Sven Hergovich
APA/HELMUT FOHRINGER
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Wahl 23

SPÖ-Chef: Fokus auf „arbeitende Menschen“

Nach dem Debakel bei der Landtagswahl will die SPÖ einen Neustart. An der Parteispitze steht nun Sven Hergovich. Der bisherige Landeschef des AMS will „arbeitende Menschen in den Vordergrund rücken“ und FPÖ-Chef Udo Landbauer nicht zum Landeshauptmann wählen.

Nur 27 Stunden nach dem historisch schlechtesten Ergebnis der SPÖ bei einer Landtagswahl in Niederösterreich war der Wechsel an der Parteispitze vollzogen. Der 34-jährige Sven Hergovich wurde am Montagabend im Landtagsklub der Sozialdemokraten in St. Pölten als designierter Landesparteichef präsentiert. Ziel der raschen und einstimmigen Entscheidung sei es gewesen, „handlungsfähig zu bleiben“, sagte Hergovich am Montag im ZIB2-Interview.

Für Hergovich, der seit 2018 das AMS Niederösterreich führte und zuvor in der Arbeiterkammer Wien bzw. in mehreren Kabinetten von SPÖ-Ministern tätig war (u. a. als Arbeitsmarktexperte), ist die neue Funktion politisch zwar ein großer Sprung, aber kein zu großer: „Für mich ist es ein Zeichen dafür, dass wir innerhalb der SPÖ wieder die Interessen der arbeitenden Menschen in den Vordergrund rücken müssen und wieder Politik für die arbeitenden Menschen machen wollen.“

Generationswechsel eingeläutet

Für die Landes-SPÖ läutet der Wechsel an der Spitze auch einen Generationswechsel ein. Das sei auch notwendig gewesen, sagte Hergovich, „weil man nach einem solch desaströsen Wahlergebnis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, sondern es hier eine Neuaufstellung braucht“. Dafür sei ein Kandidat wichtig, „der keinem Flügel zuzuordnen ist“, sondern die Fähigkeit hat, „unterschiedliche Flügel, Bezirke und Interessen zu einen“.

Seine mangelnde politische Erfahrung sieht Hergovich keinesfalls als Nachteil: „Ich glaube, dass neu zu sein und einen frischen Blick auf Dinge zu haben, manchmal sogar ein Vorteil sein kann.“ Mit 34 Jahren wird er der jüngste Vorsitzende in der Geschichte der Landespartei sein.

„Das wäre billig und unfair“

Noch Stunden vor dem Wechsel erklärte der bisherige SP-Landeschef Franz Schnabl, dass im Wahlkampf keine Fehler gemacht worden seien. Hergovich will das im Interview nicht bestätigen: „Wo viel gearbeitet wird, passieren natürlich Fehler.“ Die Schuld für das Wahldebakel aber bei „einer Person“ zu suchen, „wäre billig und unfair“. Stattdessen sieht der neue designierte Landeschef „eine Reihe von strukturellen Gründen, an denen wir arbeiten müssen und auch werden“.

Sven Hergovich und Franz Schnabl
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Mit dem designierten Landesparteivorsitzenden Sven Hergovich hat die SPÖ einen Generationswechsel eingeleitet

Thematisch betreffe das etwa „die desaströse Krankenkassenreform, die letztlich nichts anderes gebracht hat als massive Mehrkosten“ und einen „weiteren Schritt in Richtung Zweiklassenmedizin“. Außerdem will Hergovich Investitionen in den ländlichen Raum stärken. Diesen Weg habe er schon als AMS-Landeschef forciert, indem er etwa in Sigmundsherberg (Bezirk Horn) das erste Klimaschutz-Ausbildungszentrum initiierte – mehr dazu in Europas erstes Klimaausbildungszentrum (noe.ORF.at; 16.9.2022).

Sendungshinweis

„Radiojournale“, 31.1.2023

Keine Empfehlung für Mikl-Leitner

Für seine Zukunft im Land will Hergovich, der auch einer der beiden SPÖ-Landesräte werden soll, mit den in der Landesregierung vertretenen Parteien Gespräche führen. Ob die SPÖ ÖVP-Landesparteichefin Johanna Mikl-Leitner auch zur Landeshauptfrau wählen wird, hänge „nur von den Inhalten“ ab. So brauche es etwa beim Thema Teuerung „neue Lösungen“, ebenso bei der Kinderbetreuung.

Der designierte SPÖ-Landeschef Sven Hergovich über seine neue Parteifunktion

Sven Hergovich ist designierter Parteichef der SPÖ Niederösterreich. Im Interview geht er auf seine Qualifikationen und seine Pläne für das Amt ein. Er kann sich eine Zusammenarbeit sowohl mit ÖVP als auch FPÖ vorstellen.

Den FPÖ-Spitzenkandidaten Landbauer werde die SPÖ jedenfalls nicht zum Landeshauptmann küren, betonte Hergovich im Interview. Der 34-Jährige will zwar mit allen reden, stellte aber klar: „Meine Mandatare werden von mir keine Freigabe dafür bekommen, Udo Landbauer zum Landeshauptmann zu wählen. Das werden wir definitiv nicht tun. Das schließe ich aus, das geht sich einfach für uns nicht aus.“

Diplomatie im Richtungsstreit

Auf die Frage, ob er im innerparteilichen Richtungsstreit eher beim burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder beim „linkeren“ Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler liegt, antwortete Hergovich diplomatisch: „Ich habe eigentlich zu beiden ein gutes Gesprächsverhältnis.“ Im Sinne der Partei sei es geboten, dass „wir alle verstärkt an einem Strang ziehen“.

In die Bundespartei bzw. andere Landesorganisationen will sich Hergovich aber nicht einmischen, betonte er. Deshalb will er sich auch nicht festlegen, ob es in der Bundespartei eine personelle Neuaufstellung braucht bzw. SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner die richtige Spitzenkandidatin für die nächste Nationalratswahl wäre. „Das ist nicht mein Stil, anderen etwas auszurichten.“ Auf Nachfrage betonte Hergovich dann doch: „Natürlich unterstütze ich unsere gewählte Bundesparteivorsitzende.“