Als historischer Moment wurde Irene Schröpfers Dienstantritt im Februar 2004 in Gablitz gefeiert, damals noch als Gendarmeriepostenkommandantin. „Seitdem gab es einige Veränderungen, ich hab jetzt zwei Damen als Verstärkung, das hatte ich vor 20 Jahren noch nicht.“
Mit 30 Jahren übernahm sie 2004 den Posten in Gablitz. Damals unterstanden ihr sechs Männer, heute sind es vier Polizisten und zwei Polizistinnen. „Es ist auf jeden Fall anders“, erzählt uns eine der Polizistinnen, „dadurch, dass die Chefin Familie hat, läuft es sehr familiär ab bei uns, mit viel Verständnis.“ Die Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern sei positiv für das Arbeitsumfeld, berichtet Schröpfer: „Der Umgangston hat sich verändert. Es ist nicht mehr so rau wie früher. Sexistische Äußerungen, die als Witz gemeint waren, sind selten geworden.“
Akzeptanz nach zehn Jahren
Die erste Frau in einem Männer dominierten Bereich zu sein, ist nie einfach. Wie lang hat es gedauert, bis sie in ihrer Führungsposition nicht mehr hinterfragt wurde? „Als ich den Job schon zehn Jahre gemacht habe, mit Unterbrechungen wegen der Karenz. Ich hatte einen erfahrenen Stellvertreter, von dem habe ich viel gelernt. Zwischen 40 und 45 hatte ich dann das Gefühl, es kann mich nichts mehr umhauen und ich werde nicht mehr hinterfragt, weil ich weiblich bin, sondern es zählen andere Dinge,“ so die heute 50-Jährige.
Nach wie vor sei es ihr „Traumjob“, „einer der spannendsten Berufe, die es gibt“. Für die jüngeren Generationen an Frauen sei es schon um einiges leichter, sich bei der Polizei durchzusetzen: „Die jungen Mitarbeiter wachsen ja schon damit auf, dass sie gemeinsam mit Frauen in der Polizeischule sitzen, gemeinsam Außendienst haben, es wird immer besser.“ Auf ihrer Dienststelle möchte sie nicht mehr ohne Polizistinnen sein: „Gerade bei Einsätzen ist es ein Vorteil, wenn ein gemischtes Team fährt. Bei Gewalt in der Familie oder bei psychisch Kranken ist es immer gut, eine Frau dabei zu haben.“
Sechs Prozent der Dienststellen von Frauen geführt
„Immer besser“ – das verdeutlicht sich im steigenden Anteil der Frauen bei den Exekutivbediensteten. 23 Prozent der 5.145 Bediensteten sind weiblich, zeigen Zahlen der Landespolizeidirektion. Bei den Neuaufnahmen in den Polizeischulen waren beim letzten Turnus 41 Prozent Frauen.
So weit die Basis – auf Schröpfers Ebene sieht es anders aus. 20 Jahre nach ihrem Antritt gibt es nur elf weitere Frauen, die eine der 191 Dienststellen in Niederösterreich leiten. Das sind sechs Prozent. Von den 646 Führungspositionen im Bundesland sind nur zehn Prozent mit Frauen besetzt. Der sogenannte „Glasdeckeneffekt“ – der Umstand, dass qualifizierte Frauen meist in einer Organisation nicht in die Top-Ebene aufsteigen – greift, wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen, auch bei der Polizei.
Ähnliches Zeitfenster für Berufsaufstieg und Familie
Dass Frauen in den unteren Ebenen hängenbleiben, liege an der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vermutet Schröpfer: „Genau in dem Alter, in dem oft Familie gegründet wird – so mit 28 bis 35 – das ist auch genau der Bereich, wo man erstmals die Karriereleiter hochklettern kann. Mit Kindern dauert es dann eben länger, bis man die Positionen in der Chefetage erreicht.“
Schröpfer selbst hat zwei Töchter. Ein Fachhochschulstudium, um Offizierin zu werden, sei sich neben familiären Aufgaben nicht mehr ausgegangen. „Wenn man Entlastung in der Kinderbetreuung bekommt, wenn dementsprechend auf den Dienststellen Personal nachkommt, wenn Frauen in Karenz gehen, dann wäre es leichter. Das sollte mehr gefördert werden, das kann man noch besser machen.“
Den Weg für Frauen in die Chefetage der Polizei hat Schröpfer jedenfalls geebnet. Mit der Vorreiterrolle, damit die erste Frau zu sein und sich durchzusetzen, hat sie sich nach 20 Jahren auch angefreundet: „Mit dem Alter konnte ich diese Rolle immer besser annehmen und vertreten. Ich hoffe, dass mir das viele weitere Kolleginnen nachmachen.“