Autos auf Schnellstraße
ORF/Viviane Koth
ORF/Viviane Koth
Verkehr

Landbauer fordert Tempo 150 auf Autobahnen

Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) hat sich am Mittwoch für Tempo 150 auf gut ausgebauten Autobahnstrecken ausgesprochen. Die Grünen forderten zuletzt Tempo 100. Die ÖVP hält an Tempo 130 fest.

Niederösterreichs LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) sprach sich am Mittwoch für einer Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von derzeit 130 km/h auf 150 km/h aus. Eine solche Erhöhung der maximal erlaubten Geschwindigkeit auf „gut ausgebauten“ Strecken, „wo es die Verkehrssicherheit erlaubt“, sei „nur vernünftig“, teilte der Landesparteichef der Freiheitlichen in einer Aussendung mit.

Als Vorbild nannte Landbauer, der in der Landesregierung für den Verkehr zuständig ist, Tschechien, das ab 2024 Tempo 150 auf gut ausgebauten Autobahnabschnitten einführen wird, genauso wie Italien, das eine Einführung überlegt. Die Welt habe sich weiterentwickelt, heutige Pkw seien sicherer, schadstoffärmer und leistungsstärker, begründet Landbauer. Das Autobahnnetz sei heute zudem „besser und sicherer ausgebaut“.

Landbauer: Tempo 100 ist „grüne Klimareligion“

Kritik äußerte Landbauer an den Grünen. Erst Anfang der Woche hatten die niederösterreichischen Grünen eine Kampagne lanciert, in der sie Tempo 100 für Verbrennungsmotoren auf Autobahnen forderten. Mit einer Geschwindigkeitsreduktion würde Niederösterreich maßgeblich zur CO2-Einsparung beitragen, sagte die Grüne Landessprecherin Helga Krismer – mehr dazu in Tempo 100: Grüne Kampagne mit ÖVP-Gegenwind (noe.ORF.at; 2.10.2023).

„Ich stelle mich damit klar gegen die grüne Klimareligion, deren Evangelium Tempo 100 ist“, entgegnete Landbauer. Einen „Klima-100er“ werde es auf Niederösterreichs Autobahnen „mit uns Freiheitlichen“ definitiv nicht geben, betonte Landbauer, für den eine solche Reduktion der höchstzulässigen Geschwindigkeit einen „Rückschritt in die verkehrspolitische Steinzeit und nichts anderes als ein Angriff auf die Freiheit der Autofahrer und Pendler“ darstelle. Statt Schneckentempo brauche es rasche und sichere Verbindungen sowie einen Ausbau von Schiene und Straße.

Tempo 150: Emissionen würden drastisch steigen

Das Umweltbundesamt wies am Mittwoch auf Nachfrage daraufhin, dass geringere Geschwindigkeiten grundsätzlich zu einer Reduktion des Energieeinsatzes, der Emissionen und des Staubs aus Abrieb und Aufwirbelung führen. Umgekehrt hätte eine Erhöhung des Geschwindigkeitslimits von Tempo 130 auf Tempo 150 (entspricht einer Geschwindigkeitserhöhung von rund 15 Prozent) massive Auswirkungen für die Umwelt.

Denn Geschwindigkeitsanstieg und Schadstoffausstoß verhalten sich nicht proportional zueinander, wie Berechnungen des Umweltbundesamtes zeigen. Bei der 15-prozentigen Geschwindigkeitssteigerung (von Tempo 130 zu Tempo 150) würde der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) um 19 Prozent steigen. Ähnlich ist die Situation beim Feinstaub (PM10): Die 15-prozentige Geschwindigkeitssteigerung würde sogar zu 31 Prozent mehr Feinstaub führen. Am stärksten würde jedoch der Ausstoß der besonders gesundheitsschädlichen Stickstoffoxide (NOx) steigen: Für 15 Prozent schnelleres Fahren würden um 44 Prozent mehr NOx ausgestoßen.

Autobahn, Linz, Tempo 100, Verkehrszeichen
ORF.at/Roland Winkler
Die Grünen in Niederösterreich fordern für Verbrenner Tempo 100 auf der Autobahn

Umgekehrt würde eine Reduktion des Geschwindigkeitslimits von 130 km/h auf 100 km/h (entspricht einer Geschwindigkeitsverringerung von 23 Prozent) zu einem deutlich geringeren Schadstoffausstoß führen, rechnet das Umweltbundesamt vor: Die CO2-Emissionen würden sich bei Tempo 100 um knapp ein Viertel reduzieren. Die Feinstaubemissionen (PH10) könnten sogar um ein Drittel und Stickstoffoxide (NOx) um die Hälfte reduziert werden.

ÖVP: Keine Notwendigkeit, Grüne: „Uralt-Denken“

Beim Koalitionspartner ÖVP reagierte man auf den Tempo-150-Vorstoß Landbauers zurückhaltend. „Wir sind klar gegen weitere Einschränkungen und Gängelungsversuche von Autofahrern, wie ein generelles Tempolimit von 100 Km/h auf unseren Autobahnen, aber eine Notwendigkeit zur Erhöhung der geltenden Tempolimits erkennen wir aktuell nicht“, sagte Klubobmann Jochen Danninger (ÖVP) in einer Stellungnahme gegenüber noe.ORF.at. 130 km/h auf den Autobahnen habe sich bewährt, betonte Danninger.

Das zuständige Klimaministerium wollte Landbauers Forderung am Mittwoch auf Nachfrage nicht kommentieren und verwies auf eine schriftliche Reaktion der Grünen Bundespartei. Darin wies Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer den Vorschlag scharf zurück: „In Zeiten der Klimakrise und auch aus Gründen der Sicherheit der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer ist dieser Vorschlag deutlich abzulehnen. Offensichtlich ist der FPÖ die Sicherheit der Menschen auf Österreichs Straßen aber egal“, so Voglauer. Die Freiheitlichen stünden „für Politik aus der Vergangenheit, die von vorgestrigem Uralt-Denken geprägt ist und keine Lösungen für die Menschen bereithält“.

SPÖ sieht Ablenkung, NEOS für Eigenverantwortung

Aus Sicht von Wolfgang Zwander, dem Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich, gehen die Tempo-Forderungen von Grünen und FPÖ gleichermaßen „an der Lebensrealität der Menschen“ vorbei. „Weder der Bremsklotz der Grünen noch der Gasfuß der Blauen macht das Leben in Niederösterreich leistbarer und besser.“ Landbauer wolle mit dem Vorschlag „von seiner Untätigkeit in der sozialen Frage“ ablenken.

NEOS-Verkehrssprecherin Edith Kollermann fordert in der Debatte um Tempolimits mehr Eigenverantwortung. „Jede und jeder kann das Tempo reduzieren und damit Umwelt, Menschen und die eigene Geldbörse entlasten", so Kollermann, die auch den Vorschlag der Grünen als „Verbotskultur“ ablehnt.