Wirtschaft

Semmering: Basistunnel soll Tourismus stärken

2030 soll der Semmering-Basistunnel tatsächlich fertig sein. Fernzüge rollen dann nicht mehr über die als Weltkulturerbe geschützte Ghega-Strecke, sondern durch den Berg. Auf der alten Bahnstrecke sehen in der Region einige eine Chance für den Tourismus.

Seit etwa 170 Jahren fahren schwere Züge über den Semmering. Sofern der Termin hält, ist das ab 2030 Geschichte. Nächste Woche sollen die Grabungsarbeiten aus beiden Richtungen zusammenkommen – ein wichtiger Moment, auch wenn danach immer noch viel zu tun bleibt. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Was tun mit der alten Bahnstrecke, die als Weltkultur-Erbe geschützt ist.

Das Vakuum auf der Strecke sollte laut einer Studie im Auftrag des Kunsthaus Mürz in Mürzzuschlag genutzt werden. Bisher konnte die Bahnlinie als Sehenswürdigkeit nie aus der Südbahn isoliert werden, sagt Historiker Wolfgang Kos: „Das ist ab 2030 möglich, weil keine Fern- und Lastzüge mehr fahren werden, und dadurch Zeitabstände da sind, dass ich auch Tourismusangebote machen kann.“

Die Jause im Rucksack

Prunkvolle Hotels aus der Hochzeit des Semmering-Gebiets sind verfallen. Die Infrastruktur kann mit heutigen Anforderungen nicht mithalten. Für modernen Tourismus braucht es mehr: Mehr Infrastruktur – etwa am Bahnwanderweg entlang der Zugstrecke, sagt Hermann Doppelreiter (ÖVP), Bürgermeister von Semmering: „Derzeit muss man die Jause im Rucksack haben, aber auch da gibt es natürlich Pläne, wie wir das Freizeitangebot erhöhen können.“

Semmeringbahn auf einem Viadukt
APA/GUENTER R. ARTINGER
Fernzüge sollen ab 2030 durch den Basistunnel und nicht mehr über die als Weltkulturerbe geschützte Ghega-Strecke fahren

Außerdem folgt Doppelreiter einigen Vorschlägen von Historiker Kos. Ausflugszüge seien in Zukunft denkbar, um die Kulturerbe-Region touristisch besser zu erschließen. Bei den Gesprächen sei man allerdings am Anfang, in der Region und mit den Bundesländern Steiermark und Niederösterreich. „Wir alle wissen, am Ende des Tages muss diese Maßnahmen jemand bezahlen. Und so weit sind wir noch nicht, dass wir wissen, wo diese Reise tatsächlich hingeht.“

Zusammenwachsen

Die Reise für die Menschen in der Region hat schon begonnen. Seit Jahren laufen Projekte, damit die Menschen auf steirischer und niederösterreichischer Seite zusammenrücken – auch im Hinblick auf die Zeit ab 2030, erklärt Alexandra Farnleitner-Ötsch von der Regionalentwicklung. „Damit wir von der Basis her gestärkt sind und dann nicht plötzlich dastehen und sagen ‚Jetzt geht die Bahn unten durch und oben tut sich nichts mehr‘“.

Vielen sei laut Farnleitner-Ötsch gar nicht klar, dass die Bahn Weltkulturerbe ist. Deshalb setze man bei den kleinsten an und bringe Kindern in Kindergarten und Volksschule die Region näher. In den vergangenen Jahren seien etwa spielerische Arbeitsmappen entwickelt worden. In den nächsten ein, zwei Jahren will man dazu neue auflegen lassen. Um nicht Gefahr zu laufen, dass die Vernetzung dahin ist, wenn die Bahn die Region nicht mehr so regelmäßig verbindet.

Ein Stundentakt oder weniger

Fix ist laut Verkehrsverbund und Land Niederösterreich, dass der Nahverkehr ausgebaut wird: Von einem derzeitigen Zweistundentakt auf einen Stundentakt. Günther Emberger, Verkehrsplaner an der Technischen Uni Wien zum Nahverkehr, empfiehlt mehr: „Je nach Notwendigkeit, dass man in der Früh oder Abend auf eine halbe Stunde verkürzt.“

Auf die Ausflügler aus Wien setzt die Region auch nach der Tunneleröffnung. Die Fahrzeit auf den Semmering soll trotz Umstiegs vom Fern- auf den Regionalverkehr gleichbleiben. Sofern die heutigen Pläne den Diskussionsprozess am Semmering überstehen.