Blau-gelb beleuchtetes Auditorium in Grafenegg zu Ehren der Ukraine am 5. März 2022
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Kultur

Filmakademie beendet Zusammenarbeit mit Land

Die Kritik der Kulturbranche am ÖVP-FPÖ-Arbeitsübereinkommen hat erste Konsequenzen: Die Akademie des Österreichischen Films wird die Zusammenarbeit mit Niederösterreich beenden. Das hat Auswirkungen auf die Filmpreis-Gala.

Vergangenen Juni wurden die österreichischen Filmpreise noch in Grafenegg (Bezirk Krems) verliehen und damit an einem von Niederösterreichs bedeutendsten Schauplätzen für Kulturveranstaltungen. Heuer wird das nicht mehr der Fall sein. Wie die Akademie des Österreichischen Films Freitagfrüh via Aussendung wissen ließ, beendet die Akademie die Zusammenarbeit mit Niederösterreich.

Zu diesem Schritt entschlossen hat sich die Akademie „aufgrund der politischen Entwicklungen in Niederösterreich und der dort eingesetzten neuen Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ“. Das Ende der Zusammenarbeit mit Niederösterreich gelte einer Sprecherin zufolge „bis auf weiteres“. Diese Entscheidung schließt auch mit ein, dass auf die Jahresförderung verzichtet werde. Für Niederösterreich bedeutet das unter anderem, dass ebenfalls bis auf weiteres keine Filmpreisverleihungen und Galaveranstaltungen im Bundesland mehr stattfinden werden.

Nächste Filmpreisgala in Wien

Verena Altenberger, die Präsidentin der Filmakademie, präzisierte die Entscheidung wenige Stunden nach der offiziellen Aussendung im ORF-Interview: „Wir finden, dass die Regierungskoalition in Niederösterreich Menschen Verantwortung in die Hände legt, die nicht voll umfänglich demokratisch handeln, die rassistisch und fremdenfeindlich handeln. Mit diesen Menschen wollten wir die Zusammenarbeit nicht fortsetze.“

Dass Grafenegg heuer nicht Austragungsort der Österreichischen Filmpreise ist, hat mit dem Entschluss der Akademie des Österreichischen Films allerdings noch nichts zu tun. Geplant war die Austragung – unabhängig der politischen Entwicklungen – im Globe Wien, allerdings hätte Grafenegg 2024 wieder zum Zug kommen sollen. Das ist damit vom Tisch und die Veranstalter brauchen eine alternative Location.

ABD0225_20220630 – GRAFENEGG – …STERREICH: (V.l.n.r.) PrŠsidentin Verena Altenberger sowie PrŠsident Arash T. Riahi am Donnerstag, 30. Juni 2022, anlŠsslich der Vergabe ,,…sterreichischer Filmpreis 2022" im Auditorium Grafenegg. – FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER
APA/Tobias Steinmaurer
Die letzten Filmpreise wurden 2022 noch in Grafenegg verliehen – damit ist vorerst Schluss

ÖVP kontert: „Mangelndes Demokratieverständnis“

Die niederösterreichische ÖVP zeigte für die Entscheidung der Akademie des Österreichischen Films kein Verständnis. Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner teilte in der Früh schriftlich mit, dass „manche ihre Kunstinstitution für parteipolitische Zwecke“ nutzen würden und bemängelte, dass es „einigen ganz offensichtlich immer noch schwerfällt, das Ergebnis demokratischer Wahlen anzuerkennen. Das ist ein bedenkliches Zeugnis eines mangelnden Demokratieverständnisses“.

Am Rande eines Medientermins äußerte sich nach Ebner dann auch Niederösterreichs Landeshauptfrau. Im Interview mit noe.ORF.at sagte sie „der Kunst ihre Freiheit und ihre freien Entscheidungen“. Zudem betonte sie, dass es im Land Niederösterreich eine Hauptverantwortliche für die Kultur gäbe, „und das bin ich“. Sie werden weiterhin „alles tun mit den Kulturschaffenden und unseren Kulturbetrieben, um Niederösterreich weiter als starkes Kulturland zu positionieren und dieses Profil zu stärken“.

Die Entscheidung der Akademie des Österreichischen Films nehme man in Niederösterreich laut Ebner jedenfalls „zur Kenntnis“. Die 71.000 Euro an Fördermitteln, die die Akademie heuer ausschlägt, fließen ihm zufolge "jedenfalls direkt in die Jugendförderung im Bereich von Kunst und Kultur. Den Kulturschaffenden entsteht durch die Entscheidung der Filmakademie also kein finanzieller Schaden“.

SPÖ sieht Mikl-Leitner „nicht gewachsen“

„Dass die Akademie des Österreichischen Films die Zusammenarbeit mit Niederösterreich beendet, zeigt leider, dass die Mikl-Leitner-ÖVP der großen Kulturtradition Niederösterreichs nicht mehr gewachsen ist“, übte Wolfgang Zwander, Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich heftige Kritik. Die Landeshauptfrau solle entweder die Preisverleihung „zurückholen oder die Kulturagenden an jemanden abgeben, der dieser Aufgabe gewachsen ist“. Nachsatz: „Stehen als nächstes die vielen herausragenden Veranstaltungen des Theatersommers auf dem Spiel?“ Landeshauptmann a. D. Erwin Pröll (ÖVP) wäre ein derart öffentlichkeitswirksamer Schnitzer auf Kosten der Reputation Niederösterreichs „sicher nicht passiert“, so Zwander.

Seit Wochen breite Proteste aus der Kultur

Schon bevor fixiert war, dass der ÖVP-FPÖ-Pakt tatsächlich zustande kommt, hatten mehrere Kunst- und Kulturschaffende gefordert, mit der FPÖ nicht zusammenzuarbeiten – mehr dazu in Künstler gegen FPÖ-Regierungsbeteiligung (noe.ORF.at; 16.3.2023). Wenige Tage später wurde der Unmut in Kulturkreisen auch der Festivaleröffnung „Imago Dei“ in Krems deutlich. Dort war die ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit Thema Nummer eins abseits des Programms.

Mehrere Kunstschaffende fanden dort klare Worte gegen die FPÖ in Regierungsverantwortung – unter anderem der Schriftsteller Robert Menasse, der die Zusammenarbeit als „völlig unverständlich“ bezeichnete. Sein Schriftstellerkollege Doron Rabinovici sprach von den niederösterreichischen Freiheitlichen unter Udo Landbauer als „einen Ausleger der FPÖ, der ja noch rechtsextremer ist, als die Partei sonst schon ist“ – mehr unter Kultur: „Unverständnis“ über ÖVP-FPÖ-Pakt (noe.ORF.at; 18.3.2023).