Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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Wirtschaft

Größer und stärker: Windräder der Rekorde

Um die Klimaziele zu erreichen, wird die Windkraft weiter ausgebaut. Dabei helfen auch technologische Fortschritte. Bei Groß-Schweinbarth (Bezirk Gänserndorf) wurden nun die leistungsstärksten und zugleich größten Windräder Österreichs montiert.

Die Dimensionen sind gewaltig: 150 Meter Durchmesser haben die Rotorblätter des neuen Windradtyps, der nun im Windpark bei Groß-Schweinbarth bundesweit erstmals zum Einsatz kommt. Die Flügel werden in 166 Metern Höhe montiert, damit ist das gesamte Windrad deutlich über 200 Meter hoch. Wenn die Anlagen in wenigen Tagen ans Netz gehen, liefern sie Strom für etwa 12.000 Haushalte.

Ein spezieller Schwerlastkran hebt die tonnenschweren Einzelteile an ihre endgültige Position. Ein Windrad entsteht so – von der Planung und vom Fundament abgesehen – in wenigen Tagen. Zwei der drei geplanten Windräder im Windpark sind schon fertig. Es ist der entscheidende Tag. Bei der dritten Anlage sind das Maschinenhaus, die Nabe und die daran zu montierenden Rotorblätter an der Reihe. Jede Minute Verzögerung wäre teuer.

„Wir freuen uns über starken Wind. Wenn er aber während der Montagephase weht, ist es oftmals nicht möglich zu montieren“, sagt Martin Krill, Projektleiter des Planungsbüros Profes. Die Verantwortlichen haben Glück, es ist fast windstill.

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Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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Ein gewaltiger Kran war auf der Baustelle im Einsatz
Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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Dutzende Schwerlast-Transporte wurden alleine benötigt, um den Kran in seinen Einzelteilen zu transportieren
Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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ORF-Redakteur zum Größenvergleich
Windpark bei Groß-Schweinbarth
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In wenigen Tagen soll auch dieses Windrad einsatzbereit sein
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Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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Die Rotorflügel sind jeweils knapp 75 Meter lang
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An der runden Nabe (rechts im Bild) werden später die Rotorblätter montiert
Windrad-Baustelle bei Groß-Schweinbarth
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So sieht das neue Windrad aus, wenn es fertig ist

Eine Straße für einen Transport

Abgesehen vom Glücksspiel mit dem Wetter ist das Schwierigste auf dieser Baustelle aber bereits geschafft: der Transport der riesigen Einzelteile. Alleine der Schwerlastkran muss in zerlegter Form von dutzenden Lkw zum Einsatzort gebracht werden. „Die längsten Transporte haben eine Länge von 80 Metern, ein Rotorblatt 74 Meter. Das ist schon eine logistische Herausforderung“, sagt Krill. Dafür habe man extra Autobahnabfahrten ausbauen müssen, etliche Kurven wurden temporär mit Spezialplatten erweitert, „weil wir auf den normalen Wegen mit den Reifen der Lkw nicht mehr fahren konnten“.

Während neue Windräder anderswo regelmäßig massive Anrainerproteste auslösen, gab es in diesem Fall keinen größeren organisierten Widerstand. „Die Gemeinde Groß-Schweinbarth hat das Projekt von Anfang an unterstützt“, sagt Bürgermeisterin Marianne Rickl-List (ÖVP). Schließlich brauche man den Windstrom, um die Klimaziele zu erreichen.

Die drei Windräder im Weinviertler Windpark sind die bisher größten und leistungsfähigsten in Österreich, international sieht es allerdings anders aus. „Weltweit haben wir schon 1.000 dieser Anlagen in Betrieb“, sagt Daniela Dolkowski, Projektleiterin seitens des Windkraftanlagenherstellers Vestas. „Schön, dass wir jetzt auch hier die Genehmigung bekommen haben.“

„Ordentlicher Technologiesprung“

Der Vorteil des Modells zeige sich bereits anhand der übrigen Windräder in der Gegend. Diese leisten rund zwei Megawatt, „das war Stand der Technik vor etwa zehn Jahren“, so Dolkowski. „Jetzt produzieren wir Anlagen, die 4,2 Megawatt Energie liefern, das ist das Doppelte und schon ein ordentlicher Technologiesprung.“

Dass gerade jetzt gebaut wird, ist kein Zufall. Zuvor wurden etwa eineinhalb Jahre lang kaum Anlagen errichtet. Im Fall des Groß-Schweinbarther Windparks lagen die Genehmigungen schon seit etwa fünf Jahren vor. Erst seit 2019, als das neue bundesweite Ökostromgesetz bis zum Jahr 2022 beschlossen wurde, habe man allerdings die nötigen Förderbedingungen erhalten, sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der Interessenvertretung IG Windkraft: „Dadurch konnten Anlagen, die schon jahrelang ihre Bewilligung haben, endlich den Bau beginnen. Das zeigt sich nun.“ Alleine in Niederösterreich errichte man bis Jahresende 23 neue Windräder, bundesweit sollen es 80 werden.

Spannung im Nationalrat

Wie es dann weitergeht, ist momentan noch unklar. Aktuell wird im Parlament erneut verhandelt. Das sogenannte Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) befindet sich derzeit im Entwurfsstadium, benötigt für einen Beschluss aber eine Zweidrittelmehrheit. Bei der Windkraft sieht der Entwurf eine Steigerung um zehn Terawattstunden pro Jahr vor. Das würde wiederum zahlreiche neuen Anlagen erfordern. Moidl hofft hier auf einen Beschluss des Nationalrats bis Ende Juni.

Beim Ausbau in den nächsten Jahren sollen die neuen Technologien jedenfalls helfen. „Wir haben heute bundesweit 1.300 Anlagen und werden den Strom verdreifachen“, sagt der Geschäftsführer der IG Windkraft. „Die Anlagenanzahl müssen wir nur auf 1.900 steigern.“ Im kommenden Jahrzehnt müsse man schließlich auch zahlreiche ältere Windräder durch neue, effizientere Modelle ersetzen.

Dabei sind durchaus auch noch größere Modelle denkbar. Diese könnten schon nächstes Jahr auf den Markt kommen. „Man dachte schon vor fünf oder zehn Jahren, es wäre das Ende der Fahnenstange erreicht, es würde nicht mehr gehen“, sagt Vestas-Projektleiterin Daniela Dolkowski. „Wir wurden eines Besseren belehrt.“