Der türkische Tanzkünstler Korhan Basaran sitzt auf dem Boden der Bühne. Seine Solo-Performance erzählt die tragische Liebesgeschichte von Dido und Aeneas.
Julia Kampichler – wortwiege
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Kultur

Eigenwilliger „Dido“-Mythos in den Kasematten

Am Donnerstag ist der türkische Tanzkünstler Korhan Basaran in den Kasematten Wiener Neustadt aufgetreten. Mit der multidisziplinären Solo-Performance „Dido“ ließ er den antiken Mythos laut APA-Kritik auf eigenwillige Weise aufleben.

Das von Anna Maria Krassnigg geleitete Theaterfestival „Europa in Szene“ findet dieses Jahr in den Kasematten in Wiener Neustadt unter dem Motto „Sea Change“ statt. Passend dazu führte der Tanzkünstler Korhan Basaran am Donnerstagabend – als letzte Premiere der Herbstausgabe – die tragische Liebesgeschichte von Dido und Aeneas auf, die mit einem Schiffbruch beginnt.

Beim Betreten des Saales liegt laut APA-Kritiker Ewald Baringer ein freundlicher, in eine Art Toga gehüllter Mann auf den Stufen des mit papierenen Kringelketten drapierten Zuschauerraums und faltet Papierschiffchen, die er dann an die Besucher verteilt. Schließlich lautet das Motto der „Special Edition“ des Festivals diesmal „Sea Change“ (nach William Shakespeare), und auch die tragische Love Story von Dido und Aeneas beginnt mit einem Schiffbruch.

Eine Verkörperung menschlicher Sehnsüchte und Illusionen vom türkischen Tanzkünstler  Korhan Basaran
Julia Kampichler – wortwiege
Der türkische Tanzkünstler verkörpert in seiner Solo-Performance „Dido“ menschliche Sehnsüchte und Illusionen

Der in Istanbul lebende Künstler setzt sich schon von Jugend an mit dem Dido-Motiv auseinander. In seiner Solo-Performance geht es um Themen wie menschliches Verlangen und Liebesleid, das er mit Elementen aus Tanz, Musik (von Tolga Yayalar) und Videoprojektion (von Ataman Girisken) verkörpert.

Leiden des Verlassenseins

Bei den englischsprachigen Texten greift er hauptsächlich auf Christopher Marlowes „Dido, Queen of Karthage“ zurück, kurz auch auf Vergils „Aeneis“. Dabei bringt der Künstler vorwiegend die Emotionen von Dido zum Ausdruck und schlüpft somit als Mann in die Rolle der karthagischen Königin. Das erzeugt einerseits einen gewissen Verfremdungseffekt, andererseits entsteht eine geradezu archaisierende Darstellung des Leidens am Verlassensein.

Das Publikum sparte nach 65 Minuten nicht mit Beifall. Das Festival findet noch bis 24. September statt und kann bereits auf erfolgreiche Auftritte zurückblicken – mehr zum Festival auf Die „Kunst der Verwandlung“ in Wr. Neustadt (noe.ORF.at, 29.8.2023).