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Wirtschaft

Die zerplatzten Träume vom Eigenheim

Mehr Eigenkapital und eine kürzere Laufzeit – seit fast einem Jahr gelten strengere Vorgaben für die Kreditvergabe. Zugleich stiegen die Baukosten. Das wirkt sich nun auf die Baubranche aus. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern in Niederösterreich brach regelrecht ein.

Besonders hart trifft es Firmen, die sich auf den Einfamilienhausbau spezialisiert haben, etwa auch Fertigteilhausfirmen – sagt Robert Jägersberger, Landesinnungsmeister Bau in der Wirtschaftskammer. Die Zahl der Aufträge sei massiv zurückgegangen. Auch die Ziegelproduktion werde zurückgefahren, denn die Lager seien voll. Fachkräftemangel gebe es keinen mehr.

Hinzu kommen deutlich höhere Preise. Wer sich heute dazu entschließt, ein Haus bauen zu lassen, muss laut Baukostenindex mittlerweile etwa 25 Prozent höhere Kosten einplanen als noch vor drei Jahren. Einen großen Anteil daran haben die Materialkosten, die zuletzt um 33 Prozent teurer wurden.

Strenge Kreditbewilligungen in der Kritik

Dass sich deutlich weniger Menschen für einen Hausbau entschließen, liege allerdings nicht nur an den stark gestiegenen Preisen, wie Jägersberger betont. Mit eine Rolle spielen die deutlich strengeren Regeln für Kreditvergaben. Mit dieser Meinung bestärkt der Branchenvertreter eine Kritik, die aus Baukreise in den vergangenen Monaten häufig geäußert wurde.

Die Hypo Niederösterreich hat im ersten Halbjahr 2023 um 25 bis 30 Prozent weniger Wohnkredite vergeben als im gleichen Zeitraum 2022. Die niederösterreichischen Raiffeisenbanken verzeichnen sogar einen Rückgang um 57 Prozent. Angesichts dieser Zahlen kritisiert Branchenvertreter Jägersberger die strengeren Kriterien scharf und fordert, diese sofort aufzuheben.

Doch unabhängig der Kreditbewilligung wird es angesichts der Inflation für immer mehr Menschen schwierig, sich die Kreditraten leisten zu können. Dem stimmt auch Jägersberger zu. Die steigenden Zinsen würden derzeit viele Interessenten letztlich abhalten, tatsächlich ein Haus zu bauen – aus Angst, die monatlichen Vorschreibungen nicht leisten zu können – erst recht, sollten die Zinsen weiter steigen.

Einfamilienhaus
Pixabay/13902
Über den Traum vom eigenen Haus trauen sich angesichts steigender Kosten und erschwerter Kredite immer weniger Menschen

Auch Eigentumskäufe deutlich rückläufig

Mit der Kritik steht Jägersberger nicht alleine da und sie betrifft nicht nur den Hausbau, sondern auch den Erwerb von Eigentum. Zuletzt verwies etwa Gerald Gollenz, Obmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), auf die österreichweit rückläufigen Immobilienkäufe, die im Vorjahr laut Grundbuch um rund 20.000 auf etwa 140.000 zurückgingen. Heuer sei die Nachfrage um 11,2 Prozent gesunken, bei den Preisen sehe man einen Rückgang um 6,8 Prozent – dabei sei das Angebot am Immobilienmarkt um 7,6 Prozent gestiegen.

Auch Gollenz plädiert dafür, dass sich vor allem bei den Rahmenbedingungen für die Kredite einiges ändern müsse. „Wer Anfang 2022 einen Kredit über 300.000 Euro mit 25 Jahren Laufzeit und variablen Zinsen aufgenommen habe, zahlte 1.030 Euro monatlich, jetzt sind es 1.625 Euro“, rechnete Gollenz das Problem vieler Eigenheim-Besitzer vor.

Hintergrund der Verschärfungen war es, Banken vor zu großen Risiken zu schützen, daher wurde die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) erlassen: Demnach dürfen nur maximal 90 Prozent des Schätzwertes einer Immobilie beliehen werden. Wobei die Rückzahlung maximal 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens ausmachen dürfe. Die Laufzeit ist mit maximal 35 Jahren begrenzt. Bei 20 Prozent der Kredite dürften die Kriterien großzügiger ausgelegt werden.