Portraits eines Wolfs
AB Photography – stock.adobe.com
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Chronik

Bundesländer wollen Wolfsschutz senken

Der Schutzstatus des Wolfs soll gesenkt werden – zumindest, wenn es nach Landeshauptfrau-Stv. Stephan Pernkopf (ÖVP) geht. Dieser hat eine Bundesländer-Stellungnahme initiiert, die Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) im EU-Rat zu einer Zustimmung zwingt.

Der Wolf sei nicht mehr vom Aussterben bedroht, bedrohe aber selbst Nutztiere und die Alm- und Weidewirtschaft sowie das Sicherheitsgefühl vieler Menschen, heißt es in der Aussendung von Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf. „Er muss daher rasch und unbürokratisch vertrieben, vergrämt oder auch entnommen werden dürfen.“ Denn, so argumentiert Pernkopf, die Nutztierverluste durch den Wolf seien alleine von 2021 auf 2022 von etwa 850 Tiere auf 1.780 angestiegen.

Deshalb habe man eine einheitliche Länderstellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission auf den Weg gebracht, sie werde von allen Bundesländern mitgetragen. Die EU-Kommission schlug vor, den Schutzstatus des Wolfes zu senken. Dem müssen nun auch die Mitgliedsstaaten zustimmen. „Aufgrund unserer einheitlichen Länderstellungnahme ist der Bund, insbesondere Ministerin Leonore Gewessler, jetzt auch formal daran gebunden, diese Position im EU-Rat zu unterstützen und einer Senkung zuzustimmen.“

Ministerium sieht aktuelle Regeln als ausgewogen

Aus dem Ministerium heißt es, man kenne die Stellungnahme der Bundesländer. Es gebe auf EU-Ebene allerdings noch keinen finalen Vorschlag für eine Behandlung der Materie im Rat der Umweltministerinnen und -minister. „Die Debatte um den neuen Vorschlag der EU-Kommission braucht jetzt Sachlichkeit und den gemeinsamen Willen, den unterschiedlichen Interessen gebührend Rechnung zu tragen, um die Situation für alle zu verbessern“, heißt es auf Anfrage von noe.ORF.at zu dieser Thematik.

Grundsätzlich empfindet das Ministerium die aktuellen europäischen Regeln zum Schutz von gefährdeten Tieren in der EU als ausgewogen. Sie würden jetzt schon die Entnahme von einzelnen Tieren ermöglichen, wenn andere Maßnahmen nicht wirken. Nur die Entnahme von Tieren bzw. die Senkung des rechtlichen Schutzstatus würden allerdings keine nachhaltige Lösung für Landwirtinnen und Landwirte bringen, für diese brauche es ausreichend finanzielle Unterstützung. Wann auf EU-Ebene über die Senkung des Schutzstatus abgestimmt werden soll, steht noch nicht fest.

20.000 Wölfe in Europa

„Die EU-Kommission hat auf unser Drängen hin im Dezember angekündigt, den Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention senken zu wollen. Die einheitliche Länderstellungnahme hierzu ist dabei ein weiterer wichtiger Schritt“, stellte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) fest. Mittlerweile würden mehr als 20.000 Wölfe in Europa leben.

Zwei Wölfe
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Mittlerweile würden mehr als 20.000 Wölfe in Europa leben, sagt Landwirtschaftsminister Totschnig

Fakt sei, dass das Tier nicht mehr vom Aussterben bedroht sei und sich mittlerweile pro Jahr um bis zu 30 Prozent vermehre, wiederholt Totschnig die Ansicht von Pernkopf. „Und das Problem dabei sind nicht nur die Risse von Schafen und Rindern, sondern auch, dass der Wolf zunehmend die Scheu vor dem Menschen verliert und immer näher an Siedlungen rückt“, so Totschnig.

„Populistischer Angriff auf Artenschutz“

Der WWF kritisierte den „Kreuzzug der österreichischen Bundesländer“ gegen den Wolf. „Das ist ein populistischer Angriff auf den Artenschutz, weil die Länder ihre eigenen Hausaufgaben nicht machen wollen. Es gibt weder ausreichend Herdenschutz noch genügend Unterstützung für die Landwirtschaft, obwohl es genau dafür EU-Mittel geben würde“, reagierte Christian Pichler von der Umweltschutzorganisation.

In Österreich gebe es derzeit nur eine relativ kleine Population mit sehr wenigen Wolfsfamilien, „die immer wieder durch illegale Abschüsse und aufgrund von rechtswidrigen Abschussverordnungen dezimiert werden“. Daher sei „der politische Wirbel völlig übertrieben“, so Pichler.

Kritik „an dem aggressiven Vorgehen der Länder gegen den Wolf“ übte auch Ökobüro. „Seit Jahren verstoßen in Österreich mehrere Bundesländer systematisch gegen Artenschutzrecht auf höchster Ebene. Doch als Lösung lieber das Recht an die Verstöße anzupassen als den Artenschutz ernst zu nehmen, ist in Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrise brandgefährlich“, betonte Umweltjurist Gregor Schamschula. „Wir wollen einen sachlichen und rechtlich korrekten Umgang mit dem so wichtigen Artenschutz. Was hier gefordert wird ist jedoch leider das genaue Gegenteil.“

Pernkopf appellierte in dieser Hinsicht auf die Sicherheit des Menschen. „NGO-Fantasien sind falsch am Platz. Herdenschutz ist wichtig für Schafe. Mir geht es aber um den Schutz der Menschen. Und den erreicht man eben nicht mit Zäunen. Ich glaube, Artenschutz wird in Niederösterreich wirklich gelebt, aber Sicherheit der Menschen ist die oberste Priorität“, so Pernkopf.