Österreichischer Reisepass(24.4.2008)
BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com
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Politik

Staatsbürgerschaft: Debatte neu entflammt

Die ÖVP Niederösterreich will den Zugang zur Staatsbürgerschaft verschärfen und fordert auch, dass eine Einbürgerung künftig frühestens nach zehn Jahren statt wie bisher nach sechs Jahren möglich sein soll. Die Zuständigkeit liegt beim Bund. Experten haben Bedenken.

2013 setzte der damalige ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz durch, dass für zugewanderte Personen, die bestimmte Kriterien erfüllen, die Frist für den Erwerb der Staatsbürgerschaft auf sechs Jahre verkürzt wird. Etwa für Personen, die deutlich überdurchschnittliche Deutschkenntnisse nachweisen können oder für Personen, die seit mindestens drei Jahren ehrenamtlich tätig sind. Kurz argumentierte damals, dass ein Anreizsystem geschaffen werden soll, damit Menschen, die besser integriert sind, schneller Staatsbürger werden können. Zu dieser Zeit war Johanna Mikl-Leitner ÖVP-Innenministerin.

Nun, zehn Jahre später, fordert sie – als niederösterreichische Landeshauptfrau in einer Koalition mit der FPÖ – eine „Null Toleranz", so der Titel eines Papiers, das diese Woche vorgestellt wurde. Mikl-Leitner will etwa verpflichtende Staatsbürgerschaftskurse und -Prüfungen für alle, die eingebürgert werden wollen, und argumentiert mit der Zunahme von antisemitischen Vorfällen in den vergangenen Wochen.

Einbürgerung nach sechs Jahren „an Bedeutung gewonnen“

Niederösterreichs Landeshauptfrau will eine Einbürgerung nach frühestens zehn Jahren, ausgenommen Bürgerinnen und Bürger der EWR-Staaten. Doch wie läuft die Vergabe der Staatsbürgerschaft aktuell ab? Die Zahl jener, die nach sechs Jahren eingebürgert werden, und jener, die das erst später werden, hält sich aktuell die Waage, sagt der Politologe und Staatsbürgerschaftsexperte Gerd Valchars von der Universität Wien am Donnerstag im Gespräch mit Tanja Malle im Ö1-Mittagsjournal.

„Also die Einbürgerung nach schon sechs Jahren hat in den letzten zehn Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen, zuletzt waren es rund die Hälfte aller Einbürgerungen in einem Jahr, die auf diese Art der Einbürgerung zurückgehen und in den letzten zehn Jahren insgesamt waren das mehr als 30.000.“

Dem stehen allerdings rund 500.000 Personen gegenüber, die seit mindestens zehn Jahren in Österreich leben und dennoch nicht um die Staatsbürgerschaft angesucht haben. Die Einbürgerungshürden seien hoch: „Beispielsweise ein Mindesteinkommen, das monatlich erwirtschaftet werden muss oder ein bestimmtes Niveau an Deutschkenntnissen, die Absolvierung eines Wissenstests, Unbescholtenheit und Wohlverhalten und nicht zuletzt die Rücklegung der bisherigen Staatsbürgerschaft."

Bekenntnis zu Grundwerten schon jetzt im Gesetz

Bereits jetzt müssen bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften die Einstellungen und Werte der Einbürgerungswilligen beachtet werden. „Es braucht ein Bekenntnis zu den Grundwerten eines europäischen, demokratischen Staates und seiner Gesellschaft, alles das ist heute schon im Staatsbürgerschaftsgesetz drinnen und wenn diese Kriterien nicht erfüllt werden, dann ist eigentlich eine Einbürgerung in Österreich nicht möglich“, sagt Valchars.

Aus der Forschung sei jedenfalls bekannt, dass eine realistische Aussicht auf eine Einbürgerung innerhalb von vier bis fünf Jahren ein Motivator für Integration sein kann. Eine Verschärfung des Zugangs zur Staatsbürgerschaft – wie jetzt von der ÖVP Niederösterreich gefordert – ist jedenfalls Bundes- und nicht Ländersache.