Gericht

Listerien-Tote: 13 Monate Haft für Käsereichef

Der ehemalige Chef der inzwischen geschlossenen Käserei Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) ist am Donnerstag in Wiener Neustadt im Prozess um Listerientodesfälle und -erkrankungen zu 13 Monaten Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch ist nicht rechtskräftig.

Angelastet worden waren dem 39-Jährigen grob fahrlässige Tötung, grob fahrlässige schwere Körperverletzung bzw. grob fahrlässige Körperverletzung. Der Angeklagte hat die Vorwürfe stets bestritten. Der aus Serbien stammende Mann soll Hygienebestimmungen missachtet und vom Lebensmittelinspektor aufgetragene Mängelbehebungen auch aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt haben. „Dass die Listerien aus Ihrem Unternehmen stammen, war vollkommen klar“, sagte die Einzelrichterin bei der Urteilsbegründung.

Sie ortete beim Beschuldigten „eine gewisse Leichtfertigkeit“ gepaart mit „einer Nichtinformation“ sowie „einer gewissen Schlampigkeit“. Mildernd habe sich die bisherige Unbescholtenheit ausgewirkt. Als erschwerend gewertet wurden der lange Tatzeitraum und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen. An drei der Opfer muss der 39-Jährige in Summe 20.000 Euro bezahlen. Er gab keine Erklärung ab, ebenso verhielt sich die Staatsanwältin.

Angeklagter: „Das Ärgste, was passieren hat können“

Der nicht anwaltlich vertretene Mann hatte die Anklagepunkte zwar stets bestritten, in seinem Schlussstatement zeigte er sich aber doch zerknirscht. „Das Tragischste am Verfahren sind die Menschen, die nicht mehr unter uns leben, unabhängig von meinem Verschulden.“ Es sei „das Ärgste, was passieren hat können“, und tue ihm „außerordentlich leid“, gab der Mann laut Dolmetscher zu Protokoll.

Zur Causa: Bereits im April 2018 waren Listerien in dem Betrieb nachgewiesen worden, wovon der Beschuldigte aber erst wesentlich später erfahren haben will. Im September 2022 wurde dann laut Staatsanwaltschaft ein Bakterienstamm u. a. im Reiferaum des Betriebs nachgewiesen, die Produktion wurde per Bescheid untersagt.

Das Unternehmen rief Kajmak, Trinkjoghurt und Frischkäse zurück. Zuvor hatten routinemäßig durchgeführte Clusteranalysen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ergeben, dass mehrere Erkrankungen in Wien auf einen identen Listerienstamm zurückzuführen sind.

Fünf Menschen starben

Fünf Menschen starben nach dem Verzehr kontaminierter Produkte. Zwei Personen erlitten eine dauerhafte Hirnschädigung, drei weitere eine chronische Nierenschwäche, Lungenentzündungen oder ausgeprägte Schwächezustände. Eine Frau soll wegen einer Listeriose eine Frühgeburt gehabt haben. Das Baby musste künstlich beatmet werden und erlitt eine Sepsis.

Die Abstammung der bei den Patienten gefundenen Listerien von der Käserei Gloggnitz erachtete ein Sachverständiger für Infektiologie am Donnerstag als eindeutig. Die vorliegenden Fälle würden nur „die Spitze des Eisberges“ abbilden, sagte der Gutachter, der von einer Vielzahl an weiteren Infektionen ausgeht. Allgemein kann eine Listerienerkrankung wohl als durchaus heimtückisch angesehen werden. Laut dem Experten beträgt die Inkubationszeit bis zu 70 Tage.

Weiterer Prozess im März

Zu den bisher bekannten Vorwürfen kamen am Donnerstag jene der Untreue, der vollendeten und versuchten Körperverletzung sowie der Nötigung hinzu. Der 39-Jährige hatte laut Staatsanwältin mehr als 6.600 Euro aus der Konkursmasse entzogen und bei einem Vorfall im März 2023 im Firmenbüro seine Frau sowie einen ehemaligen Mitarbeiter attackiert.

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig, wurde aber in Bezug auf die Körperverletzungsdelikte von einer Videoaufnahme belastet. Die neu vorgebrachten Vorwürfe wurden schließlich – ebenso wie zwei vom ursprünglichen Strafantrag umfasste Listerieninfektionen – ausgeschieden. Thematisiert werden diese Punkte am 14. März, mehrere Zeugenbefragungen sind vorgesehen.

Die 2015 im Firmenbuch eingetragene Käserei, die bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigte, meldete Ende 2022 zum zweiten Mal Insolvenz an. Ein Konkursverfahren war die Folge. Mit Beschluss vom 12. April 2023 wurde die Schließung des Betriebs angeordnet.