstetten sowie kika in Mistelbach, Horn und Stockerau. Rund 1.500 Beschäftigte wurden bisher zur Kündigung vorangemeldet und 200 haben das Unternehmen im Juli freiwillig verlassen. Vor der Insolvenz beschäftigte die Möbelkette etwa 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kika/Leiner befindet sich seit 13. Juni in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung.

Masseverwalter ist der St. Pöltener Rechtsanwalt Volker Leitner. Weil nach der Insolvenz einige Fragen zur Kika/Leiner-Geschäftstätigkeit unter Signa-Eigentümerschaft auftauchten, wurde der Wiener Anwalt und Insolvenzexperte Stephan Riel zum „besonderen Verwalter“ bestellt. Er soll sich um die Prüfung der Ursachen des Vermögensverfalles und um die Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen aus der Verletzung von Gläubigerschutzbestimmungen kümmern. Rechtzeitig vor der Sanierungsplantagsatzung am 25. September will Riel seinen Bericht an das Insolvenzgericht und den Gläubigerausschuss erstatten.