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Coronavirus

Melk: Kein Ende der Kontrollen absehbar

Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in Melk sind mittlerweile vollständig immunisiert. Trotzdem wird es wohl noch länger Ausreisekontrollen geben. Das trifft Teile der Wirtschaft – und nicht jeder ist von der Effektivität der aktuellen Maßnahmen überzeugt.

Seit knapp zwei Wochen laufen die Ausreisekontrollen im Bezirk Melk bereits. Eingeführt worden war sie aufgrund der hohen Inzidenz in Zusammenhang mit einer geringen Impfquote. Damals waren lediglich 59,8 Prozent der Bevölkerung vollständig immunisiert – laut Erlass des Gesundheitsministeriums zu wenig für den damaligen Inzidenzwert – mehr dazu in Bezirk Melk: Ausreisekontrollen ab Samstag (noe.ORF.at; 21.10.2021).

Mittlerweile ist die Impfquote im Bezirk um gut einen halben Prozentpunkt gestiegen, auf 60,5 Prozent. Ein Ende der Kontrollen ist trotzdem nicht absehbar. „Wir haben zwar eine magische Grenze erreicht und die 60 Prozent Durchimpfung überschritten“, sagte Bezirkshauptmann Norbert Haselsteiner in der ZIB 2, „aber wir bewegen uns leider derzeit so hoch, dass das nur eine mathematische Spielerei ist“. Mit einem Wert von 1.060 wies der Bezirk Melk am Donnerstag immerhin eine der höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen in ganz Österreich auf.

Ausreisekontrollen in Bezirken (Stand 5.11, Steyr-Stadt ab 6.11)

Deutlich niedrigere Inzidenz jedenfalls nötig

Bis man das „Ziel, dass wir wieder aus dieser Ausreisetestverordnung rauskommen, erreichen, dauert es leider noch relativ lange, fürchte ich“, sagte der Bezirkshauptmann. Der Ministeriumserlass für Hochrisikogebiete aus dem August sieht bei den Impfraten Zwischenstufen zwischen 50 und 70 Prozent vor. Bei seiner aktuellen Impfrate müsste der Bezirk Melk demnach eine Inzidenz von 500 unterschreiten. Selbst wenn die Impfrate in nächster Zeit auf über 70 Prozent steigen würde, wäre demnach noch immer eine Inzidenz unter 700 notwendig. Beide Schwellen sind für den Bezirk momentan nicht in Reichweite.

Ein Besuch der ZIB 2 in Melk zeigt, dass Teile der Wirtschaft die Maßnahmen durchaus spüren. In vielen Fällen bleiben die Gäste aus. „Der Tourismus ist seitdem schwer ins Stocken geraten, weil die Leute Angst haben“, sagte etwa Christina Sdraule aus einem Melker Fleischereibetrieb. Keiner gehe mehr auf die Straßen. Auch Gastronom Markus Mader stimmte zu: „Mit der Warnung war das abrupt zu Ende. Es gab viele Stornierungen und es ist nichts Neues mehr nachgekommen.“

Ausreisebeschränkungen in immer mehr Bezirken

Zu den CoV-Verordnungen der Bundes und der Länder kommen immer öfter Ausreisebeschränkungen von Bezirken. Nur wer einen „3G“-Nachweis vorweisen kann darf diese Bezirke noch verlassen. In Tourismusgebieten bleiben Gäste deshalb aus, auf die CoV-Zahlen haben sie kaum noch Auswirkungen.

Die Polizei kontrolliert die „3G“-Pflicht nach wie vor stichprobenmäßig an den Bezirksausfahrten, tageszeitabhängig je nach Frequenz. Zwölf Polizeistreifen sind täglich an den 58 Straßenzügen unterwegs. Wer keinen Nachweis mitführt, wird vorerst zurückgeschickt. Wer sich weiterhin weigert, muss mit einer Strafe rechnen – mehr dazu in Ausreisekontrollen: „Nicht daran gedacht“ (noe.ORF.at, 23.10.2021).

Popper: Nur hilfreich bei regionalen Unterschieden

Die Infektionszahlen steigen unterdessen immer weiter an. Ausreisekontrollen gibt es derzeit in immer größeren Teilen von Nieder- und auch Oberösterreich. Auf das Infektionsgeschehen haben sie allerdings kaum bis keine Auswirkungen, sagte Niki Popper, Simulationsforscher an der TU Wien: „Eine Ausreisekontrolle reduziert ja keine Fälle, sondern sorgt nur dafür, dass nicht Menschen, die das Virus potentiell in sich tragen, eine höhere Mobilität haben und so das Virus in weitere Ausbreitungsnetzwerke bringen.“

Hilfreich sei die Maßnahme vor allem dann, „wenn ich eine Region mit sehr hohen Zahlen habe und eine andere Region, in der ich noch etwas schützen kann“, meinte Popper. Diese Rechnung geht allerdings immer weniger auf. Schließlich reiht sich mittlerweile ein Hochrisikogebiet an das nächste. Das Gesundheitsministerium will vorerst trotzdem an dem Erlass für Hochrisikogebiete festhalten.

Die Ausreisekontrollen seien nur eine Maßnahme von vielen, sagte Popper: „Die Politik hat einen Köcher an Maßnahmen zur Verfügung.“ Gesellschaftlich unerfreulich sei, „dass wir den stärksten Pfeil, nämlich die Impfung, als Gemeinschaft nicht umgesetzt haben“. Man habe Unentschlossene noch nicht ausreichend von der Wirksamkeit und Sicherheit überzeugt. „Da fehlen uns noch einige Hunderttausend und diese einige Hunderttausend kann man durch Maßnahmen ersetzen“, erklärte Popper, ohne Details zu möglichen weiteren Maßnahmen zu nennen.