100 Jahre NÖ 1943 Wr. Neustadt Bombardierung
Stadtarchiv Wiener Neustadt
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Chronik

Wr. Neustadt: Gedenken an ersten Luftangriff

Genau vor 80 Jahren haben die alliierten Luftstreitkräfte Wiener Neustadt zum ersten Mal während des Zweiten Weltkrieges bombardiert. Bis zum Ende des Krieges folgten 28 weitere Angriffe. 55.000 abgeworfene Bomben legten die Stadt fast komplett in Schutt und Asche.

Am 13. August 1943 fielen die ersten Bomben auf Wiener Neustadt. 120 Tonnen Sprengstoff warfen die Alliierten auf die Stadt herab und trafen die Bevölkerung damit völlig unvorbereitet. Kurz nach Mittag hätten die Sirenen geheult, man habe an einen Probealarm gedacht, schilderten Zeugen. „Man ist mehr oder weniger widerwillig in den Keller gegangen“, erzählte etwa Kurt Gindl in einem ORF-Interview.

Dann wurden die ersten Bomben abgeworfen. „Die Leute sind in Panik herumgelaufen, keiner hat gewusst, was er machen soll. Dann hat die Fliegerabwehr zu schießen begonnen, es war wie der Weltuntergang“, erinnerte sich Maria Pitour. Weil es nur in den Tiefenbunkern in der Stadt sicheren Schutz gab, starben an diesem Tag 134 Zivilistinnen und Zivilisten, 900 wurden verwundet.

Angriffe erst ab August 1943

Zuvor war Wiener Neustadt von Bombardements verschont geblieben. Die damalige Ostmark und damit auch die Region um Wiener Neustadt galten als Reichsluftschutzkeller und befanden sich außerhalb der Reichweite amerikanischer und englischer Bomber, erklärte Markus Reisner von der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt in der ORF-NÖ-Reihe „100 Jahre Niederösterreich“. Deswegen waren viele Rüstungsbetriebe aus dem „Altreich“ nach Österreich verlagert worden, „in der Annahme, hier sicher weiterproduzieren zu können“.

Nach dem gescheiterten Tunesienfeldzug des Deutschen Afrikakorps 1943 änderte sich das aber: Von ihren Basen in Tunesien und Libyen aus bedrohten die Alliierten nun die Südflanke des Deutschen Reiches. Die erste Angriffswelle Anfang August galt den Ölförderanlagen von Ploiești (Rumänien), zwei Wochen später flog man nach Wiener Neustadt.

100 Jahre NÖ 1943 Wr. Neustadt Bombardierung
ORF/Hochmayr/Brossmann
Die erste Angriffswelle richtete in Wiener Neustadt schwere Schäden an

1.400 Tote, tausende Verletzte

Die erste Angriffswelle dauerte von August 1943 bis Mai 1944. Die Alliierten zerstörten die Flugzeugwerke und den Luftpark. Die Deutschen mussten den Standort danach nahezu aufgeben. Bis Ende 1944 gab es vorerst keine großen Luftangriffe mehr auf die Stadt. Als die Alliierten dann aber vermehrt Verkehrsknotenpunkte angriffen, häuften sich die Bombardierungen in Wiener Neustadt wieder.

Im Zuge der 29 Luftangriffe wurden etwa 1.400 Menschen getötet, darunter 600 Zivilisten. Knapp 400 amerikanische und 90 deutsche Piloten fanden über der Stadt den Tod. Tausende Zivilisten wurden zum Teil schwer verletzt, 10.000 Bewohner obdachlos. Bis März 1945 wurden an die 55.000 Bomben über Wiener Neustadt abgeworfen. Zu Kriegsende waren fast zwei Drittel der Häuser komplett oder schwer beschädigt.

Wiener Neustadt im Fadenkreuz der Alliierten („Niederösterreich heute“, 13. August 2013)

Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) betonte im Rahmen einer Gedenkveranstaltung: „Die 29 Angriffe und 55.000 Bomben auf unsere Stadt sind bis heute ein Mahnmal gegen Ausgrenzung und Krieg." Wiener Neustadt habe wegen der Rüstungsindustrie seine schwärzesten Monate und Jahre erlebt. Er erinnerte aber auch an den Wiederaufbau nach 1945: „Nur so konnte Wiener Neustadt aus den Trümmern wieder auferstehen und in den letzten knapp 80 Jahren zu einer modernen, urbanen Metropole im Herzen Europas werden.“