Landespolizeidirektion Niederösterreich
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Politik

Politstreit über Postenbesetzung von Polizeichef

FPÖ-Chef Herbert Kickl wirft der ÖVP in Zusammenhang mit der Bestellung des Landespolizeidirektors von Niederösterreich „Postenschacher“ vor. Der Vorwurf in Richtung der Landeshauptfrau: Die ÖVP habe die Ausschreibung „auf ihren Mann zuschneidern lassen“.

Rund um die Bestellung des Landespolizeidirektors für Niederösterreich haben sich FPÖ und ÖVP am Montag einen Schlagabtausch geliefert. Der blaue Bundesparteichef Kickl warf der Volkspartei in einer Aussendung „Postenschacher“ vor. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker erwiderte, Kickl habe als Innenminister die Landespolizeidirektion (LPD) NÖ „politisch einfärben“ wollen.

Niederösterreichs Landespolizeidirektor Franz Popp habe die Voraussetzung eines abgeschlossenes Jus-Studiums nicht erfüllt, teilte FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl am Montag in einer Aussendung mit. Die ÖVP wollte laut Kickl „die Ausschreibung auf ihren Mann zuschneidern lassen – und genau das ist nach meinem Abgang aus dem Innenministerium auch geschehen. Das ist Postenschacher.“

Politstreit durch Chats entbrannt

Zuvor waren Chats von Frühjahr 2019 bekannt geworden, laut denen der damalige Innenminister Kickl die Bestellung von Popp verzögern wollte. „Nicht ich, sondern die ÖVP – konkret die niederösterreichische Landeshauptfrau Mikl-Leitner – wollte ihren Postenschacher im Innenministerium durchziehen. Ich habe mich dagegen gewehrt“, erklärte der FPÖ-Chef.

„Mikl-Leitner hat bei mir persönlich interveniert, sie hat über HC Strache (damals FPÖ-Chef und Vizekanzler, Anm.) bei mir intervenieren lassen – und auch über den damaligen Kanzler (Sebastian, Anm.) Kurz wurde ich in dieser Angelegenheit ‚bearbeitet‘“, meinte er. Popp wurde im Juli 2020 zum Landespolizeidirektor von Niederösterreich bestellt.

Kickl schrieb laut ZIB1 im Frühjahr 2019 an Strache: „Ohne uns geht Popp nicht. Ich lasse sie zappeln, es gibt auch noch andere Optionen. Wir sollten nicht vergessen, wie die Dame mit Udo umgegangen ist.“ Damit meinte er Udo Landbauer, nun Landeshauptfrau-Stellvertreter. Mikl-Leitner hatte in Zusammenhang mit der sogenannten Liederbuch-Affäre kurz vor der Landtagswahl 2018 eine Zusammenarbeit mit dem FPÖ-Listenersten Landbauer ausgeschlossen.

ÖVP ortet „Ablenkungsmanöver“

ÖVP-Generalsekretär Stocker sah hingegen „Ablenkungsmanöver“ durch den FPÖ-Chef und reagierte in einer Aussendung: „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.“ In Richtung Kickl erklärte er: „Weil er den FPÖ-Politiker und heutigen FPÖ-Landesrat (Christoph, Anm.) Luisser zum Polizeichef machen wollte, schränkte er die Ausschreibung auf das Kriterium ‚Jurist‘ ein – in der Hoffnung, so den qualifizierten Polizisten Franz Popp zu verhindern. Dabei ist es bis heute keinesfalls üblich, dass ein Landespolizeidirektor zwangsläufig ein Jurist sein muss.“

Popp hat FH-Masterstudienabschluss

Laut Sicherheitspolizeigesetz
besteht für jedes Bundesland eine Landespolizeidirektion, an deren Spitze der Landespolizeidirektor steht – mit Ausnahme von Wien, wo die Funktionsbezeichnung „Landespolizeipräsident“ gilt. Jedenfalls bestellt „der Bundesminister für Inneres den Landespolizeidirektor im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann“. Zum Landespolizeidirektor kann nur bestellt werden, „wer eine abgeschlossene akademische Ausbildung aufweist“.

Vom Innenministerium hieß es am Montag auf Anfrage, dass aktuell ein absolviertes Masterstudium für „Strategisches Sicherheitsmanagement“ oder ein abgeschlossenes Jus-Studium Voraussetzung für die Ernennung eines Landespolizeidirektors sind. Popp verfügt seit 2016 über einen FH-Master für ersteren Studiengang.

Kommission: „Im höchsten Maße geeignet“

Das Innenministerium – damals war der heutige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer Ressortchef – ersuchte im Juni 2020 das zuständige Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) unter Werner Kogler (Grüne) um Zustimmung zur Ernennung von Popp zum Landespolizeidirektor. Zuvor soll ihn die Bestellungskommission als „im höchsten Maße geeignet“ beurteilt haben. Das BMKÖS verwies aber darauf, dass Popp kein rechtswissenschaftliches Studium abgeschlossen hat. In zwei Fällen habe das Ministerium seit 2012 bei der Besetzung die Zustimmung erteilt, auch wenn der Kandidat über kein Jus-Studium verfügte, hieß es. Das war zunächst in Oberösterreich bei Andreas Pilsl und 2017 in Niederösterreich bei Konrad Kogler der Fall.

Bemängelt wurde vonseiten des BMKÖS, dass das Innenministerium – trotz Aufforderung durch das 2012 zuständige Bundeskanzleramt – keine Arbeitsplatzbeschreibung übermittelt habe, die sich für den Landespolizeidirektor auf Jus als zulässiges Hochschulstudium beschränke. „Strategisches Sicherheitsmanagement“ wurde aufgrund von juristisch-behördlichen Anforderungen „nicht als zweckmäßig“ erachtet. Dem Innenministerium wurde laut dem Mailverlauf vorgeschlagen, eine aktuelle Arbeitsplatzbeschreibung zu übermitteln.

NEOS sehen Postenschacher auf ÖVP-Seite

NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper kritisierte „unerhörten Postenschacher, der ein schiefes Licht auf das Amtsverständnis von Nehammer wirft, der als Kanzler gern von Leistung spricht. Aber die Taten sind andere: Für gewünschte Kandidaten werden gern die Anforderungen runtergefahren.“ Mit dem Postenschacher und der Freunderlwirtschaft der ÖVP müsse endlich Schluss sein, forderte Krisper in einer Aussendung: „Das ist auf Dauer ein nachhaltiger Schaden für Österreich.“