Politik

Causa Riedl: Prüfung offenbart Gemeindeversäumnisse

Rund um die umstrittenen Grundstücksdeals von Grafenwörths Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP) liegen noe.ORF.at Teile des Prüfberichts des Landesrechnungshofs vor. Die Vorwürfe gegen Riedl werden darin nicht erhärtet, deutliche Kritik gibt es aber in Richtung Gemeinde.

Das Bauprojekt am Foliensee, der Sonnenweiher von Grafenwörth (Bezirk Tulln), war Ausgangspunkt der Kritik an Bürgermeister Riedl. Der ÖVP-Politiker soll mit seiner privaten Immobilienfirma durch Grundstücksdeals und anschließenden Umwidmungen durch den Gemeinderat eine Million Euro verdient haben – mehr dazu in Häuser am Foliensee: Aufregung in Grafenwörth (noe.ORF.at; 5.7.2023).

Der Landesrechnungshof untersuchte seit vergangenem Sommer sämtliche Grundstücksan- und -verkäufe der Gemeinde zwischen 2008 und 2023. Die Vorwürfe gegen Riedl erhärteten sich dabei nicht, wobei der Landesrechnungshof – wie er in seinem Gutachten betont – keine Geschäfte von privaten Personen prüfen kann – und somit auch nicht Privatgeschäfte von Riedls Immobilienfirma.

146 An- und Verkäufe geprüft

Unter die Lupe genommen wurden vom Landesrechnungshof 37 An- und 109 Verkäufe der Gemeinde sowie erforderliche Umwidmungen. Laut dem Ergebnis konnten die An- und Verkäufe plausibel begründet werden, die Umwidmungen seien im Einklang mit den Entwicklungszielen der Gemeinde gestanden, letztere haben auch Grundstücke des Bürgermeisters betroffen. Kritiker werfen Riedl einen Interessenkonflikt vor.

Der Landesrechnungshof schreibt dazu in seinem Prüfbericht: „Interessenkollisionen und Befangenheiten konnten somit nicht ausgeschlossen werden. (…) (Es) bestanden keine Regelungen für den Umgang mit Interessenkollisionen. (…) Derartige Kodizes (…) wären auch für die Marktgemeinde Grafenwörth zweckmäßig.“

„Nicht nachvollziehbar dokumentiert“

Außerdem kommt der Landesrechnungshof in den noe.ORF.at exklusiv vorliegenden Teilen des Endberichts zu folgenden Erkenntnissen: „Die Begründungen (der Grundstücksgeschäfte, Anm.) waren plausibel, jedoch nicht nachvollziehbar dokumentiert. (…) Eine aktenmäßige Dokumentation der wesentlichen Verfahrensschritte und Erledigungen (…) fehlte.“ Die An- und Verkaufspreise seien damit in den Akten nicht nachvollziehbar gewesen. Verbesserungsvorschläge gibt es auch zur Vertragsgestaltung.

Hart ins Gericht geht der Bericht auch mit dem Prüfungsausschuss der Gemeinde. „Der Landesrechnungshof hielt kritisch fest, dass der Prüfungsausschuss (…) nur 53 Prüfungen durchführte. In den Jahren 2008 bis 2023 führte der Ausschuss zudem keine Prüfung von Grundstücksan- und -verkäufen der Marktgemeinde durch.“ Anerkannt wird vom Landesrechnungshof die Entwicklung der Gemeinde – sowohl in Bezug auf die Einwohnerzahl als auch auf die Einnahmen, etwa durch die Kommunalsteuer.

Gemeindeaufsicht prüfte drei Grundstückdeals

Nach den Vorwürfen gegen Riedl wurde auch die Gemeindeaufsicht beauftragt, ein Aufsichtsverfahren durchzuführen und die Grundstücksverkäufe zu prüfen. In deren Bericht wird in mehreren Punkten auf den Landesrechnungshof verwiesen. Zudem heißt es: Es „ist auf die Einhaltung von Wertegrenzen für genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte sowie generell die Wahrnehmung allfälliger Befangenheitsgründe (…) sowie deren gesetzeskonforme Dokumentation in den Sitzungsprotokollen genau zu achten.“

Gemeindebundpräsident Alfred Riedl
ORF
Bürgermeister Alfred Riedl wies die Vorwürfe bisher zurück, kam seit dem Sommer aber stark unter Druck

Im Detail geht es im Bericht auch um drei Grundstückstransaktionen zwischen der Gemeinde und der Wirtschaftspark Wagram Land GmbH, in der der Bürgermeister Geschäftsführer ist. „In einem Fall nahm er (Riedl, Anm.) an der Gemeinderatssitzung nicht teil, in den beiden anderen Fällen verließ er den Sitzungsaal vor der Abstimmung.“

Keine Prüfung der Privatperson Riedl

Auch im Bericht der Gemeindeaufsicht wird darauf hingewiesen, dass Grundstückstransaktionen des Bürgermeisters als Privatperson nicht vom Aufsichtsrecht umfasst sind und daher auch nicht geprüft wurden. Die medialen Vorwürfe konzentrierten sich im Vorjahr aber vor allem um Privatgeschäfte.

Riedl hatte in den vergangenen Monaten alle Vorwürfe rund um die Grundstücksgeschäfte zurückgewiesen, sein Amt als Präsident des Gemeindebundes ruhend gestellt. Dort ermöglichte man zuletzt aber mit einer Statutenreform die Abwahl eines Präsidenten. Der Bundesvorstand des Gemeindebundes tagt das nächste Mal in gut einer Woche – am 26. Februar – mehr dazu in Gemeindebund ermöglicht Riedl-Abwahl (noe.ORF.at; 1.12.2023).