Chronik

Bub in Hundebox: Ermittlungen gegen Behördenmitarbeiter

Im Fall eines nunmehr 14-Jährigen, der im Waldviertel in eine Hundebox gesperrt und gequält worden sein soll, hat die Staatsanwaltschaft Krems jetzt Ermittlungen gegen zwei Mitarbeiter der Behörde eingeleitet. Das Land will zur „restlosen Untersuchung“ des Falls beitragen.

Die Staatsanwaltschaft Krems bestätigte gegenüber noe.ORF.at vor Kurzem, dass nun gegen zwei Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya ermittelt wird. Im Raum stehe der Verdacht des Amtsmissbrauchs, sagte Behördensprecher Franz Hütter am Donnerstag auf Anfrage. Laut APA-Informationen soll es sich um jene zwei Sozialarbeiter handeln, die mit dem Fall betraut waren. Nach Angaben Hütters werden die beiden Personen als Beschuldigte geführt. Weitere Details nannte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Krems nicht.

Die nunmehr Beschuldigten – ein Mann und eine Frau – wurden Ende Februar im Rahmen des Geschworenenprozesses am Landesgericht Krems als Zeugen befragt. Nach zwei Gefährdungsmeldungen hatte es seitens der Kinder- und Jugendhilfe am 28. Oktober und am 18. November 2022 – vier Tage, bevor der Bub ins Koma fiel – jeweils unangekündigte Hausbesuche bei Mutter und Sohn gegeben.

Zunächst waren beide Sozialarbeiter an Ort und Stelle gewesen, beim zweiten Termin erschien der federführende Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya den Aussagen zufolge alleine. Geortet wurden von ihm zwar Auffälligkeiten, es wurde aber keine Veranlassung für eine Gefahr-im-Verzug-Maßnahme gesehen.

Prüfbericht kommt zu Ermittlungsbehörden

Opferanwalt Timo Ruisinger begrüßte gegenüber noe.ORF.at die neuen Ermittlungen. Der Bub, sein Vater und er als Opferanwalt werden diese mit Interesse verfolgen. Er hoffe darauf, dass die Behörden die notwendigen Ermittlungsschritte mit Sorgfalt führen werde, und zeigte sich gespannt auf das Ergebnis.

„Die Staatsanwaltschaft Krems hat zuletzt um die Übermittlung des Berichts der Expertenkommission Kinderschutz ersucht. Dem ist Anfang der Woche Folge geleistet worden“, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), die erneut unterstrich, dass sie in vollem Umfang zur Klärung beitragen werde. „Es ist daher beabsichtigt, dass auch der Prüfbericht der Fachaufsicht nach Fertigstellung den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt wird.“ Die „restlose Untersuchung des Falls“ sei für die Landesrätin „von höchstem Interesse“, wurde betont.

Land droht Klage

Die Kinder- und Jugendhilfe hatte nach Bekanntwerden des Falls im Juni vergangenen Jahres betont, dass eine sofortige Prüfung der internen Abläufe ergeben habe, dass „alle rechtlichen und fachlichen Vorgaben eingehalten wurden“. Aufgrund von im Gerichtsverfahren bekanntgewordenen Details wurde seitens des Landes eine nochmalige Prüfung des Falls veranlasst. Untersucht werden soll von der Fachaufsicht, „ob alle rechtlichen und fachlichen Standards“ eingehalten wurden.

Opferanwalt Ruisinger machte Mitte April dieses Jahres Amtshaftungsansprüche gegen das Land Niederösterreich außergerichtlich geltend. Gefordert wurden in einem Schreiben 150.000 Euro Schmerzensgeld und eine Haftung für sämtliche zukünftige Schäden des Buben. Das Land kann sich dazu binnen drei Monaten äußern – mehr dazu in Bub in Hundebox: Land droht Klage (noe.ORF.at; 1.3.2024). Ruisinger stützt seine Forderungen darauf, dass die betreffenden Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya „völlig unzureichend, somit rechtswidrig und schuldhaft auf die dramatische und lebensgefährliche Situation“ des Buben reagiert hätten.

Bereits im Vorjahr war die Causa auch Grund für das Zusammentreten einer Expertengruppe. Ein entsprechender Kommissionsbericht, der sieben allgemeine Empfehlungen umfasste, wurde Anfang März präsentiert. Mit dem konkreten Sachverhalt beschäftigte man sich nicht, Bestimmungen des Datenschutzes und berufsrechtliche Verschwiegenheiten standen dem entgegen.

Fall sorgte über Landesgrenzen hinweg für Aufsehen

Die 33-jährige Mutter soll ihren Sohn geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox gesperrt haben. Am 22. November 2022 hatte sich das Kind in akut lebensbedrohlichem Zustand befunden. Der Zwölfjährige überlebte wegen des Einschreitens einer Sozialarbeiterin, die der Familie aufgrund einer Beratung bekannt war. Als Komplizin der Kindesmutter soll eine damalige Freundin der Waldviertlerin fungiert haben.

Die Mutter erhielt in dem Geschworenenprozess wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung 20 Jahre Haft. Ihre ehemalige Freundin fasste wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin 14 Jahre aus. In beiden Fällen wurde zudem die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ausgesprochen. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig, weil die Verteidiger Rechtsmittel eingebracht haben.