Gesundheit

Fünf Maßnahmen sollen Spitäler entlasten

Wegen des massiven Mangels an Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegepersonal will Niederösterreich das Arbeitsumfeld in den Landeskliniken verbessern. Drei von fünf am Freitag vorgestellten Maßnahmen zielen dabei auf die Ausbildung ab.

So sollen erfahrene Ärztinnen und Pfleger etwa mehr Zeit bekommen, um junge Kolleginnen und Kollegen einzuarbeiten und auszubilden, kündigte der für die Kliniken zuständige Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) an. Im medizinischen Bereich haben Studierende und Turnusärzte eigentlich ausbildungsverantwortliche Ärzte, wegen der vielen Arbeit sei aber oft keine Zeit für eine Betreuung – das habe er bei seinen Besuchen der Klinikstandorte mehrfach gehört, so Schleritzko.

Ein ähnliches Problem gebe es im Pflegebereich, heißt es: Dort soll es künftig im Praxisanleiter-Modell mehr Zeit geben. Auch hier komme die Ausbildungszeit zu kurz, schilderte der Landesrat Erzählungen der Belegschaft. Außerdem möchte man vermehrt Lehrlinge in die Kliniken holen, dort gebe es ebenso ein Personalproblem. Ausgebildet werden junge Menschen in einer Lehre etwa in der Verwaltung, der IT oder der Küche.

Die fünf Maßnahmen

  • Mentoringprogramm verbessern
  • Praxisanleiter-Modell weiterentwickeln
  • Lehrlingsoffensive
  • Karrieremodell für Ärztinnen und Ärzte
  • Dokumentationsarbeit verbessern

Karriereleiter für Ärztinnen und Ärzte

Neben den Verbesserungen bei der Ausbildung soll die Dokumentationsarbeit vereinfacht werden, indem diktierte Patientenbefunde nicht mehr händisch abgetippt, sondern über ein Spracherkennungsprogramm automatisch verschriftlicht werden. Der fünfte Punkt betrifft die Karrieremöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte. Das Aufsteigen soll leichter werden, mit mehreren Karrierestufen. Derzeit sei meist als Oberarzt Endstation, heißt es. „Nur zwei bis drei Prozent der Ärzte haben eine höhere Einstufung als Oberarzt“, sagt der in der Landesgesundheitsagentur (LGA) für Medizin und Pflege zuständige Direktor Markus Klamminger.

Geplant ist die Einführung von mehr und kleineren Teams mit jeweils Verantwortlichen, im Gegenzug sollen Primare für weniger Mitarbeitende zuständig sein. In St. Pölten gebe es etwa eine Abteilung, in der ein Primar mehr als 100 Ärzten vorstehe, so Klamminger. Das soll es zukünftig nicht mehr geben. Zusatzaufgaben von Verantwortungsträgern, wie das Erstellen von Dienstplänen, sollen „fair entlohnt“ werden, so Schleritzko.

Start 2024, aber Kosten noch offen

„Spätestens mit 2024, also zu Jahresbeginn, werden wir diese fünf Punkte flächendeckend ausrollen können“, kündigte Schleritzko an, der die Maßnahmen als Umsetzungsauftrag an den LGA-Vorstand weitergibt. Die Kosten dafür stünden noch nicht fest: „Aber wir sind bereit, das notwendige Geld in die Hand zu nehmen. Gerade der Bereich Praxisanleitung wird eine höhere finanzielle Aufwendung sein.“

Damit sollen die Kliniken als Arbeitgeber attraktiver werden. Im Mai hieß es etwa aus dem Landesklinikum Amstetten, dass wegen der Personalnot die Dienste in einer Abteilung nicht mehr besetzt werden können – mehr dazu in Personalnot: Runder Tisch in Amstetten (noe.ORF.at; 10.05.2023). Es seien zwar im Vorjahr so viele Medizinerinnen und Mediziner wie noch nie (148) eingestellt worden, sagte Schleritzko, „doch dadurch haben wir keine Leistungsstunde mehr gewonnen, sondern lediglich eine Lücke, die aufgrund der hohen Teilzeitquote und Pensionierungen entstanden ist, geschlossen.“ Mit 22.500 Mitarbeitenden habe man derzeit einen Personalhöchststand, heißt es. 53 Prozent des Klinikpersonals arbeitet Teilzeit.

Zustimmung von Ärztekammer

Die niederösterreichische Ärztekammer begrüßt die geplanten Maßnahmen für die Spitäler. „Die vorgestellten fünf Punkte entsprechen allesamt unseren Vorstellungen und sind mit Sicherheit gut geeignet, den Standort Niederösterreich gerade für junge Ärzt:innen im Vergleich zu umliegenden Krankenhäusern in benachbarten Bundesländern attraktiv zu machen", wurde Ärztekammer-Präsident Harald Schlögel in einer Aussendung zitiert.

Teilnehmer vor Beginn des Medizin Aufnahmetests in der Messe Wien
APA/Robert Jaeger
Wegen des Ärztemangels war zuletzt auch immer wieder über eine Quote beim Medizin-Aufnahmetest diskutiert worden

Medizin-Aufnahmetest bringt Quote aufs Tapet

Einige Politikerinnen und Politiker sehen den Ausgangspunkt der Personalnot in der Anzahl der Medizinstudienplätze. Gefordert wird seit Jahren eine Erhöhung. 11.735 traten am Freitag für 1.850 Studienplätze zum Aufnahmetest an. Begleitet wurde der Test von medialen Forderungen für eine „Mediziner-Quote“ wegen „Numerus-Clausus-Flüchtlingen“. Der Med-Uni-Vizerektor für Lehre und Studierendenangelegenheiten, Wolfgang Prodinger, sprach sich vor Beginn des Tests bei einem Pressegespräch für so eine Quote aus.

In der Humanmedizin gehen 95 Prozent der Studienplätze an EU-Kandidaten, mind. 75 Prozent an jene mit österreichischem Maturazeugnis.

Zugleich gab er sich aber skeptisch, dass solche „Änderungen schnell zu erwarten sind.“ Letzten Endes bleibe es außerdem „eine politische Entscheidung“. „Ich wäre aber glücklich, wenn eine solche Quote kommen würde, denn dann hätten wir mehr österreichische Absolventen“, so der Vizerektor. Zugleich aber verteidigte Prodinger die Medizin-Studenten aus Deutschland: „Diese haben Österreich auch gut getan.“

Ins Spiel gebracht hatte eine solche Quote zunächst Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – mehr dazu in Mikl-Leitner gegen „Numerus-Clausus-Flüchtlinge“ (noe.ORF.at; 20.6.2023). Unterstützung bekam sie durch ein Gutachten des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer, der der Auffassung war, dass Österreich die Zulassungsbeschränkungen des jeweiligen Heimatlandes für ausländische Medizinstudenten anwenden dürfe. Anderer Meinung war wiederum Europarechts-Kollege Peter Hilpold.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) blieb in dieser Frage bisher vorsichtig. Man prüfe den Mikl-Leitner-Vorstoß gerade „sehr intensiv“, so Polaschek, der eine eigene Arbeitsgruppe mit Experten aus Europa- und Verfassungsrecht einsetzte, ob man auf Basis der Expertise an die EU-Kommission herantreten sollte.