Umwelt

Aus Nachbarn werden Stromanbieter

Mit dem neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz sollen sogenannte Energiegemeinschaften möglich werden. Diesen ist es erlaubt, den von ihnen erzeugten Strom über Grundstücksgrenzen hinweg, etwa unter Nachbarn, zu verkaufen.

Der Strom, der mit der eigenen Photovoltaikanlage am Dach erzeugt wird, darf derzeit nicht an Nachbarn oder die Gemeinde verkauft werden. Alles, was im Haushalt nicht verbraucht wird, wird als überschüssiger Strom ins Netz eingespeist oder geht verloren. Eine Erneuerbare Energiegemeinschaft darf Strom natürlich selbst verbrauchen, aber auch teilen oder speichern und vor allem an den Nachbarn oder an die Gemeinde sowie an den regionalen Markt verkaufen. Es wird also möglich sein, den Strom aus einer Energiegemeinschaft über regionale Entfernungen hinweg zu nutzen.

Photovoltaik, Biogas oder Kleinwasserkraft

Erlaubt sind ausschließlich Erneuerbare Energieformen, so der zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkof (ÖVP). „Ob Photovoltaik, Biogas oder Kleinwasserkraft – die Anlagen können kombiniert werden. So werden die Energiegemeinschaften regionale Versorger für ganze Ortsteile oder Ortschaften.“ Damit würden die Energiegemeinschaften einen Beitrag zur Energiewende und zur Versorgungssicherheit liefern, so Pernkopf.

Stephan Pernkopf (links) und Franz Mittermayer (EVN-Vorstandsdirektor) bei einer PK in St. Pölten am 4.3.2021
NLK Filzwieser
Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (r.) und EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer stellten die neue Beratungsstelle „Energie Zukunft Niederösterreich GmbH“ vor

Mindestens zwei Partner erforderlich

Die Gemeinschaften sollen als Vereine oder Genossenschaften gegründet werden. Dazu braucht es mindestens zwei Partner, beteiligen dürfen sich an so einer Energiegemeinschaft etwa Privatpersonen, Gebietskörperschaften sowie Klein- und Mittelunternehmen. Ein Gewinn darf, laut der zu Grunde liegenden EU-Richtlinie, mit einer Energiegemeinschaft nicht erwirtschaftet werden. Weil der Energiemarkt und die Regelungen kompliziert seien, gründet die Energie- und Umweltagentur des Landes (eNu) gemeinsam mit der EVN eine eigene Beratungsfirma für die Abwicklung von Energiegemeinschaften.

Die „Energie Zukunft Niederösterreich GmbH“ begleite bei der Gründung, der Konzeption, dem Stromverkauf oder auch der Abrechnung, so EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer. „Die Energie Zukunft Niederösterreich GmbH versteht sich dabei als Problemlöser und Ermöglicher, bündelt Know-how und bietet es den Partnern an. Voraussetzung für eine vernünftige Abrechnung sind allerdings Smartmeter“, so Mittermayer. So eine Gemeinschaft auf Eigenriege zu führen sei zwar möglich, aber die Thematik sei komplex, weswegen eine Betreuung durch professionelle Energieberaterinnen und -berater empfohlen wird.

Sicherheit durch dezentrale Stromerzeugung

Die Energiegemeinschaften würden auch das Netz entlasten, da sie in kleinen Kreisen einen Ausgleich schaffen können, so der EVN-Vorstandsdirektor. Durch Niederösterreichs Gegebenheiten als Flächenbundesland würden die Gemeinschaften auch überregionalen Stromtransport reduzieren, so Pernkopf. Durch diese Möglichkeit erhoffe man sich auch regionale Wertschöpfung, etwa durch zusätzliche Arbeitsplätze, die es für die Errichtung von Photovoltaikanlagen braucht.

Eine erste Vorab-Information sei schon möglich, aber die gesetzliche Grundlage für die Gemeinschaften – das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) – muss noch vom Nationalrat beschlossen werden. Im EAG wird eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, die Frist dafür ist der 30. Juni 2021. Bislang gibt es einen Entwurf des Umweltministeriums, in dem auch die Energiegemeinschaften bereits geregelt wären. Pernkopf drängte bei der Pressekonferenz erneut auf eine rasche Beschlussfassung – mehr dazu in Eine Milliarde für Energiewende und Versorgung (noe.ORF.at; 18.2.2021).