Pfliegler Orgel im Stift Altenburg
Stift Altenburg/Martin Wadsack
Stift Altenburg/Martin Wadsack
Kultur

Kunsthistorische Zeitreise im Stift Altenburg

Vor 250 Jahren wurde die Orgel des Stifts Altenburg erstmals gespielt. Im Jubiläumsjahr gibt es aus diesem Anlass noch Spezialführungen und Orgelkonzerte. Und erstmals wird eine Auswahl von Andachtsbildern gezeigt, eine Schenkung der Familie Sainitzer an das Stift.

Neben der Bibliothek, der Krypta, der Aussichtsterrasse und der Gemäldesammlung Arnold zählt auch die Orgel in der Stiftskirche zu den Sehenswürdigkeiten des Benediktinerstifts im Waldviertel im Bezirk Horn. Die Orgel wurde 1772/73 gebaut und gilt als das größte Orgelwerk im Schaffen des Orgelbauers Anton Pfliegler.

„Sie weist den für die Erbauungszeit im österreichischen bzw. süddeutschen Orgelbau typischen Reichtum an Klangfarben auf. Ihre herausragende Besonderheit ist die überaus glückliche Einfügung in die Architektur des Altenburger Kirchenraums und ihr prächtiges Erscheinungsbild“, erklärt Stiftskapellmeister und Stiftsorganist Martin Wadsack.

Orgel wird für „den Reichtum an Klangfarben“ gelobt

Pfliegler war der Schwiegersohn Johann Henckes‘, des bedeutendsten Wiener Orgelbauers seiner Zeit. Zu seinen weiteren Werken zählen etwa die Orgel in der Wallfahrtskirche Hafnerberg (Bezirk Baden) oder jene in der Basilika Maria Dreieichen (Bezirk Horn). Als erster Organist, der vor 250 Jahren auf der Altenburger Pfliegler-Orgel spielte, wird der damalige Chorleiter Pater Maximilian Markl genannt, der auch als hervorragender Organist beschrieben wird.

Pfliegler Orgel im Stift Altenburg
Stift Altenburg/GTGS
Sift Altenburg bietet am 15. Oktober (15.00 Uhr) eine spezielle Orgelführung inklusive Orgelkonzert anlässlich des 250-Jahr-Jubiläums der Stiftsorgel an

Zu Ende des Zweiten Weltkrieges und während der Besetzung des Stifts durch sowjetische Truppen wurde die Orgel schwer beschädigt, sodass sie 1950/51 umfassend restauriert werden musste und dabei zugleich im Tonumfang erweitert wurde, heißt es auf der Website des Stifts. Am 15. Oktober gibt es eine spezielle Orgelführung (15.00 Uhr), im Anschluss spielt Stiftskapellmeister Martin Wadsack ein kurzes Orgelkonzert. Für die Pfliegler-Orgel von Maria Dreieichen wird derzeit eine Spenden- und Fundraisingaktion durchgeführt, so können etwa auch Patenschaften über Orgelpfeifen übernommen werden.

Kunsthistorisch einmalige Sammlung an Andachtsbildern

Ein Andachtsbild als Geschenk eines Nachbarn zu Weihnachten 1965 war der Ausgangspunkt für die lebenslange Sammlerleidenschaft von Leopold und Renate Sainitzer. Über einen Zeitraum von fast 60 Jahren ist daraus eine Sammlung von mehr als 300 kunsthistorisch außergewöhnlichen Andachts-, Schnitt- und Spitzenbildern entstanden. Um langfristig einen geeigneten Platz zu finden, entschloss sich die Familie vor zwei Jahren, ihre Sammlung dem Stift Altenburg zu überlassen.

Sammlung Sainitzer im Stift Altenburg
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Die Sammlung Sainitzer umfasst mehr als 300 außergewöhnliche Andachts-, Schnitt- und Spitzenbildchen

Nach wissenschaftlicher Aufarbeitung unter der Leitung der Kunsthistorikerin Monika Dachs ging heuer ein langgehegter Wunsch der Sammlerfamilie in Erfüllung. Seit Juni gibt es im Stift die Ausstellung „Ein Hauch von Farb’ und Spitze“, und die Andachtsbildchensammlung wird damit erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Die Auswahl enthält neben höchst fragilen, aus Pergament geschnittenen Spitzenbildchen mit Wallfahrtsorten und Heiligendarstellungen auch Gouachen auf Pergament, Radierungen und Kupferstiche“, so Monika Dachs, die auch die Ausstellung kuratierte.

Mit „Ein Hauch von Farb’ und Spitze“ in die Vergangenheit

In der barocken Volksfrömmigkeit hatte das Andachtsbildchen stets einen hohen Stellenwert. Es wurde beispielsweise an Wallfahrtsorten gekauft, mit einer Widmung versehen und verschenkt. Bei der Bildauswahl für die Ausstellung standen die Bildthemen im Fokus, so die Kuratorin: „Wallfahrt und Gnadenbild, Heilige und Namenspatrone, die heilige Familie und biblische Historien. Sie ermöglichen dem heutigen Betrachter, dem spätbarocken Menschen ganz nahe zu kommen.“

Fotostrecke mit 5 Bildern

Renate und Leopold Sainitzer mit Kuratorin Monika dachs (r.)
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Das Sammlerpaar Renate und Leopold Sainitzer mit Kuratorin Monika Dachs (r.)
Sammlung Sainitzer im Stift Altenburg
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Sammlung Sainitzer im Stift Altenburg
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Sammlung Sainitzer im Stift Altenburg
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Sammlung Sainitzer im Stift Altenburg
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Auch wenn man heute so gut wie nichts über die Herstellung dieser kleinen Blätter weiß, „da sie wohl größtenteils von frommen Frauen hinter Klostermauern oder von Mitgliedern der kaum dokumentierten Zunft der ‚Briefmaler‘ gefertigt wurden, erfreuen sie sich bei Sammlern ungebrochener Beliebtheit. Ihr Reiz liegt einerseits im kleinen Format, andererseits in der schier unerklärlichen Präzision der Herstellung“, erklärt Monika Dachs.

„Aus dem Objekt höchster Handwerkskunst wurden im späten 19. Jahrhundert der Farbdruck und die maschinell geprägte Spitze. Auch diesen Bildchen ist ein gewisser Reiz nicht abzusprechen. Was ihnen aber eindeutig fehlt, ist der Zauber des Barocks.“ Die Ausstellung „Ein Hauch von Farb’ und Spitze“ im Stift Altenburg kann auch im Zuge der „ORF-Langen Nacht der Museen“ besucht werden – mehr dazu in Eine „Lange Nacht“ für Österreichs Museen (noe.ORF.at; 3.10.2023).