In den Niederlanden wird tagtäglich ganz selbstverständlich in die Pedale getreten. Fast 30 Prozent aller Wege werden dort mit dem Rad zurückgelegt. Zum Vergleich: In Niederösterreich sind es laut einer aktuellen Schätzung des Verkehrsclub Österreich etwa neun Prozent.
Mit der richtigen Raumplanung könne man den Radverkehr aber auch in Österreich weiter ankurbeln, so der Tenor beim heurigen Radgipfel in Wiener Neustadt. Es brauche „Städte der kurzen Wege“, ist der Verkehrsplaner Michael Skoric überzeugt. Er arbeitet mit Gemeinden zusammen, um deren Radinfrastruktur zu verbessern.
„Je dichter die Siedlungsentwicklung ist, desto eher wird das Fahrrad auch genutzt“, sagt Skoric. Darüber hinaus sei es von großer Bedeutung, dass Gemeinden zusammenarbeiten. „Das heißt, dass eben Radverbindungen nicht an der Gemeindegrenze enden, sondern darüber hinausführen, damit das Radfahren auch bei längeren Strecken attraktiv bleibt.“
Experte: „Brauchen keine Micky-Maus-Radwege“
Auch in punkto Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer gebe es noch Aufholbedarf, meint Klaus Robatsch, der Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit im Rahmen des Radgipfels. „Wir brauchen keine Micky-Maus-Radwege, sondern ausreichend breite Radwege.“
Außerdem würden geringere Tempolimits in vielen Fällen für mehr Sicherheit sorgen. „Wir brauchen auch einen besseren Umgang miteinander, ein gemeinsames Geschwindigkeitsniveau. Denn man sieht schon, dass die Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern zunehmen“, so Robatsch.
Tipps vom Vorzeigeland Niederlande
Tipps holte man sich beim Radgipfel in Wiener Neustadt aus den Niederlanden. Das holländische Erfolgsrezept setze sich aus mehreren Aspekten zusammen, ist Mirjam Borsboom, Verkehrsplanerin im niederländischen Infrastrukturministerium, überzeugt.
Es brauche die richtige Infrastruktur und man müsse die Menschen zum Radfahren motivieren. Dazu müsse man schon bei den Kleinsten ansetzen, betont die Expertin. Außerdem brauche es einen regen Austausch zwischen allen Verantwortungsträgern, NGOs und den Bürgerinnen und Bürgern.
In den Niederlanden setzt man beispielsweise auf das Rad für den Arbeitsweg und arbeitet mit Unternehmen zusammen, etwa dem Amsterdamer Flughafen. „Viele der Angestellten des Flughafens leben nicht weit entfernt, trotzdem sind früher viele mit dem Auto gekommen. Jetzt ist die Radinfrastruktur rundherum viel besser und viel mehr Menschen fahren mit dem Rad. Es ist toll, mit den Unternehmen zusammenzuarbeiten, weil sie so auch glücklichere und gesündere Mitarbeiter bekommen“, erklärt Borsboom.
Land: „Jeder soll Verkehrsmittel selbst wählen“
In Niederösterreich hat die ÖVP vor drei Jahren das Motto ausgegeben: „Radverkehr bis 2030 verdoppeln“ – mehr dazu in Niederösterreich will Radverkehr verdoppeln (noe.ORF.at; 25.05.2021). Davon ist im mittlerweile FPÖ-geführten Verkehrsressort keine Rede mehr. Zwar will man die aktive Mobilität fördern und unterstützen, etwa mit Förderungen für Radverkehrsanlagen oder Radkursen, heißt es auf Anfrage.
In einer Stellungnahme gegenüber noe.ORF.at betont der für den Verkehr zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) aber, „dass jeder für sich selbst entscheiden soll, welches Verkehrsmittel gewählt wird.“ Man habe im Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP ein ganz klares Bekenntnis zum motorisierten Individualverkehr verankert.