Der Angeklagte im Gerichtssaal
APA/Sophia Killinger
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Gericht

Geplanter Auftragsmord: 15 Jahre Haft

Weil er einen Auftragsmörder für seine Ex-Partnerin gesucht und dafür Geld überwiesen haben soll, ist ein 53-Jähriger am Landesgericht Wiener Neustadt zu 15 Jahre Haft verurteilt worden. Der Mann wurde wegen zweifach versuchten Mordes als Bestimmungstäter schuldig gesprochen.

Laut Anklage soll der Mann zwischen Ende Februar und Anfang April in Weigelsdorf (Bezirk Baden) unter dem Pseudonym „Sunnyboy“ auf einer Darknet-Seite namens „Online Killer Market“ einen Auftragsmörder für seine Ex-Lebensgefährtin gesucht haben. Dafür habe er ein Inserat geschaltet – samt genauer Beschreibung, wie und wann der Mord nach seinen Vorstellungen stattzufinden habe. Der angeklagte IT-Experte hatte sich zunächst nicht schuldig bekannt und von „blöder Spielerei“ gesprochen. Schließlich legte er aber ein Geständnis ab: „Es war totaler Blödsinn, es tut mir fürchterlich leid.“

Die Frau sollte so von einem Auto überfahren werden, dass es wie ein Unfall aussieht. In dem Inserat wurden auch persönliche Daten und eine Beschreibung der Frau, deren Gewohnheiten, deren Lebensgefährte sowie deren Wohnadresse angegeben und Fotos übermittelt. Entsprechende Chats, darunter der finale Auftrag, konnten laut dem Staatsanwalt gesichert werden. „Sie quält Kinder. Der Job ist also ziemlich dringend“, hieß es zur „Zielperson“ laut Übersetzung in einer englischsprachigen Nachricht. Als ein Interessent mehr Geld forderte, fand sich ein anderer Nutzer, der zusagte, den Auftrag um 10.000 US-Dollar (rund 9.133 Euro) innerhalb von fünf Tagen auszuführen.

Bezahlung in Bitcoin

Nach einer Geldüberweisung von 9.000 US-Dollar (rund 8.220 Euro) in Form der Kryptowährung Bitcoin wurde der Mann im Zuge der „Operation Darknet“ festgenommen und die Frau unter Polizeischutz gestellt – mehr dazu in Auftragsmord: Inserat im Darknet verfasst (noe.ORF.at; 27.10.23).

Der IT-Experte sprach von „blöden Fantasien“ sowie „blöder Spielerei“. Vertreten wird der Angeklagte von zwei erfahrenen Verteidigern. Beide weisen die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurück. „Meinem Mandanten war klar, dass diese Website ein Fake ist. Im Zuge eines Obsorgestreits mit seiner Ex-Lebensgefährtin habe er sich ohnmächtig gefühlt. Das Schreiben auf dieser Website hat ihn wie eine Art Reality-Computerspiel erleichtert. Er wollte niemals, dass etwas in die Tat umgesetzt wird“, so Verteidiger Rudolf Mayer vor Prozessbeginn gegenüber noe.ORF.at.

Der Angeklagte gab zu, die sichergestellten Nachrichten geschrieben zu haben, meinte aber: „Ich habe da einfach blöd herumgetippt.“ Er habe eine Fantasie ausgelebt, um Ballast loszuwerden und Frust abzubauen, „das hat nichts mit der Realität zu tun“. Es sei ein „Riesenschwachsinn, aber ich hab’s gemacht“. Vor der Polizei soll er die Chats als „Affekthandlung, um ausschließlich mein Kind zu schützen“, bezeichnet haben. Nach seiner Festnahme verfasste er im Zuge der Einvernahme durch die Exekutive eine Nachricht an den Auftragnehmer, um den Mord zu stoppen.

Angeklagter nimmt Platz
ORF/Kreuzer
Der 53-Jährige nahm am Dienstag auf der Anklagebank Platz

Angeklagter sprach von „Spiel“

Der 53-jährige Angeklagte sei mit mehreren Personen durch diese Website in Kontakt getreten. Das Geld, das der Beschuldigte überwiesen haben soll, sei aber nicht in die Verfügungsgewalt des mutmaßlichen Auftragnehmers gelangt, so Mayer.

Sein Mandant sei im Darknet unterwegs gewesen, „um sich abzureagieren, damit er seinem Sohn eine bessere Stütze sein kann“, sagte Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger im Eröffnungsvortrag. Der Angeklagte habe es „als Spiel gesehen“. Der 53-Jährige habe „lauter Schwachsinnigkeiten geschrieben“ und „wollte alles so lebensnah wie möglich machen“, sagte der Rechtsanwalt, der den Angeklagten gemeinsam mit Mayer verteidigt. Der Beschuldigte „wollte nie, dass es Tote oder Verletzte gibt“.

„Ich bin der Meinung, dass es ihm definitiv ernst war“, meinte hingegen die Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten. Die Beziehung sei anfangs „traumhaft“ gewesen, aber „kurz vor der Entbindung hat sich das Gesicht gewandelt“, erzählte die 45-Jährige, die in Abwesenheit des Beschuldigten befragt wurde. Ihr damaliger Partner sei „sehr besitzergreifend und kontrollierend“ geworden, berichtete sie von „Psychoterror“ mit „Erniedrigungen und Schikanen“ sowie Überwachung. Die Niederösterreicherin hatte sich u. a. auch an Gewaltberatungsstellen gewendet. Zweimal seien Nägel in ihren Reifen gesteckt, weitere Male wurden Ventile aufgedreht.

„Wie in einem schlechten Film“ fühlte sich die 45-Jährige, als sie von dem Mordauftrag erfuhr. In jenen Wochen, in denen gegen den Angeklagten ermittelt wurde und die Frau unter Polizeischutz stand, litt sie laut ihrer Aussage u. a. unter Schlaflosigkeit und lebte in ständiger Angst.

Psychiaterin sprach von Hochbegabung

Die psychiatrische Sachverständige Sigrun Roßmanith beschrieb den Angeklagten als „hochbegabt“. Ihrem Gutachten zufolge ist er zurechnungsfähig. Der Mann wurde Ende April festgenommen und saß zuletzt in Untersuchungshaft.

Der Staatsanwalt sah im Schlussvortrag einen „heimtückischen Mordauftragsversuch“, der aus Sicht des Beschuldigten „die Lösung familiärer Probleme bewirken sollte“. Die Tat sei vor dem Hintergrund einer Reihe von Frauenmorden zu sehen. Vonseiten der Verteidigung mit Rudolf Mayer und Manfred Arbacher-Stöger hieß es, der 53-Jährige habe nicht wahrhaben wollen, dass er zu so einer Tat fähig sei. „Es tut mir sehr leid. Ich wollte das wirklich nicht“, so der Angeklagte in seinen Schlussworten.

Die Entscheidung der Geschworenen für einen Schuldspruch in den Abendstunden fiel einstimmig. Zudem muss der Angeklagte seiner Ex-Partnerin fast 29.000 Euro zahlen. Der Beschuldigte nahm das Urteil an. Es ist nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.