Bereits am zweiten Wettkampftag der Spiele war klar, dass die Sensationsgeschichte von „Tokio 2020“ geschrieben ist. Als Amateurin überraschte Anna Kiesenhofer aus Niederkreuzstetten (Bezirk Mistelbach) ihre Konkurrentinnen und holte Gold im Rad-Straßenrennen der Damen. Ein Fluchtversuch zu Beginn war die Basis für eine der größten Sensationen in der österreichischen Sportgeschichte. Sämtliche Favoritinnen konnten die 30-jährige bis zum Schluss nicht mehr einholen. Kiesenhofer kam nach 137 Kilometern als Olympiasiegerin im Ziel an.
„Meine Beine waren völlig leer. Ich habe mich noch nie in meinem Leben so verausgabt, ich konnte kaum noch treten, es war keine Energie mehr da.“ Die promovierte Mathematikerin, die den Sport nicht professionell betreibt, gewann die erste Goldmedaille im olympischen Radsport seit jener von Adolf Schmal bei den ersten Spielen der Neuzeit 1896 in Athen.
Polleres erfüllt die Erwartungen
Während der Erfolg von Kiesenhofer für alle sehr unerwartet kam, durfte man mit einer Medaille für Judoka Michaela Polleres aus Ternitz (Bezirk Neunkirchen) im Vorfeld durchaus spekulieren. Die 24-Jährige gewann heuer bereits Bronze bei der Weltmeisterschaft. Ihre Klasse brachte sie dann auch bei Olympia auf die Matte.
Polleres musste sich erst im Finale der japanischen Weltmeisterin Chizuru Arai geschlagen geben. Nach einer kurzen Phase der Enttäuschung war Polleres die Freude über Silber deutlich anzusehen. „Es ist ein unglaubliches Gefühl. Am Anfang war ich sehr nervös, das hat sich im Laufe des Tages gelegt. Ich habe mich dann richtig aufs Kämpfen gefreut."
Schwimmer überzeugen mit Top-Leistungen
Ohne Medaille, aber mit starken Auftritten überzeugten bei den Spielen auch Niederösterreichs Athletinnen und Athleten im Schwimmbecken. Felix Auböck aus Bad Vöslau (Bezirk Baden) überzeugte über 400, 800 und 1.500 Meter mit österreichischen Rekorden und den Finalrängen vier, sieben und sieben. Über 400 Meter fehlten ihm nur 13 Hundertstel auf Bronze.
Zwei nationale Rekorde gelangen Marlene Kahler aus Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha). Rang 17 über 400 m Kraul war ihre beste Platzierung. Eirini-Marina und Anna-Maria Alexandri aus Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) sorgten im Duett als Siebente für die bisher beste ÖOC-Platzierung im Synchronschwimmen. Nur Christopher Rothbauer enttäuschte mit Platz 28 über 200 Meter Brust. Mit seinem Eingeständnis, sehr nervös gewesen zu sein und der Erklärung „wenn es Sushi-Cup heißen würde und nicht Olympia, wäre ich ruhiger gewesen“, sorgte der Schwechater aber immerhin für eine heitere Erklärung.
Starke Leistungen gegen übermächtige Gegner
In manchen Sportarten wurden starke persönliche Leistungen gebracht, die internationale Konkurrenz war aber zu dominant. Gewichtheberin Sarah Fischer aus Rohrendorf (Bezirk Krems) war in der für sie schwierigen Klasse über 87 Kilo chancenlos, mit Platz zehn erreichte sie aber ihr persönliches Ziel. Stefan Fegerl aus Dietmanns (Bezirk Waidhofen an der Thaya) hatte im Tischtennis-Mixed mit Sofia Polcanova Lospech und verlor gleich zum Auftakt gegen die als Nummer zwei gesetzten Japaner. Badminton-Spieler Luka Wraber aus Wiener Neustadt musste in der Vorrunde unter anderem gegen den späteren dänischen Olympiasieger Viktor Axelson bestehen und schied ohne Satzgewinn aus.
Im schwierigen Rad-Straßenrennen der Männer kam Patrick Konrad aus Ebreichsdorf (Bezirk Baden) als 18. recht gut mit, Hermann Pernsteiner aus Kirchschlag in der Buckligen Welt (Bezirk Wiener Neustadt) und Gregor Mühlberger aus Haidershofen (Bezirk Amstetten) wurden 30. bzw. 70. Im Zeitfahren belegte Konrad Rang 31. Fünfkämpfer Gustav Gustenau aus Wiener Neustadt überzeugte bei seinem Olympia-Debüt als 16. Die Tullner Wildwasser-Kanutin Viktoria Wolffhardt scheiterte im Semifinale als Elfte denkbar knapp am Finaleinzug.
Bittere Tränen der Enttäuschung
Bei Jessica Pilz aus Haag (Bezirk Amstetten) flossen nach Platz sieben im Klettern Tränen. Im Finale hatte Pilz im wahrsten Sinn des Wortes die Hand an der Bronzemedaille, der letzte Griff klappte aber nicht. Siebenkämpferin Ivona Dadic von der Union Sankt Pölten vergoss nach Rang acht ebenfalls bittere Tränen. Die Medaillenkandidatin konnte wegen einer Verletzung ihr Potenzial nicht abrufen.
Für Julia Brückler aus Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) schaute beim erstmals ausgetragenen Skateboard-Bewerb nur der 18. Platz unter 20 Teilnehmerinnen im Street-Bewerb heraus. Der Parcours sei ihr überhaupt nicht entgegengekommen. Marathonläufer Lemawork Ketema aus Schwechat musste am Schlusstag bereits vor der Hälfte des Rennens wegen einer Oberschenkelverletzung aufgeben. Seine Teamkollegin Victoria Hudson enttäuschte im Speerwurf und verpasste das Finale deutlich. Bahnradfahrer Andreas Graf aus Ebreichsdorf (Bezirk Baden) sprach nach dem letzten Platz im Madison-Bewerb von der „größten Enttäuschung seiner Karriere.“