Chronik

Listenhunde: Diskussion um strengere Regeln

Die tödliche Hundeattacke in Oberösterreich hat auch in Niederösterreich eine Diskussion ausgelöst, ob es strengere Regeln für Listenhunde braucht. Laut Land und Tierschutzverband reichen die Vorgaben aus, das Kuratorium für Verkehrssicherheit will hingegen nachschärfen.

Die Joggerin wurde am Montag auf einem Feldweg in Naarn (Oberösterreich) nahe der niederösterreichischen Grenze von einem Hund – einem American Staffordshire Terrier – attackiert und zu Tode gebissen. Die Frau erlag noch an Ort und Stelle ihren Verletzungen. Nun ermittelt die Polizei gegen die Hundehalterin wegen fahrlässiger Tötung – mehr dazu in Ermittlungen nach tödlichem Hundebiss (ooe.ORF.at; 3.10.2023).

Hunde dieser Rasse sind auch in Niederösterreich generell erlaubt. Doch anders als in Oberösterreich ist er ein Listenhund, umgangssprachlich „Kampfhund“ genannt. Das heißt, er gilt als Hund mit erhöhtem Gefahrenpotenzial, genauso wie Rottweiler, Pitbull, Bullterrier, Tosa Inu, Bandog, Dogo Argentino und Staffordshire Bullterrier.

Kerzen und Blumen: Nach der tödlichen Hundeattacke in Naarn
TEAM FOTOKERSCHI / KERSCHBAUMMAYR
Der tödliche Unfall passierte auf einem Feld

Maulkorb und Leinenpflicht

Der für die Tierhaltung politisch zuständige Landesrat Christoph Luisser (FPÖ) sieht gegenüber noe.ORF.at aktuell keinen Bedarf, das seit Juni gültige Hundehaltegesetz zu verschärfen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen seien ausreichend, um größtmögliche Sicherheit herzustellen. Für Listenhunde bestehe in Niederösterreich ohnehin Maulkorb und Leinenpflicht, betont Luisser.

Das gilt aber nur innerhalb von definierten Zonen bzw. an bestimmten Orten wie in Parkanlagen oder in Einkaufszentren. Doch außerhalb davon – also im Wald, auf Wiesen und Feldern, wo auch der tödliche Unfall passierte – müssen Hundehalter lediglich sicherstellen, dass ihre Hunde keine Menschen oder Tiere belästigen. Somit wäre ein Freilaufen des American Staffordshire Terrier auch in Niederösterreich legal gewesen.

Trotzdem spricht sich auch die Präsidentin des niederösterreichischen Tierschutzverbandes, Andrea Specht, gegen strengere Gesetze für bestimmte Rassen aus: „Wissenschaftlich festmachen kann man die Gefährlichkeit oder das Potenzial der Gefährlichkeit der Rasse nicht. Trotzdem gibt es diese Listenhund-Verordnungen und Gesetze, die wohl in erster Linie dazu dienen, dass man irgendwas gemacht hat.“

Listung von Hunden „problematisch“

Das betont auch Michael Kreiner, Präsident des Österreichischen Kynologenverbandes, dem Dachverband von etwa 100 Hundevereinen. Eine Listung von Hunden hält der Experte im „NÖ heute“-Interview grundsätzlich für problematisch, denn 90 Prozent der Hunde könne man keiner Rasse zuordnen, weil sie Mischrassehunde seien und bei einer Regelung defacto rausfallen würden. Zudem würde der Charakter von Hunden stark variieren und bestimmte Rassen seien einst ohne wissenschaftliche Forschung auf Listen gesetzt worden.

Experte zu Regeln für Listenhunde

Michael Kreiner, Präsident des österreichischen Kynologen-Verbandes, ist zu Gast im Studio. Er spricht unter anderem über den Bedarf nach besseren Trainings für Hundebesitzer und strengere Regeln für Listenhunde.

Stattdessen plädiert Kreiner für entsprechende Ausbildungen, sowohl für Hundebesitzer als auch die Hunde. Die meisten Unfälle würden außerdem im familiären Bereich passieren, wenn ein Hund unbeaufsichtigt mit Kindern alleingelassen wird. Der Hundeexperte appelliert deshalb an die Verantwortung jedes Hundebesitzers, „dass man Hunde und Kleinkinder oder Personen, die ein abnormes Verhalten für den Hund zeigen, nicht allein lässt. Das ist durch kein Gesetz und kein Verbot einzudämmen.“

KFV fordert strengere Kampfhunderegeln

Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit werden in Österreich jedes Jahr zwischen 3.000 und 4.000 Menschen durch Hundebisse so schwer verletzt, dass sie im Spital behandelt werden müssen – darunter etwa 800 Kinder. Deshalb fordert man strengere, bundesweite Kampfhunderegeln, wie etwa in Wien oder auch in Niederösterreich oder Vorarlberg. Damit dürften bestimmte als gefährlich eingestufte Rassen nicht mehr ohne Auflagen gehalten werden.

In Niederösterreich wurde Mitte Juli ein sechsjähriges Mädchen in Sallingberg (Bezirk Zwettl) von einem Hund gebissen. Das Kind erlitt damals Wunden an der Hand und am Oberschenkel und wurde ins Spital gebracht.