Politik

Gemeindebund ermöglicht Riedl-Abwahl

Der Gemeindebund hat bei einer Sitzung am Freitag eine Statutenreform durchgeführt, die eine Abwahl des umstrittenen Präsidenten Alfred Riedl (ÖVP) ermöglicht. Nachfolger dürfte der niederösterreichische Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP) werden.

Die neuen Statuten sehen unter anderem vor, dass künftig die Abwahl eines Präsidenten mit Zweidrittelmehrheit bei Zweidrittelanwesenheit möglich wird. Der Bundesvorstand aus 64 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus ganz Österreich sowie dem Gemeindebund-Generalsekretär vereinbarte bei der Sitzung den Fahrplan zur Neuwahl eines Präsidenten des Gemeindebundes.

„Noch vor Weihnachten werden die Landesverbände eingeladen, Wahlvorschläge für das Amt des Präsidenten zu erarbeiten“, wurden die beiden Gemeindebund-Vizepräsidenten Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger in einer Aussendung zitiert. Als Termin für die nächste Bundesvorstandssitzung mit einer Neuwahl des Präsidenten wurde parteiübergreifend der 26. Februar 2024 vereinbart.

Gute Chancen für Pressl

Mit dem Termin wolle man den Landesverbänden Zeit geben, Wahlvorschläge zu erstellen. Ziel sei ein einstimmiger Vorschlag für den neuen Präsidenten. Sollte Riedl bis dahin nicht – wie im Gemeindebund erhofft – von selbst das Feld räumen, werde dort auch dessen Abwahl stattfinden. Man gehe allerdings davon aus, dass Riedl vorher gehen werde. Dieser hatte Ende Oktober weiterhin darauf gepocht, dass er zunächst die Ergebnisse der Prüfverfahren von Landesrechnungshof und Bezirkshauptmannschaft abwarten wolle.

Bis zur Neuwahl führen weiterhin Dirnberger und Kaufmann als Vizepräsidenten die Geschäfte, das Präsidentenamt streben sie laut Medienberichten allerdings beide nicht an. Gute Chancen werden Johannes Pressl (ÖVP) vom niederösterreichischen Gemeindebund eingeräumt, weil Niederösterreich auch ein Viertel der Bundesvorstandsmitglieder stellt.

Gegenüber Ö1 bestätigte Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss am Freitagnachmittag, dass sich Pressl bereit erklärt habe, diese Funktion anzunehmen. Zuvor sollen aber noch Gespräche mit allen Landesverbänden stattfinden. Die Wahl soll Ende Februar über die Bühne gehen.

Grundsätzlich können sich die zehn Landespräsidenten zur Wahl stellen – Wien ist im Gemeindebund nicht vertreten, dafür haben Niederösterreich und das Burgenland jeweils einen eigenen ÖVP- und einen SPÖ-Landesverband. Kaufmann ist die einzige Frau darunter.

Umstrittene Grundstücksverkäufe

Neben den Statutenänderungen – möglich sind nun auch virtuelle Bundesvorstandssitzungen und eine Vertretung des Präsidenten auch ohne längere Abwesenheit oder Krankheit – waren bei der Sitzung am Freitag auch Finanzausgleich und Gemeindefinanzen ein Thema. „Wir wissen, dass immer mehr Gemeinden bei der Budgeterstellung fürs Jahr 2024 an ihre Grenzen kommen. Die Zahl der Kommunen, die ihre Budgets nicht ausgleichen können, wird steigen“, so Kaufmann und Dirnberger. Man habe daher vereinbart, rasch Gespräche mit Bund und Ländern zu führen.

Riedl ist seit 2017 Präsident des Gemeindebundes, von 1998 bis 2018 saß er als Abgeordneter im niederösterreichischen Landtag. Bürgermeister von Grafenwörth (Bezirk Tulln) ist er bereits seit 1990. Umstrittene Grundstücksverkäufe in seiner Heimatgemeinde haben Riedl seit dem Sommer unter Druck gebracht.

Das Projekt „Sonnenweiher“, das in Medien als „Mini-Dubai des Weinviertels“ bezeichnet wurde, umfasst mehr als 200 Häuser um einen Foliensee. Riedl soll laut Berichten mit dem Verkauf von Grundstücken mehr als eine Million Euro verdient haben, im Sommer wurden weitere Geschäfte bekannt – mehr dazu in Riedl: Neue Grundstücksdeals bekannt (noe.ORF.at; 27.7.2023).