Landesrechnungshof
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Politik

Rechnungshof will mehr Kompetenzen

Fragwürdige Grundstücksdeals von Bürgermeistern haben die Diskussion neu entfacht, ob der Landesrechnungshof mehr Kompetenzen bekommen und alle Gemeinden prüfen können soll. Fachleute, die Opposition sowie der Rechnungshof selbst sind dafür, die ÖVP ist dagegen.

Für den Rechnungshof liegt die magische Grenze derzeit bei 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, Gemeinden darüber dürfen seit 2010 eigenmächtig geprüft werden. Gemeinden mit weniger Bewohnerinnen und Bewohnern – und das sind in Niederösterreich mehr als 95 Prozent – nicht, sie werden nur von der Gemeindeaufsicht kontrolliert.

Das betrifft etwa auch Grafenwörth (Bezirk Tulln), Vösendorf (Bezirk Mödling) und Pyhra (Bezirk St. Pölten), wo die Bürgermeister zuletzt mit fragwürdigen Grundstücksdeals oder gefälschten Rechnungen aufgefallen sind. In Grafenwörth wurde der Landesrechnungshof auf Wunsch der Landesregierung zur Prüfung beigezogen, in Vösendorf verhinderten ÖVP und FPÖ eine Sonderprüfung.

NEOS will eine Reform und bringt dazu am Donnerstag mit der SPÖ im Landtag einen Antrag ein. Es brauche jetzt Maßnahmen, sagt NEOS-Landessprecherin Indra Collini, „um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen, und um wirklich auch saubere und transparente Politik zu gewährleisten.“ Collini verweist auch auf die anderen Bundesländer Österreichs, wo es bereits möglich ist, dass Gemeinden unter 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern geprüft werden.

Transparenz und Kontrollen haben präventive Wirkung

Mehr Transparenz und Kontrolle hätte auch eine präventive Wirkung, heißt es dazu bei Transparency International. „Transparenz hilft schon im Vorfeld das richtige Verhalten an den Tag zu legen“, sagt Bettina Knötzl von Transparency International Austria im Gespräch mit noe.ORF.at, „dann fragt man sich, soll ich das jetzt wirklich tun, oder gehe ich vielleicht einen anderen Weg?“

Diese präventive Wirkung bestätigt auch der Landesrechnungshof. Jede Prüfung sei auf Verbesserungen ausgerichtet. „Davon würden auch kleinere Gemeinden und Gemeindeverbände profitieren“, meint Edith Goldeband, Direktorin des Landesrechnungshofs, „weil es darum geht, zu schauen, ob die Beschlüsse des Gemeinderates zweckmäßig, wirtschaftlich und sparsam umgesetzt werden und das sollte eigentlich im ureigensten Interesse des Gemeinderates sein“.

ÖVP verweist auf „engmaschiges Kontrollnetz“

Die ÖVP ist trotzdem dagegen – und blockiert damit die für Reformen nötige Zweidrittelmehrheit im Landtag. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: „Doppel- und Dreifachprüfungen sind nicht zielführend. Es gibt klare Zuständigkeiten. Die Gemeinden haben ein engmaschiges Kontrollnetz: Mehrheitlicher Gemeinderatsbeschluss, Prüfungsausschuss mit einem Prüfungsobmann, der nicht der Bürgermeister-Partei angehört, und schließlich auch die Gemeindeaufsicht.“

Blick vom Rednerpult auf den Landtagssaal
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NEOS und SPÖ wollen auch, dass die Direktorin des Landesrechnungshofes im Landtag ein Rederecht bekommt

NEOS kontert, dass der Rechnungshof viel genauer prüfen kann, etwa auch das Zusammenspiel mit Abteilungen des Landes, etwa bei Widmungsfragen, sagt Collini und ergänzt: „Die Gemeindeaufsicht ist natürlich weder weisungsfrei noch parteiunabhängig. Sie ist eine Abteilung von Finanzlandesrat Schleritzko und das heißt, dass sich die ÖVP selber prüft, wenn die Gemeindeaufsicht kommt.“

Verfassung verhindert Doppelprüfungen

Und zur Kritik der ÖVP an möglichen Doppel- und Dreifachprüfungen verweist Goldeband auf die Landesverfassung, in der festgelegt ist, dass der Landesrechnungshof seine Prüfung mit anderen Kontrolleinrichtungen wie der internen Revision abstimmen muss: „Das tun wir und es gibt auch in anderen Bundesländern keine Doppelprüfungen, weil das ineffizient wäre.“

Aus Sicht der SPÖ sei nach den Vorfällen in den drei Gemeinden klar, „dass der Landesrechnungshof zu jeder Zeit die Möglichkeit haben muss, Gemeinden zu prüfen. Angesichts der Ereignisse in Vösendorf und anderen ÖVP-Gemeinden werden wir ohne der Prüfkompetenz des Landesrechnungshofs jedenfalls nicht mehr auskommen.“ Solche klaren Ansagen hatte es in der Vergangenheit von der SPÖ nicht gegeben.

Rederecht im Landtag

Im Antrag von NEOS und SPÖ ist auch ein Rederecht für den Direktor des Landesrechnungshofes im Landtag vorgesehen. Derzeit kann Goldeband an Plenarsitzungen zwar teilnehmen, muss sich dort aber auf das Zuhören beschränken. Gerade bei solchen Debatten sollte der Landesrechnungshof die Möglichkeit bekommen, „über den Inhalt der erstatteten Berichte hinaus, Stellung zu nehmen, richtigzustellen und zu entgegen“, schreibt die SPÖ in einer Stellungnahme.

Die Grünen wollen dem Antrag von NEOS und SPÖ am Donnerstag im Landtag zustimmen. Man unterstütze „jegliche Kontrolle der Gemeinden unabhängig von ihrer Einwohnerzahl – die Gemeinden können auch vom Know-how des Rechnungshofes profitieren.“ Die FPÖ, die sich in der Vergangenheit auch dafür ausgesprochen hatte, ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet.