Chronik

Dollfuß-Museum wurde überraschend geräumt

Die Ausstellung im Geburtshaus von Engelbert Dollfuß in Texingtal (Bezirk Melk) ist am Freitag überraschend bis auf wenige Objekte geräumt worden. Die Ausstellungsstücke wurden den Landessammlungen Niederösterreich treuhändisch übergeben.

Der Bürgermeister von Texingtal, Günther Pfeiffer (ÖVP), hat laut dem Verein „MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk“ am Freitag die Ausstellung bis auf wenige Objekte räumen lassen. Dadurch könne das auf Dialog und Geschichtsvermittlung aufgebaute Projekt „in dieser Form nicht mehr durchgeführt werden“.

Das seit Anfang 2022 geschlossene Museum wurde zuletzt immer wieder kritisiert und war umstritten. Kritisiert wurde, dass sich das Museum zu wenig kritisch mit Dollfuß, der 1932 Bundeskanzler wurde und ab 1933 sukzessive die Demokratie ausschaltete, auseinandersetze.

Auflösung ursprünglich bis 2028 geplant

Der Verein „MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk“ wurde von der Gemeinde Texingtal im Mai 2022 mit einer Neukonzeption beauftragt. Auf Basis eines Bürgerbeteiligungsverfahrens und unterstützt von einem interdisziplinären und internationalen wissenschaftlichen Beirat hat das Kuratorenteam dieses Konzept am 20. Oktober präsentiert.

Unter dem Titel „Raum schaffen – Ein Museumsprojekt für das Dollfuß-Geburtshaus“ sei eine schrittweise Entfernung der Objekte bis zum Ende des Pachtvertrags in fünf Jahren vorgesehen gewesen, „die allerdings wissenschaftlich und künstlerisch begleitet stattfinden sollte“, so der Verein.

„Notwendige Geschichtsaufarbeitung nicht mehr möglich“

Projektleiter Alexander Hauer bedauerte am Freitag in einer Aussendung, „dass damit die geplante und notwendige öffentlichkeitsbeteiligte Geschichtsaufarbeitung nicht mehr stattfinden kann“. Ob und in welcher Form sich das Kuratorenteam Remigio Gazzari, Christian Rabl und Johanna Zechner „bei der historischen Aufarbeitung des Themas weiter einbringen kann und will, ist noch Gegenstand aktueller Beratungen“.

Vor der Räumung am Freitag hatten mehrere Leihgeber die Gemeinde Texingtal in einem Brief an den Bürgermeister aufgefordert, die von ihnen zur Verfügung gestellten Objekte treuhändisch an das Land Niederösterreich zu übergeben, wo eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme und eine entsprechende Aufbewahrung stattfinden soll.

Unterzeichnet worden sei das Schreiben von Verwandten von Engelbert Dollfuß bzw. Institutionen, die ihm biografisch nahestehen, so der Verein. Die Objekte der unterzeichnenden Leihgeber stellten nur einen begrenzten Teil der Ausstellung dar. Bei der heutigen Räumung seien allerdings nur jene Objekte im Haus belassen worden, die erwiesenermaßen anderen Leihgebern gehörten.