Wirtschaft

Felbermayr: „Insolvenzen haben auch Gutes“

Die Unternehmensinsolvenzen sind im Vorjahr in Österreich um 13 Prozent gestiegen – zuletzt wurde die Insolvenz der Dämmstofffirma Brucha bekannt. Insolvenzen hätten aber auch „etwas Gutes“, da Fachkräfte frei werden würden, sagt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.

Das Jahr ist noch jung und brachte bereits mehrere bekannte Insolvenz-Fälle mit hunderten betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Rund 200 Arbeitsplätze bei dem Autozulieferer MGG in Herzogenburg (Bezirk St. Pölten). 87 Beschäftigte beim Gesundheitsresort la pura in Gars am Kamp (Bezirk Horn). 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Dämmmaterial- und Kühltechnikerzeuger Brucha aus Michelhausen (Bezirk Tulln). Und die Zahlungsunfähigkeit der Möbelhaus-Kette Interio mit Sitz in Vösendorf (Bezirk Mödling).

Doch Insolvenzen hätten auch „etwas Gutes“, sagt Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), im Gespräch mit noe.ORF.at: „Sie führen dazu, dass wertvolle Arbeitskräfte frei werden für andere Aktivitäten. Das klingt zwar ein bisschen hart, aber wir klagen über Fachkräftemangel. Woher sollen denn die Arbeitskräfte kommen? Es wird hoffentlich ein Griss geben, um die, die dort und da ihren Arbeitsplatz verlieren. Das wünsche ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“

Felbermayr im ORF-Interview
ORF
Felbermayr hofft, dass es um die Fachkräfte aus den Insolvenzen nun ein „Griss“ gibt

Im vergangenen Jahr sind die Unternehmensinsolvenzen in Österreich um 13 Prozent gestiegen. Felbermayr sieht einige Branchen besonders stark betroffen, wie etwa die Automobilbranche, die sich aktuell im Umbruch befinde: „weg von den Verbrennern in die Elektromobilität. Das bedeutet Herausforderungen für die Zulieferindustrie. Da muss investiert werden und dann muss das Richtige getan werden.“ Managementfehler können hier ebenso eine Rolle spielen, wie die „große politische Unsicherheit“, sagt Felbermayr, und auch „die Schwäche in Deutschland“ sei ein Thema: „Wenn die Deutschen keine Autos mehr bauen, dann ist das für uns keine gute Nachricht.“

Bauwirtschaft besonders stark betroffen

Auch die Bauwirtschaft ist stark betroffen, wie die aktuelle Insolvenz von Brucha zeigt. Die Insolvenz resultiere aus mehreren Faktoren, hieß es am Mittwoch von der Creditreform, die auf fehlerhafte Investitionsentscheidungen verwies, insbesondere aufgrund unrealistischer Markteinschätzungen und mangelnder Rentabilitätsberechnungen, Festhaltens an unrentablen Geschäftsbereichen und Niederlassungen trotz anhaltender Verluste, sowie auf eine unzureichende finanzielle Planung und Überwachung.

Dass die Insolvenz bei Brucha „hausgemacht“ sei, würde Felbermayr allerdings „wundern“, wie er sagt: „Die Bauwirtschaft leidet in ganz Österreich. Nicht nur dort, auch in Deutschland, der ganzen Eurozone. Sie leidet, weil die Zinsen sehr stark gestiegen sind. Deswegen wird gerade im Hochbau sehr viel weniger Neubau angestoßen. Und wenn man jetzt im Bereich des Materials tätig ist, dann schlägt das natürlich durch.“

Firma Brucha ist insolvent

Die Firma Brucha produziert seit 75 Jahren Dämmstoffe für Industrie- und Gewerbebauten. Nun wurde dem Insolvenzantrag der Firma mit Sitz in Michelhausen bei Tulln Folge geleistet. Laut eigenen Angaben des Unternehmens sind Fehlinvestitionen, Kalkulationsfehler und Millionenaufwand durch Reklamationen Grund für die Insolvenz.

Getrübte Aussichten der Industrie

Auch die Industrie befinde sich in einer „härteren Rezession als die Gesamtwirtschaft“, so Felbermayr. Das zeigt auch die jüngste Konjunkturumfrage für das vierte Quartal 2023 der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ), an der 39 Unternehmen mit fast 19.000 Beschäftigten teilgenommen haben.

Besonders alarmierend sei der massive Rückgang der Auslandsaufträge, die gerade für ein Exportland wie Niederösterreich besonders wichtig seien, hieß es dazu von der IV NÖ. Der schlechte Ausblick auf die Ertragssituation in den kommenden sechs Monaten werde dazu führen, dass die großen Investitionen in Anlagen und Produktionsstandorte ins Ausland gehen werden, warnte die Geschäftsführerin der IV NÖ, Michaela Roither.

Diese Abwanderung der Investitionen sei ein eindeutiges Zeichen für die bereits laufende Deindustrialisierung Niederösterreichs. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe sei durch die steigende Inflation und die im Vergleich zu Deutschland hohen Lohnkosten massiv gefährdet, sagt auch IV-Niederösterreich Präsident Kari Ochsner. Es brauche Reformen, um den Wohlstand und die Arbeitsplätze im Land zu sichern, so Ochsner.