100 Jahre NÖ 1982 Orth/Donau FSME Pharma Impfstoff
Takeda
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„100 Jahre NÖ“

Versteckter Impfstoff für die ganze Welt

Erfindergeist und Pionierarbeit prägen den Pharmastandort in Orth an der Donau. Seit der Eröffnung 1982 läuft hier – versteckt am Rande der Donau-Auen – etwa die Produktion des globalen FSME-Impfstoffes. Wegen Tierversuchen geriet der Standort einst in Kritik.

Ruhe und Abgeschiedenheit – das waren die Gründe, weshalb sich die Immuno AG – bis zur Jahrtausendwende einer der größten Pharmabetriebe in Österreich – in Orth an der Donau (Bezirk Gänserndorf) niederließ. 1982 eröffnete das Unternehmen am Rande der Ortschaft, unmittelbar neben der Donau, ein biomedizinisches Forschungszentrum.

Dieses Forschungszentrum war vor allem den Gründern der Immuno AG, den Chemikern Johann Eibl und Otto Schwarz, ein großes Anliegen. In Wien sei der Platz dafür damals nicht vorhanden gewesen, erzählt Herwig Brudik, der seit 1989 am Standort arbeitet. In Orth weckte man stattdessen ein ehemaliges Sägewerk, das im Zweiten Weltkrieg völlig zerbombt wurde und über Jahrzehnte eine Ruine war, zu neuem Leben.

„Nie gedacht, dass die Firma so groß wird“

Die im Jahr 1960 gegründete Immuno AG errichtete zunächst 1966 in Wien das erste Plasmapheresezentrum Europas. Die Immuno AG beschäftigte sich mit der Fraktionierung von menschlichem Plasma, einem Impfstoff gegen FSME und der Herstellung von Fibrinkleber (Gewebekleber). „Es hat sich eine Firma angesiedelt, bei der man nie gedacht hat, dass sie einmal so groß wird“, erinnert sich der heutige Bürgermeister Johann Mayer (ÖVP), der auf der Baustelle damals auch sein erstes Praktikumsgeld verdiente.

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Das ehemalige Sägewerk in Orth an der Donau, das während des Zweiten Weltkrieges völlig zerstört wurde

Der Fokus in Orth lag zunächst auf der bakteriologischen Forschung, zusätzlich wurde hier auch die Qualitätskontrolle der Medikamente gebündelt, etwa von Blutplasmaprodukten. 1982 startete man mit etwa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Großteil wurde von Wien ins Marchfeld gelockt, doch schon damals bekamen auch Einheimische Jobs. So gefiel etwa einem Lkw-Fahrer einer Betonfabrik der Standort so gut, dass er sich als Portier bewarb.

Rot-weiß-rote Erfolgsgeschichte

Die Produktion des bis heute bekannten FSME-Impfstoffes blieb zunächst noch in Wien verankert, wurde aber in den folgenden Jahren sukzessive von Wien ins Marchfeld verlagert. „Das Ziel war hier den Impfstoff zu verbessern und eine höhere Ausbeute zu erzielen“, sagt Brudik. Die Entwicklung des FSME-Impfstoffes gilt in der Branche heute auch als rot-weiß-rote Erfolgsgeschichte.

Zum ersten Mal nachgewiesen wurde das von Zecken übertragene FSME-Virus vor mehr als 100 Jahren in der Gegend von Wiener Neustadt. Christian Kunz vom Institut für Virologie der Universität Wien schaffte es 1973 erstmals, eine kleine Menge Versuchsimpfstoff zu entwickeln. „Mein Mitarbeiter, Dr. Hofmann, und ich haben uns gegenseitig geimpft und warteten ab, wie der Test ausgehen würde“, schilderte Kunz einst in einem Interview.

