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Umwelt

Land erleichtert Abschüsse von Wölfen

Die Landesregierung hat am Dienstag eine neue Wolfsverordnung beschlossen. Anlass dafür war, dass es zuletzt im Waldviertel immer wieder vereinzelt Schafsrisse gab. Die Reform bringt mehr Herdenschutzmaßnahmen, aber auch leichtere Abschüsse von Wölfen.

Der Wolf ist zurück in Niederösterreich und sorgt damit für viel Diskussion, nicht zuletzt, wenn ein Raubtier wie in Langschlag (Bezirk Zwettl) Schafe reißt oder offenbar die Scheu vor dem Menschen verloren hat. In der Bevölkerung sorgt die Anwesenheit für Sorgen, einige fühlen sich gar „in ihrer subjektiven Sicherheit bedroht“, erklärt der zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten.

Für Wölfe, die ein problematisches, unerwünschtes Verhalten zeigen, gibt es zwar schon bisher einen klaren Stufenplan. Allerdings: Für Vergrämungsmaßnahmen wie Schreckschüsse bzw. letztlich auch den Abschuss braucht es einen Bescheid der Behörde. Bis dieser vorliegt, würde in der Praxis aber zu lange dauern, hieß es bei der Präsentation der neuen Verordnung.

Jäger dürfen selbst handeln

Deshalb sind Jägerinnen und Jäger künftig per Verordnung automatisch berechtigt, bei Vorliegen bestimmter Kriterien zu handeln, etwa wenn sich ein Wolf innerhalb kurzer Zeit wiederholt einer Siedlung nähert, Nutztiere reißt oder keine Scheu zeigt. Für vier Wochen dürfen Jäger dann in diesem konkreten Gebiet das Tier vergrämen bzw., wenn das nichts hilft, schießen. „Wir sehen, dass der Wolf in Österreich heimisch geworden ist, oft zum Leidwesen von Nutztieren“, sagt Pernkopf.

Jäger mit Gewehr
APA/BARBARA GINDL
Jäger sind künftig automatisch berechtigt, bei Vorliegen bestimmter Kriterien Wölfe zu vergrämen bzw. zu schießen

Nach jedem Warn- oder Abschuss ist „sofort“ der Jagdausübungsberechtigte des jeweiligen Gebiets zu informieren. Weiters muss binnen 24 Stunden eine telefonische oder schriftliche Meldung an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gehen. Von dieser wird dann die Untersuchung bzw. Probennahme übernommen. Die Jäger sollen dafür in den nächsten Wochen geschult werden.

Durch die neuen Vorgaben können künftig aber auch „unbescholtene“ Wölfe geschossen werden, die bisher unauffällig waren, wie etwa zuletzt in Kärnten. Denn ob ein Wolf bereits zuvor Nutztiere riss oder sich erstmals einer Siedlung näherte, lässt sich erst im Nachhinein anhand von genetischen Gutachten überprüfen. „Das ist in ganz Europa so“, so der Landesrat.

Förderung von Schutzmaßnahmen

Bei Rissen gibt es für die betroffenen Landwirtinnen und Landwirte zudem weiter finanzielle Entschädigungen. Außerdem werden Förderungen von Herdenschutzmaßnahmen wie Elektrozäune erhöht. Das Land übernimmt künftig 80 statt bisher 50 Prozent, und zwar in ganz Niederösterreich. Darüber hinaus bekommen künftig auch Pferde-, Alpaka- und Lamabesitzerinnen und -besitzer Schutzmaßnahmen gefördert.

Herdenschutzhunde
ORF
In Niederösterreich würden Elektrozäune bisher in den meisten Fällen ausreichend Schutz bieten, so der WWF

Wildbiologe Klaus Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur Wien, spricht von wichtigen Begleitmaßnahmen: „Wir haben die Kenntnisse verloren, wie man mit dem Wolf zusammenlebt, wir haben den Schutz unserer Tiere auf den Almen aufgegeben. Das müssen wir wieder etablieren, da ist noch viel Luft nach oben.“ Und auch das Wolfsmonitoring sei noch „verbesserungswürdig“, meint der Experte.

In Niederösterreich gab es bis dato keinen Abschuss eines Wolfes. Vergrämungsbescheide wurden 2018 (für zehn Jagdgebiete) und 2022 (in neun Jagdgebieten) ausgestellt. Für Hackländer muss der aktuelle Schutzstatus des Wolfes „der Realität angepasst und abgeschwächt werden“. Die Population wachse in Europa um ein Drittel pro Jahr, seit Jahren sei das Tier „nicht mehr gefährdet“.

WWF: Verstoß gegen EU-Recht

Weil die Behörde künftig keine Bescheide mehr ausstellt, hat jedoch die Öffentlichkeit keine Möglichkeit mehr, gegen Entscheidungen wie Abschüsse rechtlich vorzugehen. Das verstößt laut dem Wolfsexperten des WWF, Christian Pichler, gegen die Aarhus-Konvention und somit gegen EU-Recht. Pernkopf sagt dazu: „Wir haben Experten beigezogen, und die schätzen es als rechtskonform ein.“

Die Investitionen bzw. Maßnahmen in Herdenschutzmaßnahmen begrüßt der WWF-Experte hingegen, ebenso, dass weiterhin der Stufenplan gilt. Generell habe Pichler in Niederösterreich das Gefühl, „dass es einen Konsens gibt, dass der Wolf zurückgekehrt ist und auch hierbleiben wird.“ In Kraft treten soll die Verordnung am 3. April und vorerst zwei Jahre gelten.

Der für Tierschutz zuständige Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) begrüßte die Novelle am Dienstag als „eine Lösung mit Hausverstand“. Der Schutzgedanke dürfe nicht beim Wolf enden, man müsse „auch an die durch ihn gefährdeten Tiere denken“. Positive Signale zur neuen Verordnung kamen auch von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, weil „der Schutz und die Sicherheit von Mensch und Tier absoluten Vorrang haben“.