Coronavirus

Impfzertifikate werden täglich weniger

Es ist ein Trend, der Experten Sorge bereitet: Die Impfquote sinkt. Seit einigen Wochen verlieren täglich mehr Impfzertifikate ihre Gültigkeit als Neugeimpfte hinzukommen. Ab Mai wird die Mehrheit der Zertifikate ungültig. Der Umgang damit ist noch offen.

Der Trend der sinkenden Impfquote zeichnete bereits Ende Februar erste Spuren. Bereits da schienen bei den vom Gesundheitsministerium täglich veröffentlichten Zahlen im Impf-Dashboard erstmals einzelne Tage mit einem Minus bei den gültigen Impfzertifikaten auf. Der Gipfel der Impfbereitschaft war in Niederösterreich mit knapp 74 Prozent der impfbaren Bevölkerung ab zwölf Jahren am 1. Februar erreicht.

Im März folgte die Trendumkehr. Seit 6. März geht die Zahl der Personen mit gültigem Impfzertifikat täglich zurück – mit Ausnahme von vier Tagen, die knapp positiv zu Buche schlugen. Laut Auskunft von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) verloren mittlerweile knapp 70.000 Personen ihr Impfzertifikat, weil sie sich keine Auffrischungsimpfung geholt haben – das entspreche etwa vier Prozent der Immunisierten.

Am höchsten ist die Durchimpfungsrate laut Notruf Niederösterreich unter den 70- bis 79-Jährigen. Von ihnen sind 87,79 Prozent im Besitz eines gültigen Impfzertifikates, bei allen Altersgruppen unter 50 Jahren fällt die Quote unterdurchschnittlich aus. Bei den Zwölf- bis 19-Jährigen besitzen etwas mehr als zwei Drittel ein gültiges Impfzertifikat (67,66 Prozent), unter den Kindern zwischen fünf und elf Jahren, für die erst im Winter eine Impfempfehlung ausgesprochen wurde, ist es nicht einmal ein Drittel (31,42 Prozent).

Kritik an fehlender Empfehlung des Bundes

„Die Mehrheit“ der Impfzertifikate läuft laut Auskunft aus dem Büro der Gesundheitslandesrätin im Mai und Juni ab, „da steht eine Welle bevor“, heißt es – dann auch schon bei jenen mit drei Stichen. Noch gibt es aber keine Empfehlung vom Bund, wie mit diesen Personen in wenigen Wochen umgegangen werden soll. Derzeit gibt es seitens des nationalen Impfgremiums hinsichtlich einer vierten Impfung nur eine Empfehlung für Risikopersonen.

Eine Sprecherin von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bestätigte auf Anfrage von noe.ORF.at, „dass noch keine Entscheidung gefallen ist“. Man warte hier einerseits noch auf Ergebnisse internationaler Studien und auch auf eine Empfehlung des nationalen Impfgremiums. „Ob weitere Impfdosen bzw. Booster-Impfungen mit den derzeitig verfügbaren Impfstoffen oder Impfungen mit speziellen Impfstoffen, welche gezielt die Omikron-Variante abdecken, notwendig sein werden, ist Gegenstand laufender Untersuchungen“, lautet eine schriftliche Stellungnahme. An einer Lösung hinsichtlich der auslaufenden Impfzertifikate jener mit drei Stichen „wird aktuell gearbeitet“, diese „soll zeitnah vorliegen“.

Ein Herbst mit vielen Fragezeichen

Nicht nur in den Ländern wartet man auf die möglichst „zeitnahe“ Lösung seitens des Ministeriums, auch Expertinnen und Experten drängen hinsichtlich des hohen Infektionsgeschehens und der rückläufigen Impfquote darauf. Denn nach wie vor bleibt offen, welche Variante des Coronavirus im Herbst dominieren wird und inwieweit es einen angepassten Impfschutz brauchen wird. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Universität Krems rechnet mit der Notwendigkeit einer „Booster-Impfung für alle“ schon vor dem Herbst.

Der vierte Stich für vulnerable Personen wäre „eigentlich schon jetzt wieder notwendig, weil wir in den Studien sehen, dass der Schutz nach drei Impfungen nach vier Monaten relativ schnell wieder nach unten geht. Und vulnerable Personen sollten deswegen schon jetzt über den vierten Stich nachdenken. Für alle anderen gibt es dann hoffentlich im Herbst eine angepasste Impfung, die uns auch gegen Omikron besser schützt“, so Gartlehner im Interview mit noe.ORF.at – mehr dazu in „Zweiter Booster für alle vor dem Herbst“ (noe.ORF.at; 31.3.2022).