Mittelschule im Waldviertel
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Chronik

Pikrinsäure: Schulen werden sensibilisiert

Im Waldviertel musste am Mittwoch erneut eine Schule wegen des Fundes von trockener Pikrinsäure evakuiert werden. Das war der zweite Vorfall innerhalb kurzer Zeit. Die Bildungsdirektion sensibilisiert nun Schulen: Diese sollen ihre Chemiebestände kontrollieren.

Ein Fund von ausgetrockneter Pikrinsäure hatte erst am Donnerstag der Vorwoche eine Evakuierung der Mittelschule Groß-Siegharts (Bezirk Waidhofen a. d. Thaya) notwendig gemacht – mehr dazu in Lehrerin fand explosiven Stoff: Evakuierung (noe.ORF.at; 24.11.23). Am Mittwoch wurde in der Mittelschule in Bad Großpertholz (Bezirk Gmünd) erneut ein Fläschchen getrockneter Pikrinsäure gefunden – mehr dazu in Pikrinsäure: Erneut Schule evakuiert (noe.ORF.at; 30.11.2023).

Da die Säure im trockenen Zustand als hochexplosiv gilt, werden laut Bildungsdirektion die Schulen nun speziell dazu angehalten, ihre Chemiebestände zu kontrollieren. „Solange die Pikrinsäure in einem feuchten Zustand ist, ist sie eigentlich relativ ungefährlich“, sagte Lothar Brecker, Chemieprofessor an der Universität Wien, im Gespräch mit noe.ORF.at.

Erneut Pikrinsäurefund in Schule

Im Waldviertel ist erneut eine Schule wegen des Fundes von trockener Pikrinsäure evakuiert worden. Der Entschärfungsdienst des Innenministeriums konnte die Substanz auf einer Wiese nahe der Mittelschule in Bad Großpertholz (Bezirk Gmünd) kontrolliert sprengen.

„Wenn aber das Wasser daraus entweicht, dann wird sie explosiv“, so der Professor. Das geschehe zum einen durch Erhitzen und zum anderen durch Druck. Bei einem Gefäß mit verschlossenem Schraubdeckel seien am Rand immer kleine Körner der Säure darin. „Die trocknen natürlich als Allererstes aus. Und wenn sie jetzt das Gefäß aufdrehen, entsteht beim Drehen natürlich ein Schaben, ein Druck, und das kann dann zur Detonation führen“, so Brecker.

Chemiker Lothar Breker
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Chemieprofessor Lothar Brecker

Person könnte „heftig verletzt“ werden

Zum Ausmaß der Detonation meinte der Experte, dass zwar kein Schulgebäude dadurch gesprengt werden könne, aber es könnte zu ähnlichen Folgen kommen, die auch ein Silvesterkracher auslösen könne. „Die Folgen sind uns leider jedes Jahr von Silvester immer wieder bekannt. Und Ähnliches kann ich mir bei einem kleinen Fläschchen Säure auch vorstellen: dass die Person, die da dran hantiert hat, verletzt wird“, sagte der Uniprofessor, „teilweise vielleicht sogar heftig.“

Zudem könne er sich vorstellen, dass in Schulen Chemikalien generell nicht so schnell entsorgt werden, „weil das Budget an Schulen immer knapp ist, und damit behält man auch Dinge von Vorgängern, auch aus mehreren Generationen“. Es sei also durchaus möglich, „dass in dem einen oder anderen Chemikalienschrank in den Schulen noch die Pikrinsäure drin steht“, so Brecker.