1973: Neue Impfung gegen FSME-Virus

Bereits 1976 startete die Immuno AG mit der industriellen Herstellung des Impfstoffes. Zunächst wurden nur Risikogruppen wie Land- und Forstarbeiter geimpft. Nachdem im Jahr 1979 aber dennoch 677 FSME-Erkrankungsfälle dokumentiert wurden, startete 1981 die erste breit angelegte Informationskampagne – mit Erfolg: Die Durchimpfungsraten liegen seit Jahren konstant über 80 Prozent, wodurch die Erkrankungsfälle auf 50 bis 100 Fälle pro Jahr reduziert werden konnten.

Zeckengefahr

Viele Zeckenarten sind bedeutende Krankheitsüberträger. Einige von ihnen übertragen das FSME-Virus. Gegen die ausgebrochene Erkrankung gibt es keine Therapie, die Symptome der Erkrankung können nur so gut wie möglich gemildert werden. Es gibt auch keine Impfung danach. Ein Zeckenstich kann daher das ganze Leben verändern. Die FSME-Impfung gilt laut Expertinnen und Experten als die wichtigste Prävention und bietet den effektivsten Schutz gegen die Erkrankung.

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Die Herstellung des Impfstoffs ist aber komplex. Ein einziger Produktionsdurchlauf dauert etwa neun Monate. Aktuell produziert Pfizer, das die Impfstoffproduktion 2014 von Baxter übernahm, in Orth an die 14 Millionen Impfdosen pro Jahr. "Das Werk ist ein wichtiger Produktionsstandort, darauf sind wir stolz“, betonte Robin Rumler, Geschäftsführer der Pfizer Corporation Austria, im Jahr 2016, anlässlich des 40-jährigen Impfstoffjubiläums.

Auch, weil die Liste der Länder, in denen der FSME-Impfstoff gebraucht wird, mittlerweile immer länger werde. Allein in Europa gibt es heute etwa 30 Länder mit Endemiegebieten. Jährlich werden mehrere tausend Erkrankungsfälle gemeldet. FSME kommt jedoch auch in Russland und Übersee wie Asien vor. Auch in Österreich ist eine Ausbreitung zu beobachten, zum Beispiel in den Talgebieten Tirols, wo immer wieder neue Infektionsorte gefunden werden.

Pionierarbeit und „Forschergeist“

Diese Pionierarbeit war es auch, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort von Beginn an begeisterte. Brudik spricht gar von einer „Gründerzeitstimmung“: „Es war damals ein riesiger Forschergeist vorhanden, die Mitarbeiter waren motiviert, nach Orth zu kommen.“ Auch weil man noch nicht erahnen konnte, „wie sich das alles entwickeln wird“.

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Das Forschungszentrum in Orth wurde im Laufe der Jahres immer wieder erweitert – von anfänglich fünf bis heute auf 36 Gebäude

In dieser Zeit konzentrierte man sich zum einen auf virale Impfstoffe, andererseits auch auf die Herstellung von Antikörpern – aber alles im Stadium der Forschung und nicht der konkreten Entwicklung, betont Brudik. Denn normalerweise bekommt man als Mitarbeiter ein Produkt, „das dann 20 Jahre lang produziert wird“. Als reines Forschungslabor konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier aber mit vielen verschiedenen Viren unterschiedlicher Sicherheitsklassen arbeiten.

Brudik konnte etwa mit den hochansteckenden Vogelgrippeviren experimentieren, „wo wir wie in Science-Fiction-Filmen mit Anzügen mit eigener Belüftung gearbeitet haben, eine wahnsinnig spannende Zeit“. Ziel sei immer gewesen, etwas zu erfinden, „das den Menschen hilft“. Die Forschung war oft auch Basis für weitere Entwicklungen, die bis heute nachwirken. Dieses Wissen würde den Standort bis heute attraktiv machen, ergänzt der heutige Standortleiter, Marian Bendik.

Angst vor Kobaltkanone

Der Standort sei über die Jahre stetig gewachsen, wobei „nicht alles immer unumstritten war“, erinnert sich Bürgermeister Mayer. In den 1990er Jahren sollte etwa eine sogenannte Kobaltkanone zum Einsatz kommen – ein Strahlentherapiegerät, das als Quelle ihrer Gammastrahlung das Radionuklid Cobalt-60 enthielt. „Das ist in der Medizin etwas ganz Natürliches, zur gezielten Bestrahlung von Zellen“, sagt Mayer.

