Politik

Riedl: Neue Grundstücksdeals veröffentlicht

Nach Bekanntwerden weiterer Immobiliengeschäfte von Gemeindebundpräsident Riedl (ÖVP) in seinem Heimatort Grafenwörth, fordern Grüne, NEOS und SPÖ seinen Rücktritt. Unterdessen hat Greenpeace rund um das umstrittene Bauprojekt „Sonnenweiher“ vom Land alle Unterlagen gefordert.

Am Freitag wurden weitere Geschäfte Alfred Riedls bekannt. Er und seine Firma Realitas Grawoe GmbH – deren Miteigentümerinnen seit 2022 auch seine drei Töchter sind – haben laut einem „WZ“-Bericht zahlreiche Grundstücke in der Gemeinde erworben. Die meisten Flächen hat der ÖVP-Politiker demnach gekauft und an seine Töchter und Enkelkinder verschenkt.

Im Dezember 2020 soll Riedl etwa ein 4.779 Quadratmeter großes Areal, das als Grünland und Eignungszone für die Gewinnung von Sand und Kies gewidmet ist, für 630 Euro vom Bauunternehmen Swietelsky AG gekauft haben. Am 18. März 2023 schenkte Riedl den Grund laut „WZ“ seinen Kindern und Enkeln, der Wert der Liegenschaft werde im dazugehörigen Vertrag auf 190.000 Euro geschätzt. Auf Anfrage bestätigte der Bürgermeister demnach den Kauf, aber nicht die Summe.

In der Schottergrube neben diesem Grundstück soll der Kiesabbau laut Kaufvertrag Ende 2027 eingestellt werden. Riedl habe ein vertraglich abgesichertes Vorkaufsrecht für die restlichen Flächen – insgesamt 52.239 Quadratmeter, berichtete die „WZ“. Er könne die Gründe um elf Cent pro Quadratmeter kaufen, sollte sie Swietelsky veräußern. Weitere Flächen in Grafenwörth wurden dem Bericht zufolge beispielsweise in Verbindung mit Verlassenschaften erworben.

NEOS, Grüne und SPÖ fordern Riedls Rücktritt

Als „Sittenbild der ÖVP-Landespolitik, das unmoralisch und erschreckend ist“ bezeichnete NEOS-Landesparteivorsitzende Indra Collini die bekanntgewordenen Geschäfte: „Jetzt ist klar, dass Riedl sein Insiderwissen als Bürgermeister und das Vertrauen der Menschen über Jahre missbraucht hat. Das muss seinen sofortigen Rücktritt zur Folge haben. Außerdem erwarte ich mir, dass Johanna Mikl-Leitner endlich ihr Schweigen bricht und zu den Geschäften ihres äußerst schweigsamen Parteikollegen Stellung bezieht“, so Collini.

Die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer hat am Freitag Riedl zum Rücktritt aufgefordert. Die neuesten Enthüllungen in Verbindung mit Grundstücksdeals des Gemeindebund-Chefs hätten das Bild verdichtet, betonte Voglauer. „Herr Riedl ist sich selbst am nächsten. An das Wohl der Bürger:innen denkt er – wenn überhaupt – erst an zweiter Stelle.“ Das sei eines Bürgermeisters „unwürdig“ und ebenso für den Gemeindebund, so Voglauer. „Es entsteht der Eindruck, als hätte Alfred Riedl nur die eigene Profitmaximierung vor Augen.“ Damit schade er dem Ansehen der Bürgermeister über alle Parteigrenzen hinweg.

Auch der SPÖ-NÖ-Kommunalsprecher Wolfgang Kocevar stimmte am Samstag in den Chor der Rücktrittsaufforderungen mit ein. Kocevar forderte den Rücktritt Riedls von allen Ämtern, also auch vom Amt des Bürgermeisters. „Der Ruf der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Niederösterreich steht auf dem Spiel. Die Machenschaften Riedls, Grundstückdeals in der eigenen Gemeinde für den persönlichen Vorteil zu nützen, werfen auch ein äußerst schlechtes Licht auf die anderen 572 Gemeindeverantwortlichen im Bundesland", so Kocevar. Er forderte die VP-Vizepräsidenten im Gemeindebund auf „einen endgültigen Schlusspunkt unter das System Riedl zu setzen.“

Die Seehäuser am Sonnenweiher
APA/VI-Engineers/Squarebytes
Der „Sonnenweiher“ brachte die Recherchen rund um Grundstückgeschäfte Riedls in seiner Gemeinde ins Rollen

Greenpeace will Unterlagen sehen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert unterdessen vom Land alle Unterlagen bzw. Gutachten zum umstrittenen Projekt „Sonnenweiher“ in Grafenwörth. Im Fokus stehen etwa verschobene Siedlungsgrenzen und Grundstücksverkäufe. Greenpeace beruft sich auf das Umweltinformationsgesetz und will deshalb einige Fragen beantwortet haben. Generell fordert man Einsicht in Berichte, Analysen, Gutachten, Informationen, Bescheide und Rechtsakte, die mit den Umwidmungen rund um das Bauprojekt in Zusammenhang stehen. Es gehe um die ökologischen Auswirkungen der zunehmenden Verbauung sowie die naturschutzfachlichen Auswirkungen des Projekts.

In einem zweiten Punkt will Greenpeace wissen, warum für die Errichtung der Wohnhaussiedlung Siedlungsgrenzen verschoben wurden. Auch dazu verlangt die Umweltorganisation Akteneinsicht. In ihrem Schreiben an das Amt der Landesregierung begründet man das damit, dass es „sich bei der Erstellung von Siedlungsgrenzen um eine zentrale Maßnahme zur Eindämmung der Zersiedelung und des zunehmenden Bodenverbrauchs und damit um eine Maßnahme mit direktem Umweltbezug“ handle.

Greenpeace will auch Grundstücksverkäufe prüfen

In einem dritten Punkt des Briefes fordert man eine vollständige Liste aller Grundstücksankäufe sowie Immobilienverkäufe der WET-Gruppe zwischen Jänner 2017 und Juni 2023. An diese gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, die im Teilbesitz des Landes steht, soll der Grafenwörther Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP) zwei Grundstücke für das Projekt gewinnbringend verkauft haben.

Der Brief wurde am Freitag an das Amt der niederösterreichischen Landesregierung übermittelt. Ob diese die Forderungen für rechtmäßig hält und die Akten freigibt oder nicht, ist noch offen.

Gutes Geschäft für Bürgermeister

Das Projekt „Sonnenweiher“ mit mehr als 200 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern sowie kleinen Seehäusern entsteht derzeit rund um einen etwa 36.000 Quadratmeter großen Foliensee. Riedl soll durch den Verkauf von Grundstücken für das Projekt mehr als eine Million Euro verdient haben – mehr dazu in Häuser am Foliensee: Aufregung in Grafenwörth (noe.ORF.at; 5.7.2023).

Die Kritik an Bürgermeister Riedl, der zugleich Präsident des Gemeindebundes ist, wurde zuletzt immer lauter. Am Dienstag musste sich der ÖVP-Politiker in einer internen Sitzung erklären, bei der man Aufklärungsbedarf sah. Danach kündigte Riedl an, seine Funktion im Gemeindebund vorläufig ruhend zu stellen – mehr dazu in Riedl stellt Amt als Gemeindebund-Chef ruhend (noe.ORF.at; 25.7.2023).