Landhausviertel St. Pölten
ORF/Christian Öser
ORF/Christian Öser
Politik

ÖVP – FPÖ: Parteigremien stimmen Pakt zu

Nach dem Landesparteivorstand der ÖVP haben am Freitag auch die FPÖ-Gremien einem Arbeitsübereinkommen einstimmig zugestimmt. Über die Inhalte wollen die Parteichefs Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) um 13.30 Uhr informieren.

Bei ÖVP und FPÖ standen am Vormittag Sitzungen von Parteivorstand und Klub auf dem Programm. Im ÖVP-Landesparteivorstand sei das Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ einstimmig angenommen worden, teilte ein Sprecher mit. Etwa eine Stunde später wurde bekannt, dass auch der Landesparteivorstand der FPÖ dem Arbeitsübereinkommen einstimmig zustimmte.

Die Teilnehmer blieben vor dem Treffen zugeknöpft und gaben keine Wortspenden ab. Gesichtet wurden u. a. Volksanwalt Walter Rosenkranz und seine Ehefrau Susanne Rosenkranz sowie Reinhard Teufel. Die beiden letztgenannten waren jüngst immer wieder bei Spekulationen über von den Freiheitlichen zu besetzenden Ämter im Spiel.

„Ambitioniertes Arbeitsprogramm“

„Im Ringen um Lösungen haben wir uns auf Maßnahmen geeinigt, die Niederösterreich voranbringen werden“, betonte Mikl-Leitner in der Nacht auf Freitag in einer Aussendung. „Wir haben uns auf ein ambitioniertes Arbeitsprogramm im Sinne einer echten Veränderung und unserer Landsleute geeinigt“, teilte FPÖ-Landespartei- und -klubobmann Landbauer ebenso in einer Aussendung mit.

Zu Inhalten des Arbeitsübereinkommens gab es vorerst keine Informationen. Die Details will man um 13.30 Uhr im Landhaus bei einer Pressekonferenz präsentieren. Bereits am Montag wurde bekanntgegeben, dass die beiden Parteien Maßnahmen zum Thema Integration vereinbart haben. Mikl-Leitner nannte als Inhalte Verhaltensregeln in der Schule und das Prinzip, dass die deutsche Sprache Grundvoraussetzung für Förderungen sein soll.

CoV-Pandemie als Knackpunkt

Einer der Knackpunkte in den Verhandlungen war die Aufarbeitung der Coronavirus-Pandemie. Landbauer verlangte hier auch Entschädigungen bis hin zu einer „Generalamnestie“ für Covid-Strafen. Mikl-Leitner räumte daraufhin ein, dass die CoV-Impfpflicht aus jetziger Sicht ein „Fehler“ gewesen sei – eine Aussage, die den Freiheitlichen wiederum am Dienstag noch zu wenig war.

Mikl-Leitner und Landbauer (v.l.) am 10. März 2023
APA/GEORG HOCHMUTH
Die Atmosphäre zwischen ÖVP-Parteichefin Mikl-Leitner und FPÖ-Landesobmann Landbauer war bisher nicht gerade vertrauensvoll

Verhandelt wurde auch über künftigen Zuständigkeiten in der Proporz-Landesregierung. Die ÖVP verlor bei der Wahl am 29. Jänner zwei von sechs Mitgliedern, sie muss Ressorts abgeben. Mikl-Leitner hatte bereits bei der Präsentation der ÖVP-Mannschaft Anfang Februar angekündigt, selbst den Bereich Wirtschaft übernehmen zu wollen. Neben der Landeshauptfrau bleiben Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Christiane Teschl-Hofmeister und Ludwig Schleritzko im Team.

Offene Regierungskandidaten

Die Freiheitlichen haben ihre drei Regierungsmitglieder noch nicht bekanntgegeben. Landbauer wird wohl als Landeshauptfrau-Stellvertreter nominiert werden. Der zuletzt einzige FPÖ-Vertreter, Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl, dürfte in der Regierung bleiben. Das SPÖ-Team bilden der designierte Landesparteichef Sven Hergovich und Ulrike Königsberger-Ludwig. Letztere fungierte in der vergangenen Legislaturperiode als Gesundheitslandesrätin.

Ein Mittelweg zeichnete sich bei der Wahl der Landeshauptfrau ab. Die Freiheitlichen betonten stets, bei der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht für Mikl-Leitner zu votieren. Zuletzt betonte Landbauer aber, dass seine Partei – eine inhaltliche Einigung vorausgesetzt – „eine Wahl der Landeshauptfrau nicht verhindern wird“. Möglich ist das, indem die 14 FPÖ-Abgeordneten ungültig wählen. Damit wäre mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren die erforderliche Mehrheit erreicht. Es zählen nur gültige Stimmen.

SPÖ hat sich „verpokert“

Die Volkspartei hatte zunächst begonnene „vertiefende Gespräche“ über eine Zusammenarbeit mit der SPÖ vergangene Woche gestoppt. Zu vier von fünf öffentlich gestellten Bedingungen habe man einen Kompromiss gefunden, meinte ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Freitag im Rückblick: „Die SPÖ wollte ihre fünf Punkte aber auf Biegen und Brechen umsetzen.“

Insgesamt habe es über 200 Forderungen der Roten gegeben, die der Parteimanager als teilweise „unleistbar“ und „untragbar“ bezeichnete. Die Sozialdemokraten hätten „den Bogen überspannt und sich damit verpokert“: „Das Resultat sind gescheiterte Verhandlungen mit der SPÖ, die schlussendlich die Gespräche mit der FPÖ notwendig gemacht haben“, so Ebner in einer Aussendung.

Widerstand gegen Bündnis

Widerstand gegen das mögliche schwarz-blaue Bündnis gab es am Donnerstag von außen. Der Verein „Willkommen – zum Finden einer neuen Heimat“ sieht Medienberichten zufolge in einem offenen Brief gemeinsam mit acht weiteren Organisationen die Demokratie in Gefahr und forderte einen Verhandlungsstopp. Am Donnerstag, dem Tag der konstituierenden Landtagssitzung, plant zudem SOS Mitmensch eine Kundgebung auf dem Landhausplatz.

Bereits am Mittwoch sprachen sich mehrere niederösterreichische Künstler und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, Oskar Deutsch, offen gegen ein Bündnis von Volkspartei und Freiheitlichen aus. Für Samstag plant die Plattform für eine menschliche Asylpolitik laut einer Aussendung ab 15.00 Uhr auf dem Wiener Karlsplatz eine Kundgebung samt Konzerten, die auch gegen die „Beteiligung der neonazistischen FPÖ an der niederösterreichischen Landesregierung“ gerichtet ist. Angesagt haben sich demnach u. a. Cornelius Obonya und Marco Pogo.

ÖVP verlor absolute Mehrheit

Die ÖVP erreichte bei der Landtagswahl am 29. Jänner 39,93 Prozent (minus 9,70 Prozentpunkte) und verlor damit die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung. Die FPÖ erzielte mit 24,19 Prozent ein Rekordergebnis und löste die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab. Wie die Schwarzen fuhren auch die Roten (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Resultat im Bundesland seit 1945 ein.

Die Volkspartei stellt künftig vier, die FPÖ drei und die SPÖ zwei Mitglieder in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, NEOS kam auf 6,67 Prozent.