Doch in der Bevölkerung sorgte das für Angst und Aufregung, nach dem Motto: „Wir wollen nichts Atomares im Ort, wir wollen damit nichts zu tun haben“, erzählt der heutige Ortschef. Seitens der Gemeinde musste man viel Überzeugungsarbeit leisten. Zudem gab es Sorgen, was etwa passiert, „wenn es dort brennt“. Mit gemeinsamen Übungen der örtlichen und Betriebsfeuerwehr konnte man die Ängste abbauen, „und jetzt spürt man sie gar nicht mehr“.

Neuer Eigentümer aus dem Ausland

Bis Mitte der 1990er Jahre stieg die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf etwa 300. Allerdings wuchs in dieser Zeit auch die Erkenntnis, dass die Immuno AG am globalen Markt in seiner Größe nicht mehr mitspielen kann. Der Betrieb erwirtschaftete damals einen Umsatz von etwa 320 Millionen Euro. Deshalb wurde das Geschäft 1996 an den US-Konzern Baxter verkauft, der in Österreich bis dahin nur ein Vertriebsbüro hatte.

Damit begann laut Mayer ein großer Aufschwung: „Der Standort ist exorbitant gewachsen, man hat erst gemerkt, welches Potenzial hier vorhanden ist.“ Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stieg auf mehr als 1.000, Baxter war damit auch der mit Abstand größte Steuerzahler und Orth war damals sogar eine Einpendlergemeinde, hatte also mehr Arbeitsplätze als arbeitende Bewohnerinnen und Bewohner.

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Der Pharmastandort liegt am Rande von Orth an der Donau bzw. des Nationalparks Donau-Auen

Diese Entwicklung machte die Gemeinde auch über die Region hinaus bekannt. „Jeder war stolz auf Orth, wenn man irgendwo hingekommen ist, wusste sofort jeder, dass Immuno bzw. Baxter dort ist“, erzählt Mayer, der damals schon Bürgermeister war. Der große Vorteil des Standorts sei gewesen, dass hier sowohl Entwicklung als auch Produktion stattfinden, ebenso die Qualitätskontrolle.

Das verschaffte Baxter nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 auf die Twin Towers in New York auch einen Großauftrag. Damals wurden laut Mayer – vor allem in den USA – „terrormäßig“ Pockenviren verschickt, weswegen sich die Vereinigten Staaten mit Impfstoffen rüsten wollten. Baxter erhielt den Zuschlag, „weil man eben alles an einem Standort erledigen konnte, was viel schneller ging“. Damals war sogar eine eigene Delegation aus Amerika in Orth, „weil sie das nicht glauben konnten“.

Versuchstierhaltung sorgt für Kritik

In der Öffentlichkeit wurde Baxter in dieser Zeit vor allem mit den Aids-Affen in Zusammenhang gebracht, die aus der Zeit unter Immuno AG in Orth für Forschungszwecke gehalten wurden. Ab Mitte der Achtzigerjahre wurden junge Schimpansen mit dem HI-Virus infiziert, um an ihnen die Wirksamkeit eines Impfstoffs gegen Aids zu testen. Rückblickend weiß man, dass der Versuch vergebens war, die Forschung konnte keine Erkenntnisse aus den Experimenten gewinnen, die an mehr als 40 Schimpansen durchgeführt wurden.

Immuno AG forscht an Aids-Impfung

Nach der Firmenübernahme stand Baxter vor der Frage: Wohin mit den schwer versehrten Schimpansen, von denen einige mit gefährlichen Erregern infiziert sind? Schließlich wurden die 150 Affen, darunter 45 Schimpansen, in eine von Baxter finanzierte Anlage im Safaripark Gänserndorf gebracht. Nach dessen Konkurs im Jahr 2004 übernahm fünf Jahre später Gut Aiderbichl die Betreuung der Tiere.

