Eine Patientin hält sich an einem Haltegriff fest
APA/Barbara Gindl
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Soziales

VfGH kippt Hauptwohnsitzregel bei Pflege

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Bedingung eines Hauptwohnsitzes für die Übernahme der Kosten stationärer Pflege durch das Land als „verfassungswidrig“ eingestuft. Das Niederösterreichische Sozialhilfegesetz verstoße damit gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Das Sozialhilfegesetz sieht derzeit vor, dass Kosten für stationäre Pflege vom Land nur dann übernommen werden, wenn der Hilfesuchende entweder vor Aufnahme in ein Pflegeheim seinen Hauptwohnsitz in Niederösterreich hatte (§ 12 Abs. 2) oder, wenn das nicht der Fall war, zumindest seit sechs Monaten die Heimkosten aus eigenem Einkommen und Pflegegeld vollständig selbst getragen hat (§ 12 Abs. 3).

„Zwar liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des zuständigen Landesgesetzgebers, die Gewährung von Sozialleistungen an den Hauptwohnsitz (oder Aufenthalt) im jeweiligen Land zu knüpfen. Es verstößt jedoch gegen den Gleichheitsgrundsatz, Personen, die erst mit der Aufnahme in ein Pflegeheim den Hauptwohnsitz in Niederösterreich begründen, ausnahmslos von der Hilfe bei stationärer Pflege auszuschließen“, hielt der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem Erkenntnis fest.

Keine Einzelfallberücksichtigung möglich

Eine derartige Regelung erlaube es nämlich nicht, die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, „etwa dass eine stationäre Pflege in Niederösterreich nötig sein kann, um das Privat- und Familienleben aufrecht zu erhalten. Die nun aufgehobene Regelung war auch nicht geeignet und erforderlich, um die Versorgung der im Land bereits wohnhaften Bevölkerung mit Pflegeleistungen sicherzustellen“, so das Höchstgericht.

Die für das Sozialhilfegesetz zuständige Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) hielt gegenüber noe.ORF.at fest, die Entscheidung des VfGH „selbstverständlich zur Kenntnis“ zu nehmen. Man werde nun „die weiteren Schritte besprechen, die notwendig sind, um das Erkenntnis umzusetzen“, so Königsberger-Ludwig. Der Verfassungsgerichtshof gab dem Land dafür eine Frist bis 31. Oktober 2024.

Ursprünglich hatte eine Tirolerin den Fall ins Rollen gebracht: Sie war nach einem Schlaganfall in ein Pflegeheim in Niederösterreich überstellt worden. Ihr Antrag auf Kostenübernahme wurde von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft und in der Folge vom Landesverwaltungsgericht abgewiesen. Daraufhin brachte die Frau Beschwerde ein.