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Analyse

Experten lehnen Hergovichs Zinsdeckel ab

Der SPÖ-Landesparteivorsitzende, Sven Hergovich, untermauerte im „Niederösterreich heute"-Sommergespräch seine Forderung nach einem Zinsdeckel von drei Prozent für Immokredite. Expertinnen und Experten sehen das kritisch, der Vorschlag könnte die Teuerung sogar anheizen.

Es ging ums Geld im Sommergespräch von ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs mit dem SPÖ-Vorsitzenden Sven Hergovich. Eine Schwerpunktforderung Hergovichs ist ein Zinsdeckel für Kredite von drei Prozent – mehr dazu in Hergovich für „rasche“ Neuwahlen im Bund (noe.ORF.at; 4.9.2023). Der Münchner ifo-Chef Clemens Fuest schreibt in der Tageszeitung „Standard“, dass so ein Zinsdeckel negative Folgen für Österreich hätte, unter anderem ein Anstieg der Teuerung.

Hergovich beharrte aber darauf: „Im Gegenteil, mein Vorschlag wäre ja inflationshemmend. Denn was derzeit passiert ist, dass die Regierung einfach zuschaut wie die Preise in die Höhe schießen und dann nachher an die Leute Gutscheine auszahlt – und das führt natürlich zu einer hohen Inflation. Wir hingegen wollen preisregulierend eingreifen und damit die Teuerung im Ansatz stoppen. Ich glaube, dass unser Ansatz dazu führen würde, dass man eine niedrigere Inflation hätte.“

„Zinsdeckel würde Teuerungsbekämpfung erschweren“

Experten sehen das anders, ein Zinsdeckel könne die Inflation sogar noch weiter anfachen, meint Monika Köppl-Turyna, Direktorin des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstitutes Eco Austria: „Die Wirkung der Zinsen führt dazu, dass weniger konsumiert wird, dass weniger Kredite vergeben werden, das ist eigentlich das Ziel der Zinspolitik und mit so einem Zinsdeckel würden wir dieses Ziel direkt konterkarieren, das würde möglicherweise die Inflation noch weiter befeuern bzw. deren Bekämpfung erschweren und verlängern.“

Baustelle Einfamilienhaus
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Der Hausbau ist wegen hoher Kreditzinsen nur mehr schwer möglich

Bankenexperte: „Keine Übergewinne der Banken“

Bezahlt werden soll dieser Zinsdeckel laut Hergovich aus den Übergewinnen der Banken, was die Experten ebenfalls kritisch sehen. Thomas Url, Bankenexperte des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO): „Wir haben in Österreich einen stark genossenschaftlichen und sparkassenmäßig aufgestellten Sektor. Banken, die keine Möglichkeit haben über Aktienemissionen zusätzliches Eigenkapital hereinzubekommen, sind auf Gewinne angewiesen, damit sie im nächsten Aufschwung auch wieder Kredite vergeben können.“

Und im langjährigen Vergleich sieht Bankenexperte Url eine Normalisierung der Gewinne und keine Übergewinne. Abgesehen davon wäre so eine Übergewinnsteuer auch ein standortschädigendes Signal, meint er. Ein Zinsdeckel würde laut Erhebungen der Nationalbank großteils auch die Falschen treffen, denn zwei Drittel der variablen Kredite entfallen auf Menschen im obersten Einkommensquartil, so Url. „Das heißt, die Vermögendsten und die am besten verdienenden Haushalte haben tendenziell die meisten variabel verzinsten Kredite und da muss man sich in der Politik auch überlegen, ob man Maßnahmen setzt, die gerade diese Einkommens- und Vermögensgruppe schützen.“

„Verteilung von unten nach oben“

Damit würde Steuergeld von unten nach oben verteilt, sagt auch Köppl-Turyna. Sinnvoller sei vielmehr ein Härtefallfonds für jene Menschen, die tatsächlich in finanzielle Schieflage geraten: „Es wäre viel effizienter und viel günstiger für den Staat, für den Steuerzahler, wirklich nur diesen Personen mit niedrigem Einkommen zu helfen.“

SPÖ-NÖ-Chef Hergovich forderte auch, dass Hauslbauer nachträglich in die Wohnbauförderung des Landes einsteigen können sollen, bis zu 45.000 Kreditnehmerinnen und -nehmer könnten dadurch von billigeren Kreditraten profitieren. Die Maßnahme koste laut SPÖ derzeit etwa 45 Millionen Euro pro Jahr. Geld, das aus Übergewinnen der HYPO NÖ kommen solle.

Bei der HYPO sieht man das anders. In einem schriftlichen Statement wird mitgeteilt: „Die HYPO NOE macht keine Übergewinne, sondern hat im Halbjahr Rückstellungen aufgelöst. Der Periodenüberschuss der HYPO NOE geht ohnehin über die Dividende wieder zurück an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – nämlich an den Eigentümer, das Land NÖ. Darüber hinaus wird der Periodenüberschuss zur Neukreditvergabe an Häuslbauer und Wohnungskäufer verwendet“. Während diese Forderung Hergovichs die Landespolitik betrifft, ist ein Zinsdeckel eine rein bundespolitische Agenda.