Der Großteil der Tiere stammte aus Wildfängen aus Westafrika. Um Schimpansenbabys zu fangen, wurden die erwachsenen Tiere von Affenfängern getötet. Seit 2006 sind Versuche an Menschenaffen in Österreich verboten. Im Interview mit noe.ORF.at will man sich bei Takeda, dem heutigen Standortbetreiber, dazu nicht weiter äußern – nur so viel: „Die Forschung für lebensrettende Therapien hat sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich weiterentwickelt.“

Hilfe bei Bluterkrankheit

Im Forschungszentrum Orth wurden unterdessen insbesondere Impfstoffe und gentechnisch gewonnene therapeutische Proteine entwickelt. Das betraf etwa ein gentechnisch hergestelltes Faktor-VIII-Konzentrat zur Behandlung der Hämophilie A, das im Herstellungsprozess ohne Zusatz von menschlichen oder tierischen Plasmaproteinen auskommt. Patienten mit Hämophilie A können den für eine wirksame Blutgerinnung notwendigen Gerinnungsfaktor VIII nicht oder nicht ausreichend bilden.

Ohne die Zufuhr von solchen Präparaten kommt es zu häufigen und schmerzhaften Blutungen, vor allem in den Gelenken, teilte Baxter 2007 in einer Aussendung mit. Ohne Behandlung würden die von der schweren Form dieser Erkrankung betroffenen Patientinnen und Patienten oftmals schon im Kindesalter sterben. Durch prophylaktische Behandlung würden die Patientinnen und Patienten eine weitgehend normale Lebenserwartung erreichen.

Schnellere Impfstoffproduktion

Als weiteren medizinischen Meilenstein für die Herstellung von Impfstoffen entwickelten Forscher in Orth die Vero-Zell-Technologie. Damit war Baxter 2007 etwa in der Lage – während weltweit über eine Ausbreitung des Vogelgrippe-Virus gerätselt wurde – in nur zwölf Wochen einen Impfstoff herzustellen. Das war deutlich schneller als mit bebrüteten Hühnereiern, die damals bei der herkömmlichen Produktion von Grippeimpfstoffen eingesetzt wurden.

2006: Baxter entwickelt neuen Impfstoff gegen Vogelgrippe

„Die Vero-Zell-Technologie, die wir in Orth entwickelt haben, hat sich als Plattform für die Herstellung von ganz unterschiedlichen Impfstoffen bewährt“, meinte damals Noel Barrett, Baxter-Vorstand und verantwortlich für die Forschungsaktivitäten. Durch die Technologie erhielt das Pharmaunternehmen neben dem H5N1-Impfstoff auch Aufträge zur Entwicklung bzw. Herstellung von SARS- und Pockenimpfstoffen. „Unsere Impfstoffkompetenz ist weltweit anerkannt“, sagte Barrett.

Laborfehler bei der Impfstoffentwicklung

Anfang 2009 wurde experimenteller Impfstoff, der mit Vogelgrippe-H5N1-Viren kontaminiert war, von Baxter Österreich jedoch an mehrere europäische Laboratorien versandt. Der gefährlichere Subtyp des Influenzavirus wurde mit dem harmloseren Subtyp der saisonalen Influenza vermischt. Als in einem Labor in Tschechien Versuchstiere starben, wurde die Verwechslung aufgedeckt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit den Proben in Kontakt gekommen waren, wurden prophylaktisch antiviral behandelt.

Baxter gab gegenüber den Behörden eine Stellungnahme zum Hergang des Unfalls ab. Das österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen führte eine Inspektion der Produktionsstätte durch und das Material wurde vernichtet. Auch dazu will man sich in Orth heute nicht mehr äußern. „Die Ereignisse betreffen ein Vorgängerunternehmen. Nach dem Ereignis wurden auf globaler Ebene umfassende Sicherheitsmaßnahmen eingeführt.“

450 Mitarbeiter verlieren Jobs

Mitte der 2010er Jahre kam es am Standort zu einer Aufgliederung. 2014 kaufte Pfizer die Impfstoffproduktion. Das Unternehmen produziert hier seither neben dem FSME-Impfstoff auch einen Impfstoff zum Schutz vor Meningokokken für den weltweiten Export und beschäftigt etwa 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 2016 übernahm der irische Pharmakonzern Shire den restlichen Standort von Baxter bzw. Baxalta und sparte drastisch ein. 450 Mitarbeiter verloren ihren Job.

