Mikl-Leitner und Landbauer (v.l.) am 10. März 2023
APA/GEORG HOCHMUTH
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Politik

Mikl-Leitner gesteht Fehler in CoV-Politik ein

Die FPÖ verlangt von der ÖVP eine Aufarbeitung der CoV-Politik und eine Rückzahlung aller CoV-Strafen. Juristen zweifeln jedoch an der Umsetzbarkeit. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) fordert indes „Aufrichtigkeit“ von der FPÖ, gesteht aber ein, dass die Impfpflicht „ein Fehler“ war.

Das Thema Coronavirus steht in den aktuellen Verhandlungen von ÖVP und FPÖ zwischen den Parteien. Es müsse „Gerechtigkeit für alle Opfer“ der Pandemiepolitik geben, forderte zuletzt FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer. Niederösterreich müsse das erste Land sein, „das die Schäden der Corona-Politik wiedergutmacht“. Dabei denkt Landbauer etwa an die Rückzahlung von Strafen, die für die Missachtung der CoV-Maßnahmen ausgestellt wurden – mehr dazu in ÖVP – FPÖ: Vertrauen und CoV als Knackpunkte (noe.ORF.at; 13.3.2023).

Mikl-Leitner (ÖVP) hielt dazu am Dienstag per Aussendung fest, dass Kompromisse „von beiden Seiten“ nötig sein werden. Sie sei zur von den Freiheitlichen geforderten offenen und transparenten CoV-Aufarbeitung bereit. Der – auch von der Landeschefin goutierte – Schritt in Richtung einer Impfpflicht sei vor allem „mit heutigem Wissen“ natürlich „ein Fehler“ gewesen, betonte Mikl-Leitner: „Im Nachhinein ist man immer klüger. Das ist eine Binsenweisheit.“ Die Verantwortungsträger seien naturgemäß dem Rat der Ärzte gefolgt. „Die österreichischen Ärztekammern haben im November 2021 geschlossen die Impfpflicht gefordert. Und das haben sie nach damaligem bestem Wissen und Gewissen getan. Es gibt keinen Grund, ihnen etwas anderes zu unterstellen.“

„Aufrichtigkeit“ von beiden Seiten

Die FPÖ, die Aufrichtigkeit verlange, solle selbst „so aufrichtig sein und dazu stehen, dass sie zu Beginn der Pandemie die Allerersten waren, die in Österreich einen Lockdown eingefordert haben – ebenso aus damals bestem Wissen und Gewissen“. Auf dieser Grundlage lasse sich ein ehrlicher Prozess der Aufarbeitung einleiten: „Denn wenn diese Pandemie eines gezeigt hat, dann, dass niemand, wirklich niemand, zu 100 Prozent perfekt ist und immer richtig gelegen ist. Kein Experte, kein Befürworter von strengen Maßnahmen, kein Gegner von strengen Maßnahmen, keine der Parteien und ihre Politiker und eben auch nicht die FPÖ.“

Das oftmals geforderte „Gräben schließen“ bedeute, aufeinander zugehen und miteinander reden und könne nicht heißen, dass alle auf die Seite der Freiheitlichen wechseln müssen. „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die sich an die Regeln gehalten haben, aus Sorge über die vielen Todesfälle, jetzt die Dummen sind. Da werden wir aufeinander zugehen müssen. Da wollen wir aufeinander zugehen. Da wird es Kompromisse geben müssen – von beiden Seiten.“

Eine Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ könne auch eine Chance für das Land sein, „die Spaltung zu überwinden und die Gräben in unserer Gesellschaft und in unseren Familien zu schließen“. Die beiden Parteien werden zueinander finden, „wenn auch die FPÖ zu Kompromissen bereit ist“, so Mikl-Leitner.

Landbauer: „Lippenbekenntnisse zu wenig“

„Lippenbekenntnisse werden zu wenig sein“, reagierte Landbauer in einer Aussendung, „wir messen die Bereitschaft der ÖVP zur Aufarbeitung des Corona-Wahnsinns an ihren Taten.“ Es gelte, „Gerechtigkeit für alle Opfer herzustellen“, so der FPÖ-Niederösterreich-Chef, dabei dürfe es „keine faulen Kompromisse geben“.

Die Verantwortung „abzuschieben“ sei zu wenig, wird Landbauer zitiert, „nicht Experten, sondern Politiker haben die fatalen Entscheidungen getroffen, Lockdowns verhängt, Schulen geschlossen und die Bevölkerung mit dem Maskenzwang und Ausgangssperren schikaniert.“

FPÖ-Vorschlag rechtlich kaum umsetzbar

Juristen bewerten den FPÖ-Vorschlag einer „Generalamnestie“ für CoV-Strafen unterdessen als kaum umsetzbar. Verfassungs- und Medizinjurist Karl Stöger hält einen Alleingang von Niederösterreich für „nicht vorstellbar“, wie er im Ö1-Mittagsjournal sagt, denn diese Strafen seien eine Kompetenz des Bundes: „Es waren zwar die Bezirkshauptmannschaften zuständig, aber Gesundheitswesen ist Bundessache.“ Eine „Amnestie“ müsste also von Bundesseite kommen und zwar „für alle und nicht für ein einzelnes Bundesland“.

Ähnlich sieht das Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Auch er betont, dass es sich um eine Bundesmaterie handelt. Zudem fehle der Rechtsgrund, bereits abgeschlossene Verfahren noch einmal aufzurollen. Eine generelle Amnestie und Rückzahlung hält Funk für nicht machbar: „Wenn man das machen wollte, müsste man von Fall zu Fall fragen, warum. Wenn es seinerzeit ein rechtmäßiges Vorgehen in Form eines Mandats gewesen ist, wird es ja nicht deswegen unrechtmäßig, weil eine politische Partei meint, das hätte es nicht geben dürfen. Das ist keine Rechtsgrundlage.“

Auch der Verwaltungs- und Verfassungsjurist Peter Bußjäger sieht kompetenzrechtliche Probleme. Zudem stelle er sich die praktische Umsetzung „extrem schwierig“ vor: „Ob die Bezirksverwaltungsbehörden die entsprechenden Daten überhaupt noch haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn sie sie haben, dann ist die Erforschung vermutlich mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden.“