Vorwürfe gegen Bürgermeister
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Politik

Kritik und Prüfung nach Grundstücksdeal

Nach Bekanntwerden eines Grundstücksdeals des Ortschefs von Pyhra (Bezirk St. Pölten) kommt scharfe Kritik aus der Opposition. Der Gemeindebund wolle verstärkt auf Schulungen und Informationstätigkeit setzen. Die Gemeindeaufsicht kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen.

Unmittelbar nach den Medienberichten am Dienstag habe die Gemeindeaufsicht des Landes Niederösterreich eine Prüfung eingeleitet, hieß es aus dem Büro des zuständigen Landesrates Ludwig Schleritzko (ÖVP).

Geprüft werden sollen nicht nur die konkreten Vorwürfe um ein umgewidmetes Grundstück, mit dem der Bürgermeister von Pyhra, Günther Schaubach (ÖVP), vor Steuern und Abgaben mehr als 220.000 Euro verdient haben soll. Schaubachs gesamte Amtszeit seit 2017 soll jetzt unter die Lupe genommen werden. Wie lange es dauern wird, bis ein Bericht vorliegt, könne man nicht abschätzen, hieß es auf Anfrage.

Der Rechnungshof selbst darf nicht prüfen, wie Präsidentin Margit Kraker in der ZIB2 bestätigte. Nur auf Ersuchen des Landtags könnten auch kleinere Gemeinden unter 10.000 Einwohnern angesehen werden.

Gemeindebund will Schulungen verstärken

Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl reagierte am Mittwoch zunächst in einem Blogartikel. Darin erinnerte er an seine eigenen Aussagen, wonach „Umwidmungen nicht dazu da sein können, jemandem die Brieftasche zu füllen“, und „dass Flächenwidmung eine Frage der Ordnungs- und Entwicklungsplanung durch den Gemeinderat und nicht eine Frage des Sparbuches ist“.

Er betonte, dass er einen „klaren Wertekompass“ bzw. „moralischen Kompass“ habe, „den ich und den wir alle als gewählte Volksvertreter in unseren Gemeinden einhalten müssen und dass wir letztlich dafür einerseits den Gesetzen, aber vor allem in politisch-moralischer Hinsicht unseren Bürgerinnen und Bürgern, für die wir in den Gemeinden tätig sind, verantwortlich sind“.

In einer Aussendung der ÖVP hieß es zudem, dass derartige „Einzelfälle“ vom Gemeindebund zum Anlass genommen werden, „die Schulungs- und Informationstätigkeit an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Gemeinderätinnen und Gemeinderäte zu verstärken. Hierfür gibt es Schulungen der Kommunalakademie, was den Prüfungsausschuss und ‚Compliance‘-Regeln anbelangt“, wurde Pressl zitiert.

ÖVP: „Schlechte Optik“

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies am Mittwochnachmittag am Rande eines Pressegesprächs in Wien darauf, dass Landesrat Ludwig Schleritzko „sofort gehandelt“ und die Gemeindeaufsicht beauftragt habe. Es brauche „volle Transparenz“ und „volle Aufklärung“. Wichtig sei ihr, auch darauf hinzuweisen, dass Hunderte Bürgermeister und Bürgermeisterinnen „über die Parteigrenzen hinweg großartige Arbeit leisten“, so Mikl-Leitner. Sie warne daher vor einem Generalverdacht. Denn: „Wir brauchen Menschen, die Verantwortung übernehmen.“

Ähnlich reagierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Matthias Zauner. Er ortete zudem eine „sehr schlechte Optik“. Zauner meinte weiter, „die Scheinheiligkeit der SPÖ ist in diesem Zusammenhang aber kaum zu überbieten. Denn wenn es um die Aufklärung des roten Umwidmungsskandals in den Wiener Schrebergärten geht, dann herrscht bei der SPÖ des (Landesparteivorsitzenden, Anm.) Sven Hergovich seit Monaten Totenstille.“

Scharfe Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS

Die SPÖ ortete mit den aktuellen Vorwürfen den dritten Fall „von massivem Unrechtsbewusstsein“ bei ÖVP-Bürgermeistern. Der nach Grundstücksdeals inzwischen zurückgetretene Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, ÖVP-Bürgermeister von Grafenwörth (Bezirk Tulln), sein Vösendorfer Amtskollege Hannes Koza, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue und Urkundenfälschung ermittelt, und Schaubach „schaden dem Image aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Niederösterreichs“, meinte SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander in einer Aussendung.

„Die betroffenen ÖVP-Amtsträger bestätigen diese Vorgänge ja sogar – sehen aber aus einem übersteigerten Selbstverständnis heraus keine Rücktrittsgründe in ihrem Vergehen.“ Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) müsse „schwarze Schafe endlich in Politpension schicken“, so Wolfgang Kocevar, Kommunalsprecher der SPÖ NÖ und Bürgermeister von Ebreichsdorf (Bezirk Baden).

Die grüne Klubobfrau und Landessprecherin Helga Krismer hatte bereits am Dienstag betont: „Die ÖVP hat ihren Wertekompass für Bürgermeister rasch zu finden.“ Sie forderte Konsequenzen in der Gemeindeordnung und in der Raumordnung bezüglich Regeln bei Umwidmungen, auch der WWF sprach sich für Änderungen aus.

NEOS-Landesparteivorsitzende Indra Collini sah in der Causa in Pyhra die „nächste moralische Bankrotterklärung“ und ortete „großen Nachholbedarf bei den Compliance-Richtlinien für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister“.