2017: Shire meldet Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Kündigung an

Allerdings wurden damals auch die Weichen für die Entwicklung von Gentherapie gelegt, eine Veränderung, die nur langfristig möglich sei, wie Bendik betont. Seit 2019 gehört der ehemalige Shire-Standort zum globalen biopharmazeutischen Unternehmen Takeda, das sich auf Produkte gegen seltene bzw. komplexe Erkrankungen konzentriert. Bei Takeda in Orth an der Donau arbeiten heute 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Neue Pharmastrategie

In Takeda in Orth an der Donau liegt der Fokus deshalb auf der Herstellung von Gen- und Zelltherapieprodukten und Biologika, was eine Vielzahl der modernsten pharmazeutischen Anwendungen umfasst, erzählt Bendik: „Innovation liegt in unseren Genen. Mit unserer Gen- und Zelltherapieplattform haben wir eine Spitzentechnologie zur Verfügung und sind stolz auf unsere Innovationskraft."

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Takeda/Jürgen Hammerschmid
Bei Takeda konzentriert man sich heute in Orth auf die Herstellung von Gen- und Zelltherapieprodukten und Biologika

Ziel sei es damit, „eine potenzielle Heilung der Patienten“ zu erreichen, sagt Bendik. Derzeit müssen etwa Patientinnen und Patienten zweimal pro Woche Medikamente einnehmen, mit der Gentherapie soll künftig eine einzige Verabreichung bzw. viel weniger ausreichen, erzählt der Pharmaexperte, der den Patienten damit „potenziell geheilt“ sieht. Derzeit durchlaufen mehrere Medikamente klinische Testungen.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 5.8.2022

Orth ist im Takeda-Konzern auch der Standort, an dem das für die Gentherapie nötige Material auch gleich produziert wird. Zudem werden hier etwa 30 kommerzielle Produkte, nämlich Biologika, plasmabasierte Produkte und Gentherapien, die weltweit hergestellt werden, auf deren Qualität kontrolliert und bekommen letztlich die Freigabe für den Markt oder nicht.

Ein Standort mit Zukunft

„Takeda ist von unserer Expertise sehr abhängig“, sagt Bendik. Deshalb sieht er den Standort in Orth auch gut abgesichert, ebenso wegen den „Know-hows der Mitarbeiter, das ist einzigartig“, und das würde sich in einer für die Branche langen Betriebszugehörigkeit widerspiegeln. Das sei auch notwendig, immerhin dauert die Entwicklung von solchen Medikamenten viele Jahre und bedeutet für den Konzern immer auch ein hohes Risiko.

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Takeda/Anna Rauchenberger
Das Forschungszentrum in Orth sieht man bei Takeda für die Zukunft gut abgesichert

Neben Takeda sind am Standort in Orth auch Pfizer und das deutsche Pharmaunternehmen Evotec tätig. Und trotz der großen Bedeutung des Standortes auch in der Vergangenheit würde er von vielen – selbst in der Branche – nach wie vor unterschätzt, sagt Bendik: „Wenn man nach Orth auf Google Maps sucht, sieht man einen kleinen Standort, verglichen mit Wien oder Boston, aber wenn sie einmal hier sind, sind sie immer sehr positiv überrascht.“

Davon erzählt auch Bürgermeister Johann Mayer, der mit der Übernahme von Takeda vor zwei Jahren „jetzt wieder einen Aufschwung“ bzw. „ein stetiges Wachstum“ erkennt, was eine Bestätigung für den Standort sei. Immerhin sei bei der Gründung „niemand auch nur annähernd auf die Idee gekommen, dass dieser Standort einmal zu einem international tätigen Pharmakonzern gehören wird und dadurch weltweit bekannt und anerkannt ist“.