Dollfuß-Museum
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Chronik

Dollfuß-Museum: Leihgeber wollen vorzeitige Übergabe

Leihgeber des umstrittenen und seit 2022 geschlossenen Dollfuß-Museums in Texingtal (Bezirk Melk) haben die Gemeinde in einem Brief um eine vorzeitige Übergabe ihrer Objekte an die Landessammlungen ersucht. Die Gemeinde will dem nachkommen.

Laut dem Schreiben an die Gemeinde Texingtal, von dem am Dienstag auch die „NÖN“ berichteten, forderten Leihgeber, unter ihnen auch Nachfahren von Dollfuß, die Objekte nicht wie in dem im Vorjahr präsentierten Konzept der „konstruktiven Auflösung“ vorgesehen schrittweise zu entnehmen, sondern diese den Landessammlungen NÖ und damit der Kulturabteilung zu übergeben. Dort sollen sie wissenschaftlich „bearbeitet“ werden. Bei mehreren Exponaten seien Herkunft und Besitzverhältnisse nicht klar.

Dem Wunsch wolle man nachkommen, sagte Bürgermeister Günther Pfeiffer (ÖVP) zur APA, mehrere Stücke würden treuhändisch an das Land gehen. Wann die Übergabe genau erfolge und welche Auswirkungen der Schritt auf die Planungen haben werden, blieb offen. Verwiesen wurde auf laufende Gespräche, es sei „vieles im Fluss“.

Auswirkungen auf bisheriges Konzept unklar

Von einem „guten Recht der Leihgeber, mit ihrem Eigentum so umzugehen, wie sie wollen“, spricht Projektleiter Alexander Hauer im „NÖN“-Bericht. „Das Gute daran ist, dass die Objekte nicht in einem privaten Archiv verschwinden, sondern in einer öffentlichen Institution der Wissenschaft zur Verfügung stehen. Wir sind Teil der Wissenschaft und werden aufgrund dieses Umstandes das Konzept in den nächsten Wochen überprüfen und nachjustieren müssen. Das ist aber ein Umstand, der uns nicht überrascht“, wurde Hauer zitiert.

Die Auswirkungen der Aktion standen vorerst nicht fest. Der Projektleiter betonte, dass sich „in den nächsten Tagen und Wochen“ herausstellen werde, was die nun geplante Übergabe von Objekten grundsätzlich bedeute sowie „ob und wie“ das ursprünglich angedachte Konzept umsetzbar sein werde.

Ursprünglich „konstruktive Auflösung“ bis 2028 geplant

Im Oktober des Vorjahres war eine Neukonzeption der umstrittenen Einrichtung samt „konstruktiver Auflösung“ bis 2028 präsentiert worden. Ab heuer sollten die rund 200 Objekte schrittweise und kuratiert entfernt bzw. an andere Institutionen weitergegeben oder an die privaten Leihgeber retourniert werden – mehr dazu in Dollfuß-Museum: „Konstruktive Auflösung“ bis 2028 (noe.ORF.at; 20.10.2023).

2028 läuft der jetzige Pachtvertrag zwischen Gemeinde und der Dollfuß-Familie als Hausbesitzerin aus. Bis dorthin sollte laut dem Konzept in jährlichen Schritten die Auflösung erfolgen. Die Ausstellungsstücke sollten vor ihrer Entfernung quellenkritisch analysiert und erforscht werden, bevor sie an Partnerinstitutionen weitergereicht werden. Geplant war ein Prozess gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern der Region sowie Personen aus dem künstlerischen und wissenschaftlichen Umfeld.

Texingtal ist die Heimatgemeinde von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), in der er vor seiner Berufung in die Bundesregierung auch Bürgermeister war. Das Museum im Geburtshaus des 1934 ermordeten austrofaschistischen Kanzlers war nach Karners Amtsantritt als Ressortchef in die Schlagzeilen gekommen. Im Mai 2022 wurde schließlich der Verein „MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk“ von der Gemeinde, die als Trägerin des Museums fungiert, mit der Neukonzeption des Museums im Ortsteil Texing beauftragt.