Mikl-Leitner und Landbauer (v.l.) am 10. März 2023
APA/GEORG HOCHMUTH
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POLITIK

Ein Jahr schwarz-blaue Zusammenarbeit

Die öffentliche Empörung war groß als ÖVP und FPÖ vor einem Jahr die Einigung auf eine Zusammenarbeit verkündet haben. Der Sturm scheint sich gelegt zu haben, weite Teile des durchaus umstrittenen Arbeitsprogramms wurden abgearbeitet.

Mit ernsten Mienen präsentieren Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihr Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) am 17. März 2023 bei einer Pressekonferenz die Pläne für ihre Zusammenarbeit in der proporzbesetzten Regierung. Diese wird nach nur kurzen Verhandlungen paktiert, nachdem die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ zuvor gescheitert waren.

Mehrmals betonen damals beide Seiten, dass das Verhältnis zwischen den Parteien ÖVP und FPÖ nicht das beste sei. Von einem „sicherlich schweren Weg“ spricht etwa Johanna Mikl-Leitner, davon „über seinen Schatten“ gesprungen zu sein, Udo Landbauer. Es ist schließlich auch nur eine dünne Mehrheit im Landtag, die Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau wählt. Die FPÖ wählt ungültig.

Enorme Kritik und Protest

Die schwarz-blaue Regierung und ihre Vorhaben stoßen auf Kritik und Protest. Ein Jahr später sind viele der angekündigten – und teils umstrittenen – Vorhaben beschlossen und umgesetzt. Verfassungswidrige Corona-Strafen wurden zurückgezahlt, der Corona-Fonds entschädigt Menschen mit Impfbeeinträchtigungen, unterstützt bei psychologischen Behandlungskosten und unterstützt Vereine in der Jugendarbeit.

Pflegescheck, Wohn- und Heizkostenzuschuss sowie Wirtshausprämie wurden beschlossen, die Genderrichtlinien überarbeitet. Investiert wird in die Bauwirtschaft und die Kinderbetreuung, ein Gemeindepaket wird verabschiedet.

Mikl-Leitner und Landbauer bei konstituierender Sitzung
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Am 23.3.2023: Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer bei der konstituierenden Landtagssitzung

„Keine Liebesbeziehung“, aber „professionelle Arbeit“

Für die Erhöhung der Politikergehälter braucht es einen Kompromiss. Die FPÖ ist eigentlich dagegen. Es ist nicht der einzige Kompromiss, aber einer der im Vorfeld auch öffentlich diskutiert wurde. Die Zusammenarbeit sei nach wie vor „keine Liebesbeziehung“, so ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger im Gespräch mit noe.ORF.at: „Es ist eine professionelle Sacharbeit.“ Man arbeite „Punkt für Punkt“ das ab, was vereinbart wurde. „Da braucht man auch nicht kuscheln, sondern da gibt es unterschiedliche Standpunkte“, so Danninger.

FPÖ und ÖVP „sind und bleiben“ unterschiedliche Parteien, betonte FPÖ-Klubobmann Reinhard Teufel, und das bedeute auch, dass man bei den einen oder anderen politischen Punkten nicht übereinstimme. „Aber da sind wir Profis genug und professionell genug, dass wir hier in Form von Kompromissen auch diese Probleme aus dem Weg räumen“, so Teufel.

Verhandlungen zum Doppelbudget 2025/26 beginnen

Der bereits laufende Ausbau der Kinderbetreuung, die Energiewende sowie eine Gesundheitsreform sind laut den beiden Klubobleuten die nächsten großen schwarz-blauen Vorhaben. Außerdem beginnen die Verhandlungen zum nächsten Doppelbudget 2025/26, bei dem die Verschuldung reduziert werden soll. Ein Nulldefizit sei das Ziel, so Danninger: „Ich gehe davon aus, mit gutem Willen von allen Seiten, dass wir hier wirklich auch eine Perspektive aufzeichnen können, wo wir in Richtung Nulldefizit kommen.“

Wo gespart werden soll, werde sich in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden, so Teufel: „Es gibt jetzt schon auf Beamtenebene die ersten Verhandlungsrunden und dann geht es auf die politische Ebene. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Jahre 2028 ein Nulldefizit in Niederösterreich haben werden.“

In Frontalopposition befindet sich die SPÖ mit ihrem Vorsitzenden Sven Hergovich. Er ist als selbsternannter Kontroll-Landesrat dank Proporzbesetzung auch in Regierungsverantwortung. Bei Projekten, wie der Modernisierung des Landtagssitzungssaals, ist die SPÖ als einzige Partei nicht im Boot.

Das Superwahljahr 2024 wird zeigen, wie stark der Pakt zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich ist. Und schon Anfang 2025 stehen die Gemeinderatswahlen in Niederösterreich an. Die Frage, wie stark die jeweiligen Ortsparteien sind, ist wesentlich, bilden sie doch das Fundament der Arbeit auf Landesebene.

Politologin Praprotnik analysiert die schwarz-blaue Zusammenarbeit

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Nationalratswahl als „heikle Phase“

Könnte schwarz-blau in Niederösterreich ein Testlauf für den Bund sein? „Ich denke schon, dass die Bundesparteien ÖVP und FPÖ hier sehr genau nach Niederösterreich blicken und diese Erfahrung mitnehmen – allein schon wegen der Größe des Bundeslandes, aber auch wegen den personellen Verbindungen zwischen der Bundes- und Landesebene“, analysiert Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik.

Der Nationalratswahlkampf werde für das Bündnis auf Landesebene „eine heikle Phase“, meint die Wissenschafterin. „Eine wirkliche Zerreißprobe sehe ich aber nicht.“ Die Politik habe verschiedene Kommunikationsstrategien. Werde etwa von der FPÖ die Bundes-ÖVP kritisiert, sei die Zusammenarbeit auf Landesebene dennoch nicht gefährdet, da sich die Parteien dadurch klar abgrenzen und auf einer anderen Ebene kritisieren.