Wirtschaft

Pay Gap: Frauen arbeiten bis heute gratis

Bis zum 12. Februar arbeiteten Frauen in Niederösterreich statistisch gesehen gratis. Das sind 43 unbezahlte Arbeitstage. Als einer der größten Hebel, um das Einkommen zwischen den Geschlechtern anzugleichen, gilt der Ausbau der Kinderbetreuung.

Schon zwei Tage früher als bundesweit findet in Niederösterreich der Equal Pay Day statt. Frauen verdienen im Bundesland im Schnitt 11,8 Prozent weniger als Männer. Die Zahl wird zwar jedes Jahr geringer, aber die Angleichung der Einkommen geht nur schleppend voran: Die Differenz zum Jahr zuvor beträgt 2,2 Prozentpunkte.

Bundesweit beträgt der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen 12,4 Prozent, im Jahr zuvor waren es 13 Prozent. Umgerechnet auf Arbeitstage arbeiten Frauen 45 Tage ohne Bezahlung – also bis zum 14. Februar. Im Schnitt sind das 5.800 Euro weniger pro Jahr. Die Zahlen basieren auf dem Einkommensbericht der Statistik Austria für das Jahr 2022.

Betrifft gleiche Arbeit und gleiche Qualifikation

Es handelt sich um den sogenannten „bereinigten“ Gender Pay Gap: Strukturelle Unterschiede im Einkommensunterschied – wie Ausbildung, Beruf, Arbeitserfahrung, Qualifikation – wurden herausgerechnet. Gezählt werden ganzjährig vollbeschäftigte Frauen. Der „bereinigte“ Wert gibt also an, wie viel Frauen im Schnitt bei gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten und gleicher Qualifikation weniger verdienen als Männer.

Inkludiert man Frauen, die Teilzeit arbeiten, steigt der Gender Pay Gap auf 35 Prozent an.

Höher ist die Bezahlung aufgesplittet nach Branchen nur bei den Beamtinnen und Beamten (+ 5,8 Prozent). 2022 verdienten Arbeiterinnen 26 Prozent weniger, Angestellte 29,5 Prozent und Vertragsbedienstete 5,1 Prozent weniger.

Auch der Wohn- und Arbeitsort beeinflusst den Einkommensunterschied: In Wien beläuft sich der Gender Pay Gap auf 3,2 Prozent, in Vorarlberg sogar auf 21,1 Prozent. Die Ungleichbehandlung hat Folgen: Das niedrigere Einkommen vermindert die Grundlage für die Pensionsbemessung.

Frauen stark in Niedriglohnbranchen vertreten

Die „Gesellschaft berufstätiger Frauen Österreich“ fordert einmal mehr, die Lohnschere zu schließen. Denn „an der Situation der Frauen hat sich auch 2022 nichts geändert. In den am schlechtesten bezahlten Branchen finden sich signifikant mehr Frauen, in den Führungsebenen finden wir zwei Frauen von zehn im Vorstand“ so Rita Volgger, Präsidentin der Gesellschaft.

Möglich sei das Schließen der Lohnschere mit mehr Einkommenstransparenz, einer Aufwertung der Niedriglohnbranchen und einem flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung. Dieser Ausbau läuft in Niederösterreich gerade – ab Herbst soll es für alle Zweijährigen einen Betreuungsplatz geben. Bislang ist die Betreuung ab einem Alter von zweieinhalb Jahren möglich.

Kinderbetreuung als Bedingung für mehr Arbeitsstunden

Damit will die Landespolitik Frauen die Möglichkeit geben „frei zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang sie ins Berufsleben zurückkehren möchten“, so die zuständige Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). Sie spricht von bundesweit rund 11.000 Müttern mit Kindern unter zwei Jahren, die mehr Stunden arbeiten möchten, wenn es entsprechende Kinderbetreuung gäbe. Bei Müttern mit Kindern zwischen drei und fünf seien es sogar 15.000.

Für NEOS Niederösterreich fehle der „politische Wille“ im Land, um am Gender Pay Gap etwas zu ändern. Den Ausbau der Kinderbetreuung bezeichnet NEOS-NÖ-Vorsitzende Indra Collini als „schleppend“, es brauche mehr Tempo und einen Rechtsanspruch auf den Betreuungsplatz. Erziehung dürfe nicht mehr als ausschießliche Frauensache gesehen werden, das könnte man laut Collini mit mehr Väterbeteiligung in der Karenz erreichen.