Landhaus in St. Pölten
ORF.at/Roland Winkler
ORF.at/Roland Winkler
Wahl 23

Spannende Ausgangslage vor Landtagswahl

Niederösterreich wählt am 29. Jänner einen neuen Landtag. Die Absolute der ÖVP zu brechen, ist das Ziel aller anderen Parteien und wird wohl auch gelingen. Die Volkspartei wird in ihrem Kernland wahrscheinlich einen Koalitionspartner brauchen.

Zum zweiten Mal in der Geschichte des Bundeslandes Niederösterreich nach 2018 findet die Landtagswahl wieder im Jänner statt. Es gibt exakt 1.288.838 Wahlberechtigte. Vor fünf Jahren waren es noch 97.518 mehr. Der Rückgang der Wahlberechtigten ist darauf zurückzuführen, dass bei dieser niederösterreichischen Landtagswahl erstmals Zweitwohnsitzer nicht wahlberechtigt sind.

Die selben Spitzen wie schon 2018

Landesweit am Stimmzettel stehen werden am 29. Jänner die Landtagsparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS. Dazu kommen in einzelnen Wahlkreisen die KPÖ, MFG (Menschen – Freiheit – Grundrechte) und die von Ex-MFG-Politikern gegründete Liste „Mein Ziel“. Der nächste Landtag wird somit wohl wieder aus den fünf etablierten Parteien bestehen. Alle Landtagsparteien gehen mit denselben Spitzenkandidatinnen und -kandidaten wie schon vor fünf Jahren in die Wahl.

Grafik mit dem Ergebnis der Landtagswahl 2018
ORF
Das Ergebnis der Landtagswahl 2018

2018 konnte die ÖVP – wenn auch knapp – mit 49,6 Prozent die absolute Mandatsmehrheit halten. Auf Platz zwei landete die SPÖ mit 23,9 Prozent. Die FPÖ kam vor fünf Jahren auf Platz drei mit 14,8 Prozent, die Grünen erreichten 6,4 Prozent und NEOS 5,2 Prozent.

In Mandaten gespiegelt schaut das im Landtag seit 2018 so aus: 29 hält die ÖVP, 13 die SPÖ, acht die freiheitliche Partei. Bei jeweils drei Mandaten halten Grüne und NEOS, damit haben beide keinen Klubstatus, dürfen somit eigenständig etwa keine Anträge und Aktuelle Stunden im Landtag stellen beziehungsweise beantragen.

Grafik mit der Mandatsverteilung nach der Landtagswahl 2018
ORF
Die Mandatsverteilung nach der Landtagswahl 2018

ÖVP kämpft auch um Absolute in der Landesregierung

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner geht zum zweiten Mal an der Spitze der ÖVP ins Rennen. 2018 hatte sie vom türkisen Rückenwind unter dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz profitiert, mittlerweile weht aus dem Bund aber ein rauer Gegenwind, mit all den Teuerungskrisen und den Nachrichten rund um Korruptionsermittlungen.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 1.1.2023

Die absolute Mehrheit wird man im Volkspartei-Kernland wohl verlieren. Wichtig erscheint aber auch die Mehrheit in der Landesregierung, wo die Sitze mittels Proporzsystem verteilt werden. Die ÖVP stellt derzeit sechs der neun Mitglieder. Verliert sie eines davon, hätte sie in der Landesregierung noch immer die Absolute.

VP-Spitzenkandidatin und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Erwin Pröll am 28. Jänner 2018, anlässlich der niederösterreichischen Landtagswahl in St. Pölten
APA/HELMUT FOHRINGER
2018 verteidigte Mikl-Leitner in ihrer ersten Wahl als Landeshauptfrau die Absolute der ÖVP

Dass die ÖVP das Land fest im Griff hat, zeigen die bisher 16 Landtagswahlen: Elf Mal kam sie über 50 Prozent, sonst reichte es meist noch für die Mandats-Absolute. Nur zwei Mal war das nicht der Fall, bei Erwin Prölls ersten Wahlen. 1993 musste die Volkspartei das bisher schwächste Ergebnis (44,2 Prozent) verantworten – nachdem sie zuvor schon das größte Minus (6,95 Prozentpunkte) erlitten hatte. Zum Koalitionspartner nahm sich Pröll die SPÖ.

Wer nach dem 29. Jänner dafür infrage kommt, hat Mikl-Leitner bisher ebenso wenig wissen lassen wie ihr Wahlziel. Nicht nur mit der SPÖ, sondern auch mit der FPÖ hat Mikl-Leitner 2018 trotz der Absoluten Arbeitsübereinkommen geschlossen – mehr dazu in ÖVP präsentiert Kandidaten-Liste mit Appell (noe.ORF.at; 27.12.2022).

Für die SPÖ geht es um Regierungsverantwortung

Auch Franz Schnabl geht zum zweiten Mal für die SPÖ ins Rennen. Der ehemalige Polizeibeamte ist seit fünf Jahren Landeshauptfrau-Stellvertreter und möchte mit seiner Partei deutlich stärker werden. Zahlen nannte er bis dato aber keine. Schafft er nicht mehr als die gerade 0,2 Prozentpunkte Zuwachs, mit denen sich die Oberösterreicher und Tiroler 2020 bzw. 2021 begnügen mussten, könnte das freilich Konsequenzen haben – sowohl im Land als auch im Bund – und auch bedeuten, dass die SPÖ wie in Tirol in Niederösterreich erstmals hinter der FPÖ auf Platz drei landet.

SPÖ-Wahlplakat vor der Landtagswahl
ORF
Die SPÖ hofft in der zweiten Landtagswahl unter Franz Schnabl auf Zugewinne

Zufrieden sein könnte Schnabl mit den 2,35 Prozentpunkten Plus, die die SPÖ 2018 in seiner ersten Wahl lukriert hat. Das war der erste rote Wählerzuwachs seit 15 Jahren, und auch das zweitschlechteste Ergebnis seit 1945, aber doch deutlich mehr als der historische Tiefststand von 21,6 Prozent 2013. Aktuell ist Schnabl Landeshauptfrau-Stellvertreter und Ulrike Königsberger-Ludwig SPÖ-Landesrätin – mehr dazu in Wenig Überraschungen auf SPÖ-Landesliste (noe.ORF.at; 12.12.2022).

FPÖ könnte SPÖ gefährlich nahe kommen

Für die FPÖ steigt Udo Landbauer zum zweiten Mal in den Ring. Dieses Mal allerdings mit sehr hohen Zielen, denn schon im Dezember stellte der FPÖ-Spitzenkandidat den Landeshauptmann-Anspruch. Als Landeshauptmann möchte er, wie er sagte, Niederösterreich „aus der Krise führen“ – mehr dazu in Landbauer stellt Landeshauptmann-Anspruch (noe.ORF.at; 21.11.2022). Durch das Aufflammen der Themen Asyl und Teuerung sagen die meisten Meinungsumfragen deutliche Zugewinne für die Freiheitlichen voraus.

Platz zwei scheint diesmal möglicherweise erreichbar in jenem Bundesland, das für die Freiheitlichen bisher immer ein schwieriges Pflaster war. Erst 1988 zogen sie in den Landtag ein, seither schwankten ihre Wahlergebnisse in der beachtlichen Breite von 4,5 Prozent (2003 nach dem Knittelfeld-Krach in der Bundespartei) bis 16,1 Prozent 1998 (kurz vor dem Schwenk zu Schwarz-Blau im Bund).

Wahlplakat der FPÖ vor der Landtagswahl
ORF
Auch die FPÖ hat auf ihren Wahlplakaten den Spitzenkandidaten im Fokus

Heuer könnte der Wiener Neustädter Landbauer das Wahlziel erreichen, das ihm 2018 die „Liederbuch-Affäre“ vermasselt hat – nämlich das beste FPÖ-Ergebnis aller Zeiten – mehr dazu in Wahl23: Landbauer ist FPÖ-Spitzenkandidat (noe.ORF.at; 15.11.2022). Derzeit stellt die FPÖ wegen des Proporzsystems mit Gottfried Waldhäusl auch einen Landesrat.

Grüne und NEOS wollen Klubstärke

Ziel der Grünen, die mit der Badener Vizebürgermeisterin Helga Krismer wieder in die Wahl gehen, ist es freilich, den Klubstatus – also das vierte Mandat – wiederzubekommen. Als bisher einzige Partei sind die Grünen bereits Ende November offiziell in den Wahlkampf gestartet – mehr dazu in Wahlkampfauftakt „gegen fossile Dinosaurier“ (noe.ORF.at; 27.11.2022). Einmal mehr liegt der Fokus der Grünen auf dem Thema Klimaschutz.

Auch NEOS strebt den Klubstatus an. 2018 hat die Partei gleich im ersten Anlauf die Landtagshürde in Niederösterreich genommen. Spitzenkandidatin ist auch heuer wieder Indra Collini. Sie kann durchaus zuversichtlich in die Wahl gehen: Nach den Umfragen ist sowohl das vierte Mandat drinnen als auch möglicherweise der vierte Platz vor den Grünen – mehr dazu in NEOS mit 124 Wahlkreiskandidaten (noe.ORF.at; 22.12.2022).

NEOS- und Grüne-Wahlplakate vor der Landtagswahl
ORF
Grüne und NEOS haben ein gemeinsames Ziel: ein viertes Mandat und somit Klubstatus im Landtag

Kleinparteien kandidieren in einzelnen Wahlkreisen

Keine Aussichten auf Mandate haben drei Parteien, die nur in einzelnen Wahlkreisen am Stimmzettel stehen. Für „MFG Österreich – Menschen Freiheit Grundrechte“ zeigte sich schon beim Sammeln der Unterstützungserklärungen, dass die besten Zeiten vorbei sind. Es reichte nur in fünf der 20 Wahlkreise. Der Partei ist nicht nur das Hauptthema – die Kritik an Coronavirus-Maßnahmen und -Impfung – abhandengekommen, sondern mittlerweile auch schon viel Personal. Damit ist ein Einzug in den Landtag, wie er 2021 in Oberösterreich gelang, in Niederösterreich nicht in Sicht.

Zwei Ex-MFGler treten im Wahlkreis Amstetten mit einer neuen Liste, „Dein Ziel“, an – darunter die zwei Stadtsenats-Mitglieder aus Waidhofen an der Ybbs, wo MFG im Jänner 2020 überraschend Platz drei geholt hatte.

Nach einer Pause kandidiert jetzt auch die KPÖ – als „KPÖ plus – offene Liste“ – wieder, aber nur in vier Wahlkreisen. Sie wurde von den Niederösterreichern schon einmal in den Landtag gewählt, allerdings vor langer Zeit – bei den ersten drei Wahlen der Zweiten Republik, 1945 bis 1954.