Geschlossenes Wirtshaus
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Wirtschaft

Wirtshäuser: „Gewinnmarge sehr, sehr klein“

Die Zahl der Gasthäuser ist seit 2000 um ein Drittel zurückgegangen, oft findet sich keine Nachfolge oder kein Personal. Den Hauptgrund sieht Hubert Kalteis, Vorstand im Verein Niederösterreichische Wirtshauskultur, in den geringen Gewinnmargen.

Von 2.800 Gasthäusern im Jahr 2000 sind laut Daten der Wirtschaftskammer (WK) Niederösterreich 2022 nur 1.819 übriggeblieben – das entspricht einem Rückgang von rund 35 Prozent. Oftmals finden Betriebe kein Personal oder keine Nachfolge. Mit einer besseren Bezahlung alleine könne das Problem aber nicht behoben werden, sagte Kalteis, stellvertretender Obmann des Vereins Niederösterreichische Wirtshauskultur und selbst Gastwirt in Kirchberg an der Pielach (Bezirk St. Pölten), in der Fernsehsendung „Niederösterreich heute“ am Donnerstag.

„Ich glaube kaum, dass heute jemand seine guten Mitarbeiter noch unter Kollektiv bezahlen wird“, so Kalteis im Interview mit Thomas Birgfellner. „Ich glaube, dass auch der Zeitausgleich, die Sonntagsarbeit und alles andere anständig abgegolten wird.“ Ein Problem sei aber, dass die Menschen heutzutage nicht mehr 40 Stunden oder am Wochenende arbeiten wollten. Dabei sei die Gastronomie immer ein Vorreiter bei den Arbeitszeiten gewesen, sagte Kalteis u. a. mit Verweis auf Aushilfsjobs, geringfügige Anstellungen und flexible Arbeitszeiten.

„Irgendwann arbeitet man umsonst“

Den Hauptgrund für das Wirtshaussterben sieht Kalteis in der Wertschöpfung: „Die Kalkulation bei den Speisen und Getränken ist einfach sehr eng – mit jeder Teuerung, ob das jetzt Energie ist oder die Besteuerung, die seit Einführung der Registrierkasse nie angepasst worden ist, oder der Einkauf. Wir hatten in der Pandemie sehr viel Zeit, um nachzudenken, nachzurechnen. Das Mittendrin wird immer weniger, und wenn man da nicht nachkalkuliert, arbeitet man irgendwann umsonst. Das geht halt nicht.“

Experte zur Krise in der Gastronomie

Hubert Kalteis, Vorstand der NÖ Wirtshauskultur, spricht über das Wirtshaussterben, den Personalmangel und die Teuerungen

Um Wirtshäuser zu stärken, gelte es daher, das Steuerrecht zu überdenken, sagte Kalteis: „Man müsste alle an den Tisch holen. Was kann man neu machen, wie kann man das neu regeln? Vor allem auch einfacher für die Wirtsleute, dass das transparenter wird und schneller. Wir sehen heute, dass die Gewinnmarge seit Anfang des Jahres sehr, sehr klein geworden ist.“

Pulker: „Können Teuerung nicht an Gäste weitergeben“

Österreichweit werden laut Schätzungen der Fachgruppe Gastronomie in der WK heuer noch 6.000 Gasthäuser zusperren müssen, das entspricht rund zehn Prozent der Mitgliedsbetriebe. In Niederösterreich könnten es bis zu 500 Betriebe sein, denen die endgültige Sperrstunde droht, sagt Obmann Mario Pulker gegenüber noe.ORF.at.

Als Grund sieht er in erster Linie die Teuerung. Die Betriebe könnten die gestiegenen Kosten nicht eins zu eins an die Gäste weitergeben. Viele Produkte würden jedoch aus sehr energielastigen Bereichen kommen und seien somit deutlich teurer geworden. Als Beispiel nennt Pulker etwa Tafelöl, das mittlerweile 32 Prozent mehr kostet.

Probleme ortet Pulker vor allem bei Wirtshäusern „in der Mitte, die sich nicht auf etwas Bestimmtes fokussiert haben“. Landgasthäuser in Regionen, wo die Einkommen niedriger sind, würden zudem nach wie vor die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie spüren, viele Leute würden sich nach wie vor lieber im Vereinshaus oder in der Garage zusammensetzen, wo das Krügerl Bier deutlich weniger kostet als im Gasthaus.

Wirtshausprämie: Gespräche laufen

Was die von ÖVP und FPÖ im Arbeitsübereinkommen angekündigte Wirtshausprämie betrifft, gebe es laut Pulker „Erstgespräche mit der Landeshauptfrau“, Details seien noch nicht bekannt – mehr dazu in Die ÖVP-FPÖ-Pläne im 36-Seiten-Pakt (noe.ORF.at; 21.3.2023).

Die Prämie sei allerdings nichts Neues, so der Obmann der Fachgruppe Gastronomie und verweist auf eine ähnliche Förderschiene in Tirol, die allerdings „schwierig und sehr bürokratisch“ ausgestaltet sei. In Niederösterreich habe es schon in den vergangenen Jahren eine Investitionsförderung für Wirtshäuser gegeben. „Wir wollen schauen, dass man das beibehält“, so Pulker.