Rathausplatz St Pölten
ORF.at/Christian Öser
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Kultur

Kulturhauptstadt: Der Countdown läuft

Am Dienstagvormittag fällt die Entscheidung, ob St. Pölten den Zuspruch zur Europäischen Kulturhauptstadt für das Jahr 2024 bekommt. Neben der Landeshauptstadt sind auch Dornbirn und Bad Ischl im Rennen. Alle drei Bewerber haben einen langwierigen Bewerbungsprozess hinter sich.

In St. Pölten ging die ursprüngliche Initiative für eine Bewerbung von einer Bürgerinitiative aus. 2016 sahen bereits einige engagierte Bürgerinnen und Bürger die große Vision für St. Pölten und gründeten die Plattform „Kulturhauptstart“. Sie wollten die politischen Verantwortlichen zu einer Bewerbung bewegen. Zahlreiche Gespräche, Diskussionen, Workshops und Veranstaltungen folgten. „Wir haben bereits eineinhalb Jahre vor der politischen Entscheidung begonnen für das Thema zu laufen“, sagte Jakob Redl. Er war zunächst an der Bürgerinitiative beteiligt und ist mittlerweile einer der beiden Köpfe in der Leitung des Kulturhauptstadtprojekts.

Im September 2017 folgte schließlich der politische Schulterschluss, St. Pölten bewarb sich offiziell als Europäische Kulturhauptstadt 2024. Das Land und die Landeshauptstadt würden im Rahmen dieses „Jahrhundertprojektes“ ihre Zusammenarbeit vertiefen, gaben Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) damals am 15. September 2017 in einer Pressekonferenz bekannt.

Noch im selben Jahr wurden Geschäftsführung und Projektmanagement auf Schiene gebracht. Diese Aufgaben übernahmen Michael Duscher und Jakob Redl. Offizieller Arbeitsbeginn für das Team und die Büroeröffnung der GmbH am Rathausplatz 1 war am 1. Dezember. Kurz darauf folgte die Auftaktveranstaltung, wo der Fahrplan präsentiert wurde. Es ging nun an das Schreiben der Bewerbung.

Rathausplatz St Pölten
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Am Dienstag fällt die Entscheidung, ob St. Pölten Kulturhauptstadt 2024 wird

„Austausch mit Bewohnern steht an erster Stelle“

Das Motto lautet dabei stets, möglichst viele Menschen in den Bewerbungsprozess zu involvieren. „Der offene und intensive Austausch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von St. Pölten steht für uns bei diesem Projekt an erster Stelle. Gemeinsam werden wir die Potenziale dieser Stadt ausschöpfen und präsentieren“, betonte Stadler.

So ging im Herbst 2018 unter anderem ein Diskussionsabend im ORF-Landesstudio in St. Pölten über die Bühne. Kulturschaffende diskutierten dabei über die Chancen und Wege von St. Pölten. Außerdem wurde ein Projektideenaufruf gestartet – „für Bürgerinnen und Bürger, Künstler, Schulen sowie für die lokale Wirtschaft. Wir haben über 300 Projekte eingereicht bekommen, die nun das Skelett der Bewerbung darstellen“, sagte Redl.

Ende 2018 wurden die exakt 60 Seiten starken Bewerbungsunterlagen eingereicht. Aufatmen hieß es dann einen Monat später, als im Jänner 2019 verkündet wurde, dass St. Pölten weiter im Rennen ist, ebenso wie Bad Ischl und Dornbirn. Alle drei Bewerber wurden von der EU-Jury auf die Shortlist gesetzt. Nun hieß es in einem weiteren Schritt, die Konzepte zu überarbeiten. Dafür reiste etwa eine Niederösterreich-Delegation nach Plovdiv, um mit der aktuellen Europäischen Kulturhauptstadt Erfahrungen auszutauschen. „Es gibt so ähnliche Anforderungen an St. Pölten und Plovdiv, nämlich manche Orte, die nicht so belebt sind, ganz bewusst wieder zu beleben“, sagte Geschäftsführer Michael Duscher. So finden sich im überarbeiteten Konzept als geplante Hauptspielorte etwa das ehemalige Glanzstoff-Areal und das Wesely-Haus.

Glanzstoff-Areal bei Dunkelheit in St. Pölten
ORF / Kotzmann
Das Glanzstoff-Areal findet sich in den überarbeiteten Bewerbungsunterlagen

Die EU-Jury zu Besuch in St. Pölten

Am Wochenende wurde der Jury das überarbeitete Konzept nochmals präsentiert. Ebenso machten sich die Jurymitglieder bei einem Besuch in der Landeshauptstadt ein Bild von St. Pölten. Nach Dornbirn und dem Salzkammergut hat damit der dritte und letzte Bewerber seine Vorhaben vorgestellt. „Wir wollten einen sehr guten Eindruck der Stadt, ihres kulturellen Profils und vor allem jener vielen Menschen, die hinter dem Bid Book (Bewerbung, Anm.) stehen, vermitteln“, sagte Duscher.

Besucht habe man nicht nur große Kulturinstitutionen wie das Landestheater oder das Festspielhaus, Orte wie Rathaus- und Domplatz, sondern auch Vereine aus der lokalen Subkulturszene wie Sonnenpark oder LAMES, die im Süden der Stadt ein fünf Hektar großes Areal betreiben. Zudem ging es zu jenen Schauplätzen, die Teil des Projekts sind, „aber erst eine neue Bedeutung brauchen“, so Redl, der auf das Autohaus Wesely oder die Glanzstoff-Fabrik verwies. Einen Abstecher machte man außerdem zur ehemaligen Synagoge, für die eine langfristige kulturelle Bespielung etabliert werden soll.

Tag der Entscheidung

noe.ORF.at überträgt via Livestream die Bekanntgabe aus dem Bundeskanzleramt am Dienstag, 12. November, ab 10.00 Uhr.

Erleichterung sei nach dem achtstündigen Besuch jedenfalls da. „Wir hatten den Eindruck, dass wir das, was wir auf Papier gebracht haben, auch in der Realität abbilden und herzeigen konnten“, sagte Duscher. Grundsätzlich spüre man in der Stadt eine Aufbruchsstimmung: „Egal mit wem man spricht, man merkt, dass alle das wirklich wollen“, so Redl. „Das ist sehr motivierend und wir sind sehr dankbar dafür, weil es nicht selbstverständlich ist.“ Die Bewerbungsjahre hätten St. Pölten verändert. „Es ist ein Ruck durch die Stadt gegangen.“

Die Entscheidung im Livestream auf noe.ORF.at

Am Montag fand dann schließlich die Abschlusspräsentation in Wien statt. Was die Mitbewerber aus Vorarlberg und Oberösterreich betrifft, habe man deren Vorhaben natürlich via Medien verfolgt. Sich zu vergleichen, mache aber keinen Sinn, meinte Redl. Am Dienstag um 10.00 Uhr wird im Wiener Bundeskanzleramt die Entscheidung, wer den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2024“ tragen darf, verkündet.

Nach einleitenden Worten von Kunst- und Kulturminister Alexander Schallenberg und Martin Selmayr, dem Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, wird die Juryvorsitzende Cristina Farinha das Ergebnis bekanntgeben. Die Verkündung ist ab 10.00 Uhr via Livestream in noe.ORF.at zu sehen.

Auch die Stadt St. Pölten hat sich für den Tag der Entscheidung etwas Besonderes einfallen lassen und veranstaltet ein Public Viewing. Die Bekanntgabe wird im Großen Sitzungssaal des Rathauses der niederösterreichischen Landeshauptstadt ab 10.00 Uhr ebenfalls live übertragen.