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Politik

Pressl: „Gehen zuversichtlich in die Zukunft“

Johannes Pressl ist am Montag zum neuen Gemeindebund-Präsidenten gewählt worden. Durch die Grundstücksaffäre seines Vorgängers sei „einiges am Gemeindebund hängen geblieben“. Man habe einiges verändert und: „Wir gehen jetzt zuversichtlich in die Zukunft.“

Johannes Pressl, Bürgermeister von Ardagger (Bezirk Amstetten), ist am Montag mit 94,4 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes gewählt worden. Die Wahl war aufgrund des Rückzugs von Alfred Riedl notwendig geworden. Dieser war wegen Grundstücksdeals in Grafenwörth (Bezirk Tulln), wo er Bürgermeister ist, unter Druck geraten.

Dass er mit einer klaren Mehrheit gewählt wurde, hält Pressl für wichtig, wie er im Interview mit Niederösterreich-heute-Moderatorin Nadja Mader festhielt: „Ich war in allen Bundesländern, ich habe mich über Parteigrenzen abgestimmt und habe sehr viel Zuspruch erfahren.“ Pressl sprach im Interview am Tag seiner Wahl außerdem über seine Visionen für den Gemeindebund sowie über seine Ziele und Vorhaben.

Mader und Pressl
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Johannes Pressl im Interview mit NÖ-heute-Moderatorin Nadja Mader

noe.ORF.at: Der Gemeindebund war zuletzt sehr negativ besetzt durch die Grundstücksaffäre Ihres Vorgängers Alfred Riedl in den Schlagzeilen. Wie sehr hat das dem Ansehen des Gemeindebundes geschadet?

Johannes Pressl: Der Gemeindebund hat funktioniert. Wir haben sehr gute Stellvertreter, die sofort übernommen haben als Riedl seine Funktion ruhend gestellt hat. Also die Arbeit ist gelaufen. Aber natürlich hatten wir eine öffentliche Diskussion und da ist schon einiges auch am Gemeindebund hängen geblieben. Wir haben auch reagiert. Es hat eine Statutenänderung gegeben, wir haben einige Dinge nachgebessert und ich glaube, wir gehen jetzt sehr zuversichtlich in die Zukunft.

noe.ORF.at: Sie als neuer Präsident, wie wollen Sie es schaffen, den Gemeindebund insgesamt in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen?

Pressl: Ganz wichtig ist, glaube ich, dass wir heute eine sehr eindeutige Wahl gehabt haben. Ich war in allen Bundesländern, ich habe mich über Parteigrenzen abgestimmt und habe sehr viel Zuspruch erfahren. Ich glaube, dass das auch Vertrauen ist, und das ist die Basis für eine gute Arbeit im Interesse für die Gemeinden.

noe.ORF.at: Ein Thema, das die Gemeinden natürlich betrifft, ist der Bodenverbrauch, den die Regierung auf 2,5 Hektar pro Tag beschränken will. Da hat es am Wochenende gerade eine Kontroverse gegeben zwischen Vizekanzler Kogler und der Vorsitzenden der Landeshauptleute-Konferenz, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Als Sprachrohr der Gemeinden, wo stehen Sie denn, was die Reduktion des Bodenverbrauches betrifft?

Pressl: Also wir wollen den Bodenverbrauch genauso wie alle anderen einbremsen. Das eint uns ja. Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln und wir können nicht mit einem Zweieinhalb-Hektar-Ziel, sondern wir glauben, dass wir Instrumente brauchen, um vor Ort wirklich tagtäglich Entscheidungen treffen zu können, damit weniger Boden verbraucht wird.

noe.ORF.at: Aber können Sie das eingrenzen zirka auf eine Zahl, damit man sich das vorstellen kann?

Pressl: Also wir arbeiten hier nicht nach Zahl, sondern es muss unser Ziel sein, wirklich in jeder Gemeinde Bodenverbrauch zu reduzieren. Und ich sage es noch einmal: Wir brauchen Instrumente dazu. Das sind zum Beispiel Rückwidmungen, die wir entschädigungsfrei machen können. Das ist zum Beispiel auch in bestehenden Häusern die zweite, die dritte Wohneinheit zu bauen, anstatt neu auf die grüne Wiese zu bauen.

Aber wir müssen uns schon ehrlich sein. Radwege wird es brauchen, Kindergärten wird es brauchen. Wir werden auch Windkraftanlagen brauchen. Und es wäre einfach falsch, zu sagen, Bodenverbrauch, den gibt es nicht mehr.

noe.ORF.at: Sie wollen ja den Gemeinden den Rücken stärken. Das haben wir gehört. Erst letzte Woche haben Sie vom Bund zusätzlich eine Milliarde für die Gemeinden gefordert, obwohl ja gerade erst der neue Finanzausgleich ausverhandelt wurde. Ist das nicht sehr unrealistisch, dass da jetzt zusätzlich neues Geld locker gemacht werden sollte?

Pressl: Wir haben eine völlig neue Situation. Seit Jahresbeginn haben wir enorme Steigerungen bei den Personalkosten, bei verschiedenen anderen Kostenfaktoren in den Gemeinden und gleichzeitig stagnieren unsere Einnahmen, gehen sogar zurück. Und das ist für uns der Anlass, mit dem Bund wieder ins Gespräch zu kommen. Und wir haben auch langfristige Effekte, die auch beim Finanzausgleich nicht berücksichtigt wurden. Das ist zum Beispiel die für uns nie gestiegene Grundsteuer.

Ja, es gehen uns hier österreichweit 380 Millionen jährlich ab und über das wollen wir mit dem Bund reden. Aber wir sagen noch eines: Es ist uns auch klar, dass wir auch selber effizienter werden müssen. Und mit dieser Ansage wollen wir auch in aktive Gespräche mit dem Bund gehen.

noe.ORF.at: Aber ist es nicht sehr unrealistisch, dass man jetzt mit einer solchen Forderung in das neue Jahr hinein startet?

Pressl: Ich glaube, das ist nicht unrealistisch. Es ist ehrlich und wir müssen uns auch ehrlich austauschen. Wichtig ist für uns, dass die Gemeinden am Laufen gehalten werden, wenn Sie wissen, dass mindestens ein Drittel der Gemeinden heuer Abgangsgemeinden sind, das heißt den laufenden Betrieb nicht mehr führen können, dann ist es notwendig, zu reden und dann ist es notwendig, auch Forderungen aufzustellen.

noe.ORF.at: Einer Ihrer Schwerpunkte ist die Digitalisierung. Sie sind ja selbst auch sehr aktiv in den sozialen Medien. Da stockt es in vielen Gemeinden, was das Thema betrifft. Wie wollen Sie das vorantreiben?

Pressl: Wir brauchen Menschen, die mit der Digitalisierung affin sind, die damit umgehen können. Und wir brauchen Übersetzer, die die Verwaltungswelt in die digitale Welt bringen. Und ich glaube, da sind wir auf einem Beginn, da haben wir noch viel zu tun, sehe ich auch selber in meinen eigenen Aktivitäten. Aber es ist wichtiger denn je, um gut in die digitale Zukunft zu